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Frauenlos glücklich: Die CDU hat ein Problem mit alten weißen Männern


CDU, Partei der alten Männer?
Frauenlos glücklich

MeinungEin Kommentar von Ferda Ataman

Aktualisiert am 03.03.2020Lesedauer: 4 Min.
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Friedrich Merz: Er ist einer von drei Männern, die Annegret Kramp-Karrenbauer an der CDU-Spitze und dann auch Angela Merkel im Kanzleramt beerben wollen.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz: Er ist einer von drei Männern, die Annegret Kramp-Karrenbauer an der CDU-Spitze und dann auch Angela Merkel im Kanzleramt beerben wollen. (Quelle: imago-images-bilder)

Im Rennen um den CDU-Vorsitz treten nur Männer an. Aber wie wollen die Christdemokraten eine Volkspartei bleiben, ohne Frauen und Menschen aus Einwandererfamilien anzusprechen?

Nach fast 15 Jahren Merkel’scher Regierungszeit haben es manche vielleicht vergessen, aber die CDU ist traditionell eine Männerpartei. Natürlich toleriert man(n) hier Menschen mit Gebärmutterhintergrund. Nur fällt es manchen nicht leicht, die Posten mit ihnen zu teilen. Schon 1996 hat die Frauen-Union deswegen ein sogenanntes Frauenquorum durchgesetzt:

Ein Drittel aller Parteiämter und Mandate sollte fortan den Damen vorbehalten sein. Die Herren der Schöpfung verstanden das aber eher als freiwillige Obergrenze – das Quorum wurde oft nicht eingehalten. Sogar bei der letzten Bundestagswahl ging nur jeder fünfte Abgeordnetensitz an eine Frau. Im vergangenen Jahr forderte die Frauen-Union daher eine verbindliche Mindestquote. Doch auch die scheiterte.

Und nun das: Auf einem Sonderparteitag am 25. April soll ein neuer Parteivorsitz gewählt werden – und es bewerben sich bisher nur Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Ist das also die Zukunft der CDU, der lang ersehnte Aufbruch: drei weiße Männer und keine Frauenquote? Das neue Motto der Union für die Nach-Merkel-Ära lautet offenbar: frauenlos glücklich.

Viele halten nun dagegen, dass doch das Kanzleramt und der Parteivorsitz seit über einem Jahrzehnt von Frauen besetzt werden. Na und? Die Gründung der Bundesrepublik ist mehr als 70 Jahre her. Um den historischen Männerüberschuss der Politik in dieser Zeit auszugleichen, müssten Frauen noch mindestens weitere 50 Jahre regieren. Allein.

Die CDU wird vor allem von Frauen gewählt

Aber auch mit Blick in die Zukunft gibt es Argumente für mehr Diversität und Frauen:

  1. In Deutschland leben mehr Frauen als Männer, und die Mehrheit der Wahlberechtigten ist weiblich. Außerdem haben 21 Millionen Menschen in Deutschland einen sogenannten Migrationshintergrund, bei den Jüngeren sind sie mancherorts schon die Mehrheit.
  2. Nicht nur die Gesellschaft, auch der Erfolg der CDU ist weiblich und bunt. Die Partei erhielt bei der Bundestagswahl 2017 die meisten Stimmen von Frauen, fast 30 Prozent aller Wählerinnen machten hier ihr Kreuz (von den Männern nur 24 Prozent). Und in der Merkel-Ära wurde die CDU zur beliebtesten Partei unter Menschen mit Migrationshintergrund, wie 2018 eine Studie überraschend zeigte.

Viele Christdemokraten schaffen es aber nicht, diesen Weg als Chance zu begreifen und ihre Partei zu öffnen. Die CDU selbst ist immer noch überwiegend alt, weiß und männlich. Die Integration in die Lebenswirklichkeit der Bundesrepublik im 21. Jahrhundert will ihr einfach nicht gelingen. Angela Merkel an der Spitze hat das gut kaschiert, aber gerade einmal jedes vierte Parteimitglied ist weiblich. Wie viele Christdemokraten einen sogenannten Migrationshintergrund haben, ist nicht bekannt, aber viele dürften es nicht sein. Ihr Anteil unter den Bundestagsabgeordneten liegt zum Beispiel mit drei Prozent am niedrigsten – sogar die AfD hat mehr.

Merz: Migranten-Bashing und Chauvinismus

Da kann Friedrich Merz in seiner Antrittsrede vor der Presse also noch so oft von einem "Aufbruch in eine neue Zeit" reden und seinen Anspruch betonen, "die moderne Volkspartei" des 21. Jahrhunderts werden zu wollen. Ohne eine radikale Öffnung in Richtung Frauen und Menschen aus Einwandererfamilien wird das nichts. Um die für sich zu gewinnen, müsste man sie aber ansprechen, perspektivisch vor allem jüngere Menschen. Doch gerade bei den unter 30-jährigen Wählerinnen und Wählern hat die CDU ein Imageproblem. Und hier spielen Frauen und People of Color eine selbstverständliche Rolle.

Merz aber, der von einigen in seiner Partei favorisiert wird, schreckt viele eher ab. Er steht für ein bisschen Migranten-Bashing hier, ein bisschen Chauvinismus da. 1997 stimmte er dagegen, Vergewaltigung in der Ehe für strafbar zu erklären. Unverzeihlich. Und heute will er Wähler vom rechten Rand zurückgewinnen, statt etwas gegen den rechten Rand zu unternehmen, wo Frauenfeindlichkeit und Rassismus zum guten Ton gehören.

Merz’ Strategie, die CDU per geistig-moralischer Wende ideologisch in die Neunzigerjahre zu katapultieren, ist ein Spiel mit dem Feuer. Es ist ein Trugschluss, dass rechte Rhetorik Menschen von der AfD weglockt, das zeigt auch eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung von 2018. Sie bestärkt Menschen eher darin, das Original zu wählen. Außerdem verliert man auf diese Weise christliche, liberale und progressiv-konservative Stimmen aus der Mitte, die Angela Merkel, Ursula von der Leyen, Peter Tauber oder der andere Peter (Altmaier) in den letzten Jahren mühsam für die CDU gewonnen haben.
Fest steht jedenfalls: Volkspartei sein zu wollen und zukunftsfähig zu bleiben, aber nur alte weiße Männer anzusprechen – diese Zeiten sind vorbei.

Ferda Ataman ist Journalistin und Publizistin. 2019 hat sie die Streitschrift "Ich bin von hier. Hört auf zu fragen!" im Verlag S. Fischer veröffentlicht und den Hashtag #vonhier gestartet. Sie ist Vorsitzende im Verein Neue deutsche Medienmacher, der sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzt, und Sprecherin der "Neuen deutschen Organisationen", einem bundesweiten Netzwerk von mehr als hundert postmigrantischen Initiativen. In den Jahren 2006 bis 2008 arbeitete sie für Armin Laschet.

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