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Bundestagswahl 2021: Wie Armin Laschet (CDU) doch noch triumphieren könnte


Drei Szenarien
Wie Laschet doch noch triumphieren könnte


Aktualisiert am 14.09.2021Lesedauer: 5 Min.
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Spannender Schlagabtausch: Die Kanzlerkandidaten haben im zweiten Triell heftig diskutiert. Für die Zuschauer stand ein Sieger fest. (Quelle: reuters)

Die Bundestagswahl scheint beinahe entschieden, die SPD liegt in den Umfragen weit vorn. Doch wer Kanzler wird, ist trotzdem noch offen. Drei Szenarien, was in den nächsten Tagen passieren könnte.

Man muss Armin Laschet eine Weile zuhören, bis man zu dem Satz mit Sprengkraft kommt. Am vergangenen Sonntag läuft gerade das "Interview der Woche" im Deutschlandfunk. Laschet hat schon über Afghanistan, den Hambacher Forst und die AfD gesprochen. Und dann, in seiner Antwort auf die letzte Frage, sagt Laschet: "Nicht der, der auf Platz eins liegt, wird automatisch Bundeskanzler."

Es geht darum, ob sich ein Szenario wie 1976 wiederholen könnte, als sich Helmut Schmidt mit den Stimmen der FDP zum Kanzler wählen ließ – obwohl Helmut Kohl mit der Union stärkste Kraft bei der Bundestagswahl geworden war. Laschet bejaht das indirekt. Seine Antwort ist Laschets Art zu sagen: Ich kann sogar Kanzler werden, wenn ich die Wahl nicht gewinne – abschreiben solltet ihr mich noch lange nicht.

Armin Laschet hat natürlich recht. Zumindest theoretisch. Der Bundestag wählt den Kanzler. Wer dort eine Mehrheit hinter sich versammeln kann, der ist Regierungschef.

Praktisch jedoch ist es komplizierter. Denn ein Kanzler muss zwar nicht unbedingt aus der stärksten Partei stammen. Dass er aus einer deutlich abgeschlagenen Partei stammt, die wohl auch noch ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfährt, ist aber ebenfalls nicht sonderlich wahrscheinlich. Dagegen spricht schon, dass sich andere Parteien zweimal überlegen würden, in ein Bündnis mit einer gerupften Union zu gehen. Zumal völlig offen wäre, ob Laschet den Wahlabend innerparteilich überhaupt überleben würde.

Für Laschet besteht also die Aufgabe darin, den Abstand zur SPD so weit wie möglich zu verringern. Selbst dann würde es aber natürlich kein Selbstläufer für ihn. Denn es gibt noch zwei andere Szenarien für die Bundestagswahl am 26. September.

Szenario 1: Der wahrscheinlichste Ausgang – Stand jetzt

Die SPD liegt bei rund 25, die Union bei gut 20 und die Grünen bei etwa 17 Prozent: Auf ungefähr diese Werte haben sich die Parteien, die Anspruch aufs Kanzleramt erheben, in den vergangenen zwei Wochen eingependelt.

Sollte das tatsächliche Wahlergebnis ungefähr so ausfallen, hätte Olaf Scholz das Vorrecht, als Erster zu Sondierungsgesprächen einzuladen. Sofern sich alle an die politischen Gepflogenheiten halten. Und mit einem solch deutlichen Abstand zur Union hätte die SPD auch erstmal mehrere Trümpfe in der Hand.

Die Sozialdemokraten würden dann auf jeden Fall ausloten, ob eine Ampel mit Grünen und FDP funktionieren könnte. Inhaltlich gäbe es in vielen Streitpunkten wohl die Chance auf Kompromisse. Und von FDP-Chef Christian Lindners deutlicher Ablehnung der Ampel ist nicht mehr sonderlich viel übrig geblieben.

Doch weil besonders die FDP als Wackelkandidat gilt, würde die SPD wohl auch gleichzeitig ein Bündnis mit Grünen und Linken ausloten. Ob die drei inhaltlich wirklich zusammenkämen, ist ziemlich fraglich. Aber allein dass die Option auf dem Tisch liegt, könnte für FDP-Chef Lindner eine Brücke sein, der Ampel zuzustimmen: nämlich als sein Projekt, um ein Linksbündnis zu verhindern.

Und auch eine weitere "große" Koalition mit der Union schließt die SPD derzeit explizit nicht aus. Selbst wenn sie als Wahlziel ausgegeben hat, die Union in die Opposition zu schicken. Laschet tut das ebenso wenig. Sehr wahrscheinlich ist Rot-Schwarz deshalb natürlich trotzdem nicht. Aber sollte alles andere nicht funktionieren, wird irgendjemand regieren müssen. Und geübt haben das beide Parteien ja schon eine Weile miteinander.

Szenario 2: Der sozialdemokratische Traum

Die SPD will es, und die Grünen wollen es auch: Rot-Grün, eine Zweierkoalition, die sowohl inhaltlich als auch kulturell relativ nah beieinander wäre. Klitzekleines Problem: Derzeit reicht es den Umfragen zufolge (noch) nicht.

Damit Rot-Grün möglich wird, müssten SPD und Grüne zusammen noch sehr viel Boden gutmachen. Das ist natürlich nicht unmöglich, aber ohne größere Laschet-Patzer auch nicht sonderlich wahrscheinlich. Denn die potenziell anfällige Union hat sich zuletzt auf niedrigem Niveau stabilisiert.

Wahrscheinlicher ist derzeit, dass SPD und Grünen das Schlamassel anderer zur Hilfe kommt: nämlich das der Linkspartei. Die liegt in den Umfragen derzeit mit 6 Prozent nur knapp über der Fünfprozenthürde, und damit innerhalb der Fehlermarge solcher Erhebungen. Flöge die Linke aus dem Bundestag, würde es vermutlich nur noch fünf statt sechs Fraktionen geben – und noch mehr Stimmen für kleine Parteien, die es nicht in den Bundestag schaffen. Durch die daraus folgenden Verschiebungen bei den Mandaten wäre es gut möglich, dass es für Rot-Grün reicht.

Für die SPD wäre das ein Traumergebnis, für die Grünen nach dem tiefen Fall der Annalena Baerbock zumindest das bestmögliche. Es wäre natürlich keine Emanzipation von der SPD, wie es sich viele Grüne gewünscht hatten. Aber vielleicht zumindest ein Emanzipatiönchen, weil sie wohl deutlich mehr Einfluss hätten, als sie ihn 1998 bei der ersten rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder mit ihren nur 6,7 Prozent hatten. Um einen Spruch des damaligen Kanzlers zu den Machtverhältnissen in der Koalition upzudaten: Es wäre nicht mehr ganz so klar, wer Koch und wer Kellner ist.

Szenario 3: Laschets Chance oder: Das große Pokern

Und dann ist da noch das Szenario, das besonders in der Union hoffnungsvoll diskutiert wird: Dass Armin Laschet doch noch deutscher Bundeskanzler wird, obwohl so vieles im Moment dagegen spricht. Voraussetzung dafür wäre: Die Talfahrt von CDU und CSU nähert sich in diesen Tagen ihrem Ende und Laschet holt langsam auf. Eventuell ist er dazu zwar auf einen Fehler von Olaf Scholz angewiesen. Doch in der CDU hofft mancher schon, dass Scholz jetzt übermütig und damit leichtsinnig wird. Dann könnte die Aufholjagd beginnen.

Es ist nicht entscheidend, ob die Union mit 30 Prozent die Wahl gewinnt und die SPD weit abgeschlagen dahinter kommt. Solch ein Wahlausgang ist selbst für die größten Optimisten in der CDU kaum vorstellbar. Doch wenn Laschet nur ein paar Prozentpunkte zulegt und Scholz stagniert, könnte es klappen.

Der Plan dafür geht so: Die SPD liegt um 18 Uhr am Wahlabend bei 25 oder 26 Prozent, die Union bei 23 oder 24 Prozent. Dann, möglichst noch am selben Abend, legt Laschet gleich mit den Verhandlungen los, um ein Jamaika-Bündnis für den Bund anzubahnen. Die FDP, die ohnehin gern mit der CDU regieren würde, dürfte dabei leicht zu überzeugen sein.

Die große Herausforderung für Laschet werden die Grünen. Denn die müssten ihrer Basis erklären, warum sie nicht wenigstens eine linksgeprägte Ampel-Koalition mit Olaf Scholz sondiert haben, sondern lieber gleich einem Konservativen ins Kanzleramt verhelfen. Laschet könnte das mit besonders attraktiven Posten lösen, indem er beispielsweise Annalena Baerbock das Außenministerium verspricht, damit diese im Gegenzug ihre Partei zum Mitmachen bei Jamaika bewegt.

Außenministerin könnte Baerbock aber womöglich auch in einem Bündnis mit der SPD werden. Bei der Union wird in diesen Tagen deshalb besprochen, wie man den Grünen irgendwie noch mehr entgegenkommen könnte. Vielleicht stünde unter Laschet sogar ein neuer Zuschnitt der Ministerien bevor. Die Runde des großen Pokerns wäre jedenfalls am Wahlabend um Punkt 18 Uhr eröffnet.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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