Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Ukraine-Flüchtlinge mit Luxusauto "Das ist nicht die Aufgabe des Staates"
Österreich plant, die Mittel für ukrainische Flüchtlinge zu kürzen, die mit dem Auto aus dem Land geflohen sind. Sollte sich Deutschland daran ein Beispiel nehmen?
In Österreich wird über Kürzungen der Grundversorgung für Ukrainer debattiert, die aus ihrem Heimatland geflohen sind. Ob sie zunächst ihre Autos verwerten müssen, bevor sie Geld vom Staat bekommen, entscheiden nun die Länder selbst.
In Wien soll es deshalb jetzt eine Einzelfallprüfung geben, berichtet die "Kronen Zeitung". Wer einen teuren Wagen fährt, dürfte dann kaum für die Grundversorgung infrage kommen. In anderen Bundesländern wird hingegen argumentiert, dass schon der Besitz eines Fahrzeugs ein Zeichen für ausreichende Mittel sei. Mehr dazu lesen Sie hier.
Auch in Deutschland werfen Luxusautos mit ukrainischen Kennzeichen Fragen auf. Sollen ukrainische Geflüchtete Bürgergeld trotz eigener Vermögenswerte bekommen? Oder sollen die Leistungen für Besitzer von teuren Fahrzeugen gekürzt werden?
Ja, denn es müssen gleiche Regeln für alle gelten
563 Euro Bürgergeld – so viel bekommen alleinstehende Geflüchtete, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen. Für den Partner gibt es 506 Euro. Kindern und Jugendlichen stehen bis zu 471 Euro zu. Zusätzlich bezahlt der Staat die Kosten für Unterkunft, Heizung, Warmwasser, Möbel und Haushaltsgeräte.
Damit sind ukrainische Geflüchtete finanziell bessergestellt als Asylbewerber aus anderen Ländern. Und sie dürfen sofort in Deutschland arbeiten. Von den 1,2 Millionen Ukrainern im Land hat aber laut aktueller Statistik der Bundesagentur für Arbeit nur ein Fünftel (Stand Mai 2024) einen Job.
Während Millionen Ukrainer fliehen, boomt in ihrer Heimat das Geschäft mit Luxusautos. In den ersten Monaten des vergangenen Jahres stieg der Import um 112 Prozent, wie der Leiter der ukrainischen Informations- und Analysegruppe AUTO-Consulting Oleg Omelnitski berichtete. Für manche Modelle stünden die Menschen Schlange vor den Autohäusern. Einige der Luxuskarossen werden unpatriotisch ins sanktionierte Russland verkauft. Andere sorgen auf den europäischen Straßen für Unmut. Unverzollt eingeführt sind sie in Städten wie München, Hamburg oder Wien keine Rarität. Aber gleichzeitig einen Lexus fahren und Staatsgelder kassieren? Das stößt übel auf.
Vor allem, wenn man den Blick auf andere Bürgergeldempfänger richtet. Wer Bürgergeld bezieht, darf nur ein Auto bis zu einem Wert von 15.000 Euro besitzen. Auch das Schonvermögen hat eine klare Obergrenze. Nach dem ersten Jahr liegt die Summe bei 15.000 Euro. Bei Ukrainern greift diese Regel jedoch oft nicht, weil ihre Vermögenswerte sich zum Beispiel in der Ukraine befinden und somit als nicht zugänglich gelten. Im ersten Jahr des Aufenthalts in Deutschland müssen zudem ukrainische Autos nicht in Deutschland zugelassen werden.
Warum also nicht gleiche Regeln für alle? Wer vor Krieg flieht, findet in Deutschland eine sichere Unterkunft. Aber die Finanzierung eines Luxuswagens ist nicht die Aufgabe des Staats.
Nein, denn es braucht keine populistische Neid-Debatte
Es ist nunmehr fast drei Jahre her, dass Wladimir Putin die Vollinvasion in die Ukraine befahl. Rund zehn Millionen Ukrainer sind seitdem auf der Flucht: Etwa 6,2 Millionen von ihnen haben Zuflucht im Ausland gefunden, weitere 3,6 Millionen sind Binnenvertriebene. Keiner dieser Menschen hat freiwillig sein Zuhause verlassen. Sie fliehen vor Putins Bomben und den Vorstößen seiner Soldaten.
Angesichts dessen eine populistische Neid-Debatte zu entfachen, wie es aktuell in Österreich geschieht, ist infam. Dass ukrainische Geflüchtete hierzulande besser gestellt sind als Flüchtlinge aus anderen Ländern, stimmt. Doch sollte das ein Grund sein, ihren Status zu verschlechtern? Es war ein humanitärer Akt, der helfen sollte, die Integration der bedrängten Menschen zu beschleunigen. Diese wird durch bürokratische Hürden und fehlende Kinderbetreuung ohnehin noch immer genug erschwert.
Wer den Vorschlag aus Österreich hört, dürfte zudem zunächst an Luxuskarossen mit ukrainischem Kennzeichen denken, wie sie manchmal im Stadtbild zu sehen sind.
Doch das greift zu kurz. Für viele der Geflüchteten ist ihr Auto eines der wenigen Besitztümer, das sie auf der Flucht mitnehmen konnten. Die wenigsten von ihnen fahren auffällige Luxusautos. Und die meisten, die ein solches Fahrzeug besitzen, fallen wohl gar nicht erst in die Grundversorgung. Können sie auch nicht, da verfügbares Vermögen wie ein Luxusauto auch beim Bezug von Bürgergeld berücksichtigt werden würde.
Aber mehr noch: Das Auto war ihr Mittel zur Flucht. Laut einer Umfrage der UN-Flüchtlingshilfe wollen zwei Drittel der Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren, wenn der Krieg vorbei ist. Ihre Autos und andere wenige Besitztümer würden sie dann gern wieder mitnehmen, um sich ein neues Leben in ihrer Heimat aufzubauen – wenn man sie denn lässt.
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