Gentests in der Schwangerschaft Gentests in der Schwangerschaft - wem und wann sie nutzen können
Hauptsache, das Kind ist gesund - das ist ein Gedanke, der werdenden Eltern oft durch den Kopf geht. Wenn sie wissen wollen, ob wirklich alles in Ordnung ist, bieten Ärzte Schwangeren etliche Untersuchungen an. Doch manche davon vergrößern die Unsicherheit eher.
Die Gesundheit schon vor der Geburt überprüfen
Als sie vor knapp zwei Jahren schwanger wurde, machte sich die heute 37-Jährige große Sorgen um die Gesundheit ihres Kindes. Bedenken hatte die Frau aus Berlin vor allem, weil es in ihrer näheren Verwandtschaft einen Fall von Trisomie 21 gibt: Ihre Cousine ist mit der gemeinhin als Down-Syndrom bezeichneten Chromosomenstörung zur Welt gekommen. Die werdende Mutter wollte auf alles vorbereitet sein und entschied sich daher für einige Tests, um möglichst viel über den Gesundheitszustand ihres ungeborenen Kindes zu erfahren.
Diese Untersuchungen gibt es
Ist eine Frau älter als 35, gilt ihre Schwangerschaft automatisch als Risikoschwangerschaft. Und je älter die werdende Mutter, desto größer das Risiko, dass das Kind eine Chromosomenstörung aufweist. Um gezielt nach genetischen Auffälligkeiten bei einem ungeborenen Kind zu suchen, gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die über die üblichen, in den Mutterschaftsrichtlinien vorgesehenen Kontrollen während der Schwangerschaft hinausgehen.
Was soll untersucht werden - Eltern müssen genau abwägen
Diese speziellen Ultraschall-Untersuchungen, Bluttests oder gar invasiven Methoden wie eine Fruchtwasserpunktion müssen werdende Eltern aber gut abwägen. Denn manche sind mit Risiken für die Gesundheit von Mutter und Kind verbunden. Andere Methoden können ein nicht eindeutiges Ergebnis liefern und zu mehr Unsicherheit führen, ob das Kind gesund ist oder nicht. Und nicht immer kommt die Kasse für die Kosten auf.
Beratungsgespräch ist Pflicht
Grundsätzlich gilt nach dem Gendiagnostikgesetz, dass vor einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung eine ausführliche Aufklärung und fachgebundene genetische Beratung durch den Arzt stehen muss. Wer darüber hinaus Beratungsbedarf hat, kann einen Termin bei einer speziellen humangenetischen Beratungsstelle vereinbaren - so hat es die heute 37-Jährige gemacht. "Das war relativ harmlos", erinnert sie sich. Denn dort erfuhr sie, dass das Risiko nur ganz selten familiär bedingt ist. "Das war für mich beruhigend." Dennoch entschieden sie und ihr Freund sich "aus freien Stücken", wie sie betont, für das sogenannte Ersttrimester-Screening. "Wir wollten unser Wissen erweitern, wenn es diese Möglichkeit schon gibt."
So verläuft das Ersttrimester-Screening
Dabei handelt es sich um eine Blutuntersuchung und einen speziellen Ultraschall, die sogenannte Nackenfaltenmessung. Das Ersttrimester-Screening erfolgt zwischen der zwölften und 14. Schwangerschaftswoche. Mit den Ergebnissen lässt sich berechnen, wie wahrscheinlich eine Trisomie 21 beim Kind ist - ob das Kind tatsächlich die Chromosomenstörung hat, erfährt man dadurch nicht.
Bei Frauen über 35 Jahren komme es in einem von 380 Fällen zum Down-Syndrom, erläutert Christian Albring vom Berufsverband der Frauenärzte. Er hält den Test daher für sinnvoll für Frauen, die ihn wünschen, und in Fällen, wo früher häufig eine Fruchtwasserpunktion gemacht worden sei, zum Beispiel bei Frauen ab 35. Bei dieser Untersuchung wird durch die Bauchdecke mit einer Hohlnadel Fruchtwasser aus der Fruchtblase entnommen, um kindliche Zellen zu gewinnen. Daraus lässt sich eindeutig ermitteln, ob eine Chromosomenstörung vorliegt. Bei einer von 100 bis 200 Frauen kann der Eingriff eine Fehlgeburt auslösen.
Das Ergebnis ist eine Wahrscheinlichkeitsberechnung
Albring sagt, er würde das Ersttrimester-Screening schon jeder Frau ab 30 empfehlen. Der Arzt schränkt aber ein: Sei sich eine Frau unsicher, ob sie das Kind behalten oder abtreiben würde, wenn es das Down-Syndrom hat, dann helfe ihr die Risikoberechnung nicht weiter. "Uns war bewusst, dass man mit dem Ergebnis nicht unbedingt etwas anfangen kann, weil es nur eine Wahrscheinlichkeitsberechnung ist", ergänzt die Mutter aus Berlin. "Daraus eine Handlung abzuleiten, das ist schwierig."
Wann der "Praena-Test" sinnvoll ist
Die Treffsicherheit des Ersttrimester-Screenings liegt nach Angaben von Robin Schwerdtfeger bei 85 bis 95 Prozent. Noch genauer, zu 99 und mehr Prozent, lasse sich die Wahrscheinlichkeit der drei häufigsten Chromosomenstörungen mit einem speziellen Bluttest bestimmen. Zu diesem "Praena-Test" rät der Präsident des Berufsverbands niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP) aber nur, wenn das Screening ein "deutlich ungünstiges" Ergebnis hat.
"Ich würde diesen Test nur in besonderen Situationen empfehlen, etwa wenn eine Frau über 40 ist, eine Fruchtbarkeitsbehandlung hinter sich hat und erst beim dritten Versuch schwanger geworden ist", erläutert er. Diese Patientengruppe scheue das Risiko eines invasiven Eingriffs besonders. Allerdings kann auch der "Praena-Test" die Punktion nicht ersetzen, wenn man wirklich sicher wissen will, ob eine Chromosomenstörung vorliegt. "Durch die mit dem Eingriff verbundenen Risiken ist die mentale Auseinandersetzung mit dem Ergebnis größer", sagt der Mediziner. Soll heißen: Wenn sich werdende Eltern für die Punktion entscheiden, haben sie sich bereits überlegt, ob sie mit einem Kind leben wollen, das möglicherweise behindert ist - oder ob sie das nicht wollen.
Der "Praena-Test" ist Albring zufolge jederzeit ab der zehnten Schwangerschaftswoche möglich. Sinnvoll sei er, wenn eine Frau zu einer Risikogruppe gehört, es ein auffälliges Ersttrimester-Screening gab oder sie schon aus einer vorherigen Schwangerschaft ein Kind mit Trisomie 21 hat. Doch auch wenn mit dem Bluttest die Wahrscheinlichkeit recht exakt berechnet werden kann: "Es gibt immer noch Unwägbarkeiten." Laut Albring geben solche Tests den werdenden Eltern aber die Möglichkeit, sich vor der Geburt beraten zu lassen und Hilfen zu organisieren. Und sich in Ruhe eine Entbindungsstation zu suchen, die auf solche Kinder spezialisiert ist.
Untersuchung mit Happy End
Im Fall der heute 37-Jährigen war das nicht nötig: Zwar zeigten sich bei ihrem Kind bei einem Ultraschall im zweiten Schwangerschaftsdrittel zwei Auffälligkeiten, die in weiteren bildgebenden Verfahren genauer analysiert wurden. Nach Einschätzung eines weiteren Arztes war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich eine der Auffälligkeiten zurückbildet, und die Wahrscheinlichkeit klein, dass die andere gravierend ist. Er sollte recht behalten: Das Baby kam schließlich pünktlich und kerngesund zur Welt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.