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Missbrauch im US-Frauenfußball: Die Spielerinnen haben aufgehört zu schweigen


Schwere Vorwürfe gegen Verband
"Brennt alles nieder!" – US-Fußballerinnen auf den Barrikaden

Von dpa, t-online, mbo

07.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Megan Rapinoe Die Fußballspielerin äußerte sich wütend zum Missbrauchsskandal in der NWSL-Liga.Vergrößern des Bildes
Megan Rapinoe Die Fußballspielerin äußerte sich wütend zum Missbrauchsskandal in der NWSL-Liga. (Quelle: IMAGO / MediaPunch)

Der Missbrauchsskandal im US-Fußball hat ein heftiges Beben ausgelöst. Angeführt von Megan Rapinoe, gehen die Sportlerinnen nun in die Offensive. Die Vorwürfe gegen die Verantwortlichen wiegen schwer.

"Brennt alles nieder. Lasst all ihre Köpfe rollen", forderte die berühmteste Fußballerin der Welt bei Twitter. Dort prangerte Megan Rapnioe auch an, dass Männer "Männer schützen, die Frauen missbrauchen". Was war passiert?

Die USA werden von einem weitreichenden Skandal in der Frauenprofiliga NWSL (National Women's Soccer League) erschüttert. Megan Rapinoe, Kapitänin der US-amerikanischen Nationalmannschaft und ihre Kolleginnen laufen Sturm gegen eine toxische Kultur, in der körperliche wie verbale Übergriffe von Männern auf Frauen nicht aufgeklärt, sondern unter den Teppich gekehrt werden.

So auch im Fall um Paul Riley – der bis zu seiner Entlassung in der vergangenen Woche als Trainer bei North Carolina Courage arbeiten durfte. Schon 2015, nachdem Riley bei den Portland Thorns auch Ex-Nationaltorhüterin Nadine Angerer trainiert hatte, war im Verein der Vorwurf eines Fehlverhaltens gegenüber einer Spielerin aufgekommen. Doch Riley durfte jahrelang unbeschadet weiterarbeiten.

Doch nun wurde ihm seine Lizenz vom US-Verband entzogen. Der Verband zeigte sich "zutiefst beunruhigt". Die Spiele in der Frauenprofiliga NWSL vom vergangenen Wochenende wurden daraufhin komplett abgesagt.

"Ich fühlte mich unter seiner Kontrolle"

Aber wie kam es zu der plötzlichen Entscheidung des Verbandes? Ein Bericht des Portals "The Athletic" zeichnet anhand von Schilderungen zweier Ex-Spielerinnen das detaillierte Bild eines übergriffigen, manipulativen Machtmenschen. Die ehemalige Fußballspielerin Sinead Farrelly erklärte, Riley habe sie zwischen 2010 und 2015 mehrfach zum Sex genötigt. "Ich fühlte mich unter seiner Kontrolle", sagte sie.

Riley wies die Vorwürfe zurück. Trotzdem entließ ihn sein Verein wegen der "schwerwiegenden Anschuldigungen". Da aber Farrelly bei der inzwischen zurückgetretenen NWSL-Chefin Lisa Baird schon im April 2021 erfolglos eine ernsthafte Untersuchung gegen Riley angeregt hatte, steht nun die gesamte Liga am Pranger.

Riley ist bereits der dritte NWSL-Coach, der dieses Jahr wegen Fehlverhaltens entlassen wurde. Nie erklärten die betroffenen Vereine bislang öffentlich die Hintergründe der Entlassungen und nahmen so in Kauf, dass womöglich neue Spielerinnen bei anderen Vereinen ebenfalls in Gefahr geraten.

Die Spielerinnenvereinigung NWSLPA fordert ein Ende des "systemischen Missbrauchs" von Fußballerinnen. Diese sind im Gegensatz zum Nationalteam in ihren Vereinen durch prekäre Verträge geschwächt. Teils verdienen sie weniger als 30.000 Dollar im Jahr. Es geht unter den Betroffenen offenbar die Angst um, dass, wer Missstände öffentlich macht, seinen Job verlieren könnte oder bei nächster Gelegenheit vom Verein verkauft wird.

"Er ist ein Raubtier, hat mich sexuell belästigt"

Umso wichtiger, dass Idole wie Starstürmerin Alex Morgan und Ex-Weltfußballerin Rapinoe jetzt ihre Stimme erheben. Wer Riley ungeschoren weiterziehen lasse, urteilte Rapinoe, sei ebenfalls ein "Monster, und ihr könnt alle sofort eure Kündigung einreichen". All die schockierenden Details von sexueller Nötigung, Machtmissbrauch und allgegenwärtiger Erniedrigung machten Rapinoe rasend vor Wut.

Alex Morgan trat am Dienstag in der NBC-Sendung "Today" auf und unterstützte ihre beiden früheren Teamkolleginnen Mana Shim und Sinead Farrelly, die in der Fernsehshow über den öffentlich gemachten Missbrauch durch Paul Riley sprachen. "Er ist ein Raubtier. Er hat mich sexuell belästigt" sagte Shim. Farrelly erklärte: "Der Schaden an meinem Selbstvertrauen, meinem Selbstverständnis und meiner Einstellung zum Leben wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus."

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Nach mehreren Rücktritten in Führungspositionen – unter anderem dem von Lisa Baird – hat die Liga inzwischen ein neues Leitungsgremium eingesetzt, das die laufende Aufklärung des Missbrauchsskandals überwachen soll. Zudem sei eine unabhängige Untersuchung in Auftrag gegeben worden und mehrere Initiativen seien angelaufen, hieß es am Montag.

"Er hat dafür gesorgt, dass ich Fußball hasse"

Zurückgetreten ist am Dienstag beispielsweise auch Steven Baldwin, CEO und Haupteigentümer des NWSL-Teams Washington Spirit, dessen Trainer Richie Burke vergangene Woche wegen rassistischen, homophoben und sexistischen Äußerungen gegenüber seinen Spielerinnen entlassen wurde. Die Sportlerinnen hatten laut "Washington Post" dann eben auch den Rückzug von Baldwin gefordert. Seinen Platz im Vorstand hat er allerdings an einen Mann weitergegeben, zu dem er einen guten Draht hat. Die Spielerinnen wollen sich damit nicht begnügen und fordern stattdessen eine weibliche Vorständin.

Am Mittwoch fanden wieder Begegnungen in der NWSL statt – nur eines der zehn Teams trat an, ohne dass ein Trainer oder eine Führungskraft wegen einer Art von Fehlverhalten entlassen worden war. Doch der Missbrauch innerhalb der Liga dürfte weiter allbeherrschend sein. Die Spielerinnen fordern weitreichende Änderungen, wollen endlich von ihrem Verband geschützt werden.

"Was in dieser Liga passiert, ist ekelhaft", schrieb die junge Spielerin Sophia Smith auf Twitter. Es sei beängstigend und einschüchternd, erklärte sie, "nie zu wissen, wer auf einen aufpasst oder wem man vertrauen kann". Dabei werde nur das absolute Minimum von der Liga verlangt, so die Stürmerin des Portland Thorns FC – "und nicht einmal das können sie".

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