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Lage in Bosnien: CDU und SPD streiten über Aufnahme von Flüchtlingen


"Inakzeptable Lage" in Bosnien
CDU und SPD streiten über Aufnahme von Flüchtlingen

Von dpa, afp, lw

Aktualisiert am 03.01.2021Lesedauer: 4 Min.
Migranten in Bosnien: Das Winterwetter verschlechtert die Bedingungen noch mehr.Vergrößern des Bildes
Migranten in Bosnien: Das Winterwetter verschlechtert die Bedingungen noch mehr. (Quelle: Dado Ruvic/reuters)
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An der EU-Außengrenze leben Menschen bei Winterwetter unter dramatischen Bedingungen. SPD und CDU sind sich nicht einig, wie die Hilfe für die Migranten aussehen soll. Klar ist: Es bedarf einer Lösung.

CDU und SPD streiten über die Aufnahme von Flüchtlingen aus Lagern in Griechenland oder Bosnien. SPD-Fraktionsvize Achim Post zeigte sich am Sonntag offen dafür, doch die CDU-Politiker Friedrich Merz und Thorsten Frei warnten vor einem Anreiz zur Migration nach Europa. Die Organisation Pro Asyl warf der Europäischen Union vor allem mit Blick auf die Notlage von Migranten in Bosnien Totalversagen vor.

Sowohl auf der griechischen Insel Lesbos als auch im bosnischen Grenzgebiet zum EU-Staat Kroatien sind Migranten bei winterlichem Wetter nur unzureichend untergebracht. Akut ist die Lage in Bosnien-Herzegowina, wo vor etwa einer Woche das Lager Lipa abbrannte und eine Verlegung von Hunderten Menschen in andere Unterkünfte scheiterte.

SPD-Fraktionsvize Post sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Was wir derzeit mancherorts auf den griechischen Inseln und in Bosnien-Herzegowina erleben, ist eine humanitäre Notsituation." Und er fügte hinzu: "Hier ist Hilfe, auch durch die Bereitschaft, Geflüchtete in Not aufzunehmen, ein Gebot der Menschlichkeit."

"Dieser Weg ist nicht mehr geöffnet"

CDU-Politiker Merz sprach sich jedoch prinzipiell gegen die Aufnahme aus. "Die gesamte Europäische Union hat vor allem die Verpflichtung, den Flüchtlingen auf dem Balkan oder auf den griechischen Inseln an Ort und Stelle zu helfen", sagte der Kandidat für den Parteivorsitz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Diese humanitäre Katastrophe lässt sich allerdings nicht dadurch lösen, dass wir sagen: Kommt alle nach Deutschland. Dieser Weg ist nicht mehr geöffnet."

Auch Unionsfraktionsvize Frei lehnte die Aufnahme von Migranten aus Bosnien ab. Davon könne rasch das fatale Signal ausgehen, der Weg nach Deutschland sei frei, sagte er der dpa. "Wir würden damit einen gewaltigen Anreiz zur Migration nach Europa schaffen."

Lösung müsse dringend gefunden werden

Die EU sagte Bosnien-Herzegowina am Sonntag weitere 3,5 Millionen Euro zu, um die Migranten besser unterzubringen. Der Außenbeauftragte Josep Borrell nannte die Lage inakzeptabel und mahnte die bosnischen Behörden dringend, die Menschen nicht im Kalten sitzen zu lassen.

Der EU-Gesandte Johann Sattler traf sich am Samstag gemeinsam mit der deutschen Botschafterin Margret Uebber und anderen Diplomaten mit dem bosnischen Sicherheitsminister Selmo Cikotic, um über die "vollkommen inakzeptable" Situation zu sprechen. Sattler sagte, dass das Leben und die Grundrechte von hunderten Menschen "ernsthaft in Gefahr" seien. Die EU teilte mit, die Situation sei "extrem besorgniserregend"; eine Lösung müsse dringend gefunden werden.

"Keine Chance auf Schutz und Asyl"

Die bosnische Armee hatte im abgebrannten Lager Lipa mit der Aufstellung neuer Zelte begonnen. Das sei ein nötiger Schritt, doch müssten die Behörden nun dringend auch die Versorgung mit Wasser und Strom in Lipa sicherstellen und das Camp so schnell wie möglich voll ausbauen, erklärte Sattler. Bis dahin müsse das Camp Bira wieder geöffnet werden. Die EU helfe Bosnien-Herzegowina mit 85,5 Millionen Euro, betonte Sattler.

Die Organisation Pro Asyl erklärte, in "Zelten vor den Toren der EU" gebe es "keine Chance auf Schutz und Asyl". In einer Mitteilung forderten die Aktivisten, die Grenzen zu öffnen und die "frierenden Menschen" in der EU aufzunehmen. Zudem riefen sie dazu auf, die Flüchtlinge "sofort" in eine Notunterkunft in Bihac zu verlegen.

Anwohner protestierten gegen Unterbringung von Flüchtlingen

Pro Asyl warnte auch, dass der interne Machtkampf der deutschen CDU um den Vorsitz die Reaktion der Politik auf die Krise lähmen könnte, nachdem sich Merz gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen hatte. Die Organisation charakterisierte dies als "Provokation" eines "CDU-Hardliners".

Die EU-Kommission und die IOM sprechen sich für die Wiedereröffnung eines Flüchtlingslagers in einer verlassenen Fabrik in Bihac aus, doch die örtlichen Behörden sperren sich dagegen. Vergangene Woche hatten die Behörden versucht, die Flüchtlinge mit Bussen in eine ehemalige Kaserne im Süden des Landes zu bringen. Die Flüchtlinge konnten die Busse an ihrem Zielort jedoch nicht verlassen, da Anwohner dort gegen ihre Ankunft protestierten.

Polizei geht in Lipa von Brandstiftung aus

Im Mittelmeer nahm das spanische Rettungsschiff "Open Arms" in zwei Aktionen 265 Bootsmigranten auf und suchte am Sonntag einen sicheren Hafen. Das Schiff war gut 100 Kilometer von der italienischen Insel Lampedusa entfernt. Von Italien kam nach Angaben des Betreibers aber zunächst keine Antwort auf die Anfrage auf Einlaufgenehmigung.

Das ehemalige Flüchtlingslager bei Lipa war am 23. Dezember durch einen Großbrand zerstört worden. Die Infrastruktur des Lagers wurde dabei vollständig von den Flammen vernichtet. Die Polizei geht davon aus, dass ehemalige Bewohner das Lager anzündeten, um gegen eine Entscheidung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zu protestieren.

In Bosnien leben etwa 8.500 Flüchtlinge

Die Helfer der IOM hatten sich einen Tag vor Heiligabend aus dem Lager zurückgezogen, da es nicht ausreichend mit Strom, Wasser und Heizwärme versorgt wurde. Das Camp in Lipa war im April als provisorische Unterkunft eingerichtet worden. In dieser Gegend gibt es nun keine andere reguläre Unterkunft für die Flüchtlinge mehr.

Bosnien liegt auf der sogenannten Balkanroute, die seit 2018 von Zehntausenden Flüchtlingen genutzt wurde. Sie fliehen vor Krieg und Armut aus dem Nahen Osten, Asien und Afrika nach Westeuropa. In Bosnien leben derzeit etwa 8.500 Flüchtlinge.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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