Werbeverbot für Abtreibungen Ist ein Kompromiss im Koalitionsstreit möglich?
Die Koalition diskutiert weiter über das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Dennoch bleibt die Hoffnung auf einen Kompromiss. Eine spezielle Liste soll Teil der Einigung werden.
Im Koalitionskonflikt um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche zeichnen sich Kompromisslinien ab. Wichtiger Bestandteil einer Einigung seien leicht zugängliche Listen der Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, berichteten die "Stuttgarter Nachrichten" und die "Stuttgarter Zeitung" (Dienstagausgabe). Eine solche Liste sorge für eindeutige und leicht zugängliche Informationen und für Rechtssicherheit bei Ärzten, "ohne das staatliche Schutzkonzept für das ungeborene Kind auszuhöhlen", sagte die Rechtsexpertin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, den Zeitungen.
Nach ihren Vorstellungen soll eine solche deutschlandweite Adressliste im Internet veröffentlicht werden und alle Arztpraxen und Kliniken aufführen, die einen Abbruch durchführen. Eine solche Liste könne etwa von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstellt und auf aktuellem Stand gehalten werden, sagte Winkelmeier-Becker. Eine Änderung des Strafrechtsparagrafen sei dafür nicht nötig.
Einführung einer bundesweiten Liste nicht genug
Die Union sperrt sich gegen die Forderung der SPD, den Strafrechtsparagraphen zu streichen. Minister beider Seiten verhandeln über eine Einigung. Justizministerin Katarina Barley (SPD) zeigte sich am Montag "optimistisch", dass ein Kompromiss mit der Union gelingt. Derzeit liefen weitere Gespräche, die "konstruktiv, sachlich und lösungsorientiert" seien, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.
In den von der SPD regierten Stadtstaaten Hamburg und Berlin gibt es bereits eine solche Liste, wie sie die Union nun als Lösung ins Spiel bringt. Im Koalitionskonflikt ist aus Sicht der Sozialdemokraten die Einführung einer bundesweiten Liste jedoch nicht genug, um den Streit beizulegen.
Monatelanger Koalitionsstreit
"Diese Liste kann durchaus sinnvoll sein, sie reicht aber nicht aus", sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Fechner den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung". "Denn ohne Änderung des Paragrafen 219a bliebe der strafrechtliche Druck auf die Ärzte erhalten. Die Lebensschützer würden weiterhin ihre Anzeigen stellen."
Für die SPD sei unverzichtbar, "dass eine sachliche Weitergabe von Information straffrei sein muss", stellte Fechner klar. Das sei nämlich etwas ganz anderes als anpreisende Werbung.
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Der Koalitionsstreit schwelt bereits seit Monaten. Auslöser der Debatte war ein Gerichtsurteil: Das Amtsgericht Gießen hatte die Ärztin Kristina Hänel wegen des Paragrafen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt, das Landgericht bestätigte den Richterspruch.
- Nachrichtenagentur AFP