Ergebnisse der Europawahl Union stärkste Kraft, AfD auf Platz 2 – Grüne stürzen ab
Nun ist das finale Ergebnis da: Die Union hat die Europawahl in Deutschland mit großem Abstand gewonnen.
Kantersieg für die Union, Klatsche für die Ampel und deutliche Gewinne für die AfD: Bei der Europawahl ist Deutschland nach rechts gerückt. Die AfD landet bundesweit auf Platz zwei – im Osten sogar auf Platz eins. SPD, Grüne und FDP müssen Verluste einstecken und kommen zusammen nur auf ein knappes Drittel der Wählerstimmen. Auch die Linke bricht ein – und wird von der neuen Partei BSW von Sahra Wagenknecht überholt.
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Wie die Bundeswahlleiterin am frühen Montagmorgen nach Auszählung aller 400 Kreise auf ihrer Homepage mitteilte, legten CDU und CSU zusammen auf 30,0 Prozent zu. Die AfD verbesserte sich deutlich auf 15,9 Prozent. Von den in Berlin regierenden Koalitionsparteien fiel die SPD auf 13,9 Prozent und damit ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl zurück, die Grünen stürzten noch stärker ab (11,9 Prozent), die FDP erlitt mit 5,2 Prozent leichte Einbußen.
Das neu gegründete linke Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam aus dem Stand auf 6,2 Prozent, die Linke auf 2,7 Prozent. Auch die Parteien Freie Wähler, Volt, Die Partei, ÖDP, Tierschutzpartei und Familienpartei errangen Mandate.
Bei der Europawahl in Deutschland gilt anders als bei Bundestags- und Landtagswahlen keine Sperrklausel, also etwa eine Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung lag bei 65 Prozent. 2019 waren es 61,4 Prozent, damals lag Deutschland auf Platz 5 im Vergleich der 27 EU-Staaten. Erstmals durften in Deutschland bei einer Europawahl auch 16- und 17-Jährige abstimmen.
Die Wahl war auch ein wichtiger Stimmungstest vor den drei Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September und der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Dass die AfD in Ostdeutschland mit großem Vorsprung auf Platz eins liegt, ist da von besonderer Bedeutung.
SPD-Chef Klingbeil: "Bittere Niederlage"
SPD-Chef Lars Klingbeil bezeichnete das Wahlergebnis als "bittere Niederlage". "Es gibt nichts schönzureden", sagte er in der Berliner SPD-Zentrale. Man werde nun aufarbeiten, wie es zu diesem Ergebnis habe kommen können. "Dass Dinge anders werden müssen, ist – glaube ich – glasklar."
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert äußerte sich ähnlich. Über die Person von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gebe es aber keine Diskussion zu führen, sagte er in der ARD.
- Tagesanbruch: Die gute Nachricht nach der Wahl
Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel stellte die Parteispitze aus Klingbeil und Saskia Esken infrage: "Mit 14 Prozent hat niemand unbestritten den Anspruch, die SPD zu führen", sagte er dem "Tagesspiegel". "In der SPD müssen jetzt alle, die Verantwortung tragen, also etwa die gewählte Parteiführung, über ihre Verantwortung nachdenken: Welchen Anteil haben sie an diesem Debakel?" Auch für die Ampel-Koalition sei das Wahlergebnis "eine schallende Ohrfeige".
Merz: Letzte Warnung für die Ampel
CDU-Chef Friedrich Merz forderte die Bundesregierung auf, schon in den nächsten Tagen ihren Kurs zu korrigieren. Das sei im Interesse des Landes dringend notwendig. Der Wahlabend sei für die Ampel vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr nun "die wirklich letzte Warnung". Die Koalition von SPD, Grünen und FDP schade Deutschland. Das gelte für die Innenpolitik, beispielsweise mit den Entscheidungen zu Migrationsfragen, aber auch für die Wirtschaftspolitik. CSU-Chef Markus Söder sagte: "Die Ampel ist de facto von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden."
AfD-Chef Tino Chrupalla nannte das Ergebnis seiner Partei "historisch". "Ich höre, wir sind im Osten bei dieser Wahl jetzt stärkste Kraft, mehr Rückenwind gibt's ja nicht", sagte er mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen.
Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang reagierte enttäuscht auf die Stimmenverluste ihrer Partei. "Das ist nicht der Anspruch, mit dem wir in diese Wahl gegangen sind, und wir werden das gemeinsam aufarbeiten", sagte die Co-Parteichefin in der ARD.
Auch der Co-Chef der Grünen, Omid Nouripour sagte im ZDF: "Das ist kein Ergebnis, mit dem wir zufrieden sind." Es gehe nun darum, die Zahlen in den kommenden Tagen auszuwerten und "die richtigen Konsequenzen" zu ziehen. Mit Blick auf die Verluste der Ampelparteien mahnte Nouripour zu weniger öffentlichem Streit. "Wir müssen unsere gute Politik, die wir zuweilen machen, nach vorne stellen und nicht zerreden."
Die FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann betonte, dass die Partei ihr Ergebnis der letzten Europawahl in etwa gehalten habe. "Dass es jetzt eine stabile fünf Prozent ist, ist eine gute Nachricht", sagte sie in der Parteizentrale in Berlin. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wich der Frage aus, ob er noch Vertrauen zum Bundeskanzler habe. "Darum geht es doch jetzt nicht", sagte Djir-Sarai in der ARD.
Linke enttäuscht, BSW zufrieden
Linken-Parteichef Martin Schirdewan sprach von einem bitteren Abend. Es sei der Linken nicht gelungen, mit ihren Themen durchzudringen, obwohl diese an den Alltagssorgen der Menschen angedockt seien – Löhne, Mieten, die Preisentwicklung, die Umverteilung von oben nach unten, sozialer Klimaschutz und Friedenspolitik. Man habe sich gegen den Rechtsruck und gegen die Beharrungskräfte der anderen Parteien nicht durchsetzen können.
BSW-Parteigründerin Wagenknecht äußerte sich froh und erleichtert über das Abschneiden ihres Bündnisses. Es gebe "ein großes Potenzial", das sie bei folgenden Wahlen ausbauen wolle. Wagenknecht bekräftigte, dass sie eine diplomatische Initiative im Krieg Russlands gegen die Ukraine für nötig halte. "Viele Menschen machen sich Sorgen, dass der Krieg auch zu uns kommt."
Europaweit zeichnet sich Mitte-Rechts-Sieg ab
In ganz Europa gewann das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit der deutschen Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen. Nach einer ersten offiziellen Prognose des Europäischen Parlaments kann die CDU-Politikerin trotz starker Zugewinne von Rechtsaußen-Parteien auf eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission hoffen. Insgesamt bleibt das klar pro-europäische Lager weiter das mit Abstand größte.
In vielen EU-Staaten, darunter Deutschland, war bereits vor der Wahl ein Plus für rechte Parteien erwartet worden. So hatten Umfragen die AfD zwischenzeitlich bei mehr als 20 Prozent gesehen. Vorwürfe gegen ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah und die Nummer zwei auf der Europawahl-Liste, Petr Bystron, brachten die Partei aber in Schwierigkeiten. Beide gerieten wegen möglicher Verbindungen zu pro-russischen Netzwerken in die Schlagzeilen, im Fall Krah geht es zudem um mögliche China-Verbindungen.
Gegen Bystron wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche ermittelt. Krah, seit 2019 Europaabgeordneter, erntete zuletzt massive Kritik für verharmlosende Äußerungen über die SS, die sogenannte Schutzstaffel der Nationalsozialisten. Der Bundesvorstand der AfD forderte Krah daraufhin dazu auf, im Wahlkampf nicht mehr aufzutreten. Die rechte Fraktion ID (Identität und Demokratie) im Europaparlament schloss als Konsequenz alle deutschen AfD-Abgeordneten aus.
In den 27 EU-Staaten waren rund 360 Millionen Bürger wahlberechtigt, davon knapp 61 Millionen Deutsche. Gewählt wurden von Donnerstag bis Sonntag – je nach Land – 720 Abgeordnete für das neue Europäische Parlament, davon am letzten Tag 96 in Deutschland.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa