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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Apotheker verrät Von diesen Erkältungsmitteln sollte man die Finger lassen
Erkältungsviren verbreiten sich gerade stark und lösen Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen aus. Was dagegen hilft und was sogar schaden kann, erklärt ein Apotheker.
Kaum kündigt sich ein Kratzen im Hals oder eine laufende Nase an, greifen viele Menschen zu rezeptfreien Erkältungsmitteln– von Lutschpastillen über Nasensprays bis zu Schmerzmitteln und Kombipräparaten. Doch was bringen diese Produkte wirklich? Können sie die Erkältungsdauer verkürzen? Diese Fragen beantwortet der Apotheker Dr. Hannes Müller im Interview mit t-online – und verrät einen Geheimtipp.
t-online: Welche Erkältungsmedikamente werden derzeit besonders häufig in Ihrer Apotheke nachgefragt?
Hannes Müller: Nasensprays sind grundsätzlich sehr stark gefragt. Die können Sie nehmen, wenn Sie bei einer Erkältung schlecht Luft bekommen. Sie helfen, besser durchatmen zu können. Ansonsten fragen viele Patienten nach Schmerzmitteln gegen Kopfschmerzen und nach Schleimlösern bei Husten oder gegen die verstopften Nasennebenhöhlen.
Welche rezeptfreien Medikamente eignen sich bei Husten und Heiserkeit?
Bei Husten empfehle ich immer pflanzliche Präparate. Diese wirken grundsätzlich besser als die chemischen Medikamente. Das sehen auch die Leitlinien zur Therapie von Erkältungskrankheiten vor.
Zur Person
Dr. Hannes Müller leitet eine Apotheke in NRW und ist Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Bundesapothekerkammer.
Welche Wirkstoffe empfehlen Sie konkret?
Das sind zum Beispiel Präparate mit Thymian, Efeu oder Eukalyptus. Das Gute bei diesen Produkten: Sie wirken doppelt. Sie können nicht nur den Schleim lösen, sondern gleichzeitig den Hustenreiz lindern. Viele Erkrankte haben das Problem, dass sich zwar der Schleim verflüssigt, aber dadurch der Husten nicht weniger wird. Bei den pflanzlichen Schleimlösern ist das oftmals möglich.
Pflanzliche Schleimlöser können auch bei Schnupfen sehr hilfreich sein. Häufig geht er mit einer Nasennebenhöhlenentzündung einher. Da bewirken die Mittel, dass Nase und Kopf wieder frei werden und die Schmerzen verschwinden.
Lässt sich dadurch auch die Dauer der Symptome verkürzen?
Eher nicht. Es gibt Studiendaten, die nahelegen, dass einige Medikamente einen geringfügigen Zeitvorteil verschaffen können. Grundsätzlich ist es aber so, dass der größte Effekt die Symptomlinderung ist.
Was raten Sie, wenn jemand an erhöhter Temperatur oder Fieber leidet?
Die gängigen Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen helfen bei allen Arten von Schmerzen und auch bei Fieber. Bei einer Erkältung fällt das Fieber im Vergleich zur echten Grippe allerdings meist weniger stark aus.
Haben Sie auch einen Erkältungsgeheimtipp?
Richtig gut ist Honig bei Hustenreiz. Einfach einen Löffel Honig zu sich nehmen – zum Beispiel vor dem Schlafengehen.
Gibt es Erkältungsmittel, die Sie selbst nicht nehmen würden und warum?
Ich halte nicht viel von chemischen Kombinationspräparaten, weil sie sehr häufig nicht sinnvoll zusammengesetzt sind.
Es ist also besser, die Symptome einzeln zu behandeln?
Definitiv. Ich rate dazu, ganz gezielt die Symptome mit Einzelpräparaten zu behandeln. Es ergibt keinen Sinn, ein Kombimittel mit vier verschiedenen Wirkstoffen einzunehmen, wenn ich nur Husten habe. Denn darin enthalten ist beispielsweise auch etwas gegen Kopfschmerzen oder ein Schnupfenmittel oder Zusatzstoffe wie Koffein. All das brauche ich aber nicht unbedingt und letztlich führt es nur zu einer Belastung für den Körper. Hinzu kommt, dass Kombipräparate aufgrund der vielen Stoffe unerwünschte Wechselwirkungen hervorrufen können. Das ist den meisten Patienten gar nicht bewusst.
Zur Erklärung
Kombipräparate sollen gleichzeitig gegen verschiedene Erkältungsbeschwerden helfen. Beispiele hierfür sind Grippostad C, Aspirin Complex, Wick DayMed oder Dolormin compact.
Welche sind das zum Beispiel?
Häufig sind in Kombimitteln Wirkstoffe enthalten, die den Blutdruck erhöhen oder sedieren – also müde machen. Das kann gerade für Menschen mit Grunderkrankungen zum Risiko werden.
Für wen machen Kombipräparate überhaupt Sinn?
Wenn man kerngesund ist, kann man sie natürlich für ein paar Tage nehmen. Aber meistens sind chemische Wirkstoffe bei grippalen Infekten gar nicht nötig. Und sie sind häufig teurer als die Einzelsubstanzen. Am besten lassen sich Betroffene dazu in der Apotheke beraten.
Warum verschreiben viele Ärzte weiterhin Antibiotika? Sie wirken doch nur bei bakteriellen Infektionen und die meisten Erkältungen werden durch Viren verursacht.
Das stimmt nur zum Teil – denn insgesamt werden Antibiotika seltener verordnet als noch vor zehn Jahren. Aber ja, ich stelle immer wieder fest, dass Ärzte vereinzelt bei Erkältungen auch Antibiotika verordnen. Das kann mehrere Gründe haben. Einer davon ist sicherlich, dass viele Patienten, die zum Arzt gehen, erwarten, dass sie ein Mittel verschrieben bekommen. Die frei verkäuflichen Medikamente müssen schließlich selbst bezahlt werden und sind keine Kassenleistung. In manchen Fällen ist es aber auch sinnvoll, Antibiotika einzunehmen. Zum Beispiel bei einer eitrigen Entzündung. Eiter ist immer ein Zeichen für eine bakterielle Besiedlung – und ein Grund, zum Arzt zu gehen.
Wenn Sie in der Apotheke nach Hausmitteln gefragt werden, welche empfehlen Sie dann?
Bei Halsschmerzen und Husten ist es immer gut, die Schleimhäute feucht zu halten. Salbeibonbons wirken wohltuend. Und Inhalieren hilft sehr gut, um die Atemwege freizubekommen. Am besten ganz klassisch heißes Wasser inhalieren. Einige machen dabei den Fehler und nutzen Salz.
Salz bringt gar nichts bei der Inhalation?
Ja, das kann man sich sparen. Salz lässt sich nicht verdampfen, da der Siedepunkt bei etwa 1.500 Grad Celsius liegt. Das schafft das heiße Wasser gar nicht. Viel besser eignen sich da ätherische Öle als Zusatz – oder einfach nur der Wasserdampf.
Vielen Dank für das Gespräch!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview mit Dr. Hannes Müller