Nach Raketenbeschuss Israel greift Ziele im Libanon und im Gaza-Streifen an
Die Raketenangriffe aus dem Libanon haben Israel zu einem Gegenschlag veranlasst. In der Nacht nahm die Armee "terroristische Infrastruktur" der Hamas ins Visier.
Als Reaktion auf den schweren Raketenbeschuss vom Vortag hat Israel in der Nacht Ziele im Libanon sowie im Gazastreifen angegriffen. Die Armee habe im Nachbarland etwa die "terroristische Infrastruktur" der Hamas zum Ziel genommen, meldete das israelische Militär in den frühen Morgenstunden.
Die Armee werde "der Terrororganisation Hamas nicht erlauben, vom Libanon aus zu operieren". Der libanesische Staat trage zudem die Verantwortung für jeglichen Beschuss, der von seinem Gebiet ausgehe.
Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Nadschib Mikati verurteilte den Raketenbeschuss aus dem Libanon Richtung Israel. "Der Libanon lehnt jede militärische Eskalation, die von seinem Land ausgeht, sowie die Nutzung libanesischen Territoriums zur Durchführung von Operationen, die die bestehende Stabilität gefährden kann, vehement ab", sagte Mikati in Beirut. Das Militär geht davon aus, dass die dort herrschende Hamas oder die dort ebenfalls aktive militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad verantwortlich sind für die Raketenangriffe aus dem Nachbarland.
Netanjahu: "Wir werden unsere Feinde treffen"
Gestern waren nach Militärangaben aus dem Libanon mindestens 36 Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden – so viele wie seit 2006 nicht mehr. Zwei Menschen im Norden Israels wurden leicht verletzt. Bisher hat sich noch keine Gruppierung zu den Angriffen bekannt.
Israel machte jedoch militante Palästinenser verantwortlich und kündigte ein konsequentes Vorgehen an. "Wir werden unsere Feinde treffen, und sie werden den Preis für jegliche Aggression zahlen", teilte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gestern Abend in Jerusalem mit.
Israelische Kampfjets bombardierten laut Armee in der Nacht unter anderem Waffenfabriken der islamistischen Hamas. Dabei wurde Sicherheitskreisen zufolge ein Feld in der Nähe eines palästinensischen Flüchtlingslagers getroffen. Informationen über mögliche Opfer gebe es bislang nicht. Einige Häuser in der Umgebung seien bei den Angriffen beschädigt worden, berichteten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur.
"Israel wird auf allen Ebenen handeln"
Die Explosionen lösten demnach bei Anwohnern Panik aus. Palästinensischen Medien und Augenzeugen zufolge waren über der Küstenenklave Explosionen zu hören und Rauch zu sehen. Verteidigungsminister Joav Galant hatte das Militär zuvor angewiesen, sich auf "alle möglichen Reaktionen auf die jüngsten Ereignisse vorzubereiten".
Netanjahu sagte, die interne Debatte in Israel werde das Land nicht davon abhalten, "überall und jederzeit" gegen die Feinde des Landes vorzugehen. Der Ministerpräsident nahm damit Bezug auf eine von der rechts-religiösen Regierung vorangetriebene Justizreform, die die israelische Gesellschaft seit Wochen spaltet. In Jerusalem war am Abend das Sicherheitskabinett zusammengekommen. Israels Präsident Izchak Herzog teilte mit: "Der Staat Israel wird auf allen Ebenen handeln, um seine Sicherheit zu gewährleisten". Gleichzeitig forderte er die internationale Gemeinschaft auf, die Angriffe entschieden zu verurteilen.
An der Grenze zum Libanon kommt es immer wieder zu Spannungen. Die beiden Nachbarländer befinden sich offiziell im Kriegszustand.
Spannungen in Jerusalem
Unterdessen bereitete sich die israelische Polizei in Jerusalem auf den dritten Freitag des muslimischen Fastenmonats Ramadan vor. Rund 2.300 Einsatzkräfte seien im Einsatz, hieß es am Abend von einer Sprecherin. Demnach werden erneut Tausende Muslime für das Freitagsgebet auf dem Tempelberg erwartet. "Wir werden weiterhin gegen jeden vorgehen, der die öffentliche Ordnung stört", teilte die Polizei mit.
In den Nächten zuvor war es zu heftigen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Palästinensern auf dem Tempelberg gekommen. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie die Einsatzkräfte Schlagstöcke und Gummigeschosse einsetzten, um Palästinenser aus der Al-Aksa-Moschee zu entfernen.
Laut Polizei versuchten die Gruppen, sich in der Moschee zu verbarrikadieren. Zudem seien Feuerwerkskörper und Steine auf Polizisten geworfen worden. Mehrere arabische Länder verurteilten das Vorgehen.
Ramadan, Pessach-Fest und Ostern
Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Nach Angaben der israelischen Polizei ist es generell verboten, sich dort nachts aufzuhalten. Viele palästinensische Gläubige sehen ihr Recht zur Religionsausübung eingeschränkt. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Er ist jedoch auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen.
Auf dem Gelände um die Moschee kommt es immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen. Vor rund zwei Jahren eskalierte die Situation zu einem elftägigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas. In den kommenden Tagen fallen Ramadan, das jüdische Pessach-Fest sowie Ostern zusammen. Es werden deutlich mehr Gläubige als sonst in der Jerusalemer Altstadt erwartet.
- Nachrichtenagentur dpa