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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leo Neugebauer Der Sieger der Herzen: "Bin überglücklich"
Leo Neugebauer führte am ersten Tag des Zehnkampfes die Tabelle an. Am Ende verpasste er knapp die Medaillen und ist dennoch zufrieden.
Aus Budapest berichtet Melanie Muschong
Als er Anfang Juni den 39 Jahre alten deutschen Rekord im Zehnkampf gebrochen hatte, sprach die Leichtathletik über Leo Neugebauer. Den Deutschen, der an der University of Texas studiert und sich dort seinen Erfolg Stück für Stück aufgebaut hat. So weit, dass er nun bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Budapest am ersten Tag des Wettbewerbs dominierte und am Ende Fünfter mit 8.645 Punkten wurde.
Beim 110-Meter-Hürdenlauf und im Diskuswerfen hatte Neugebauer Probleme: "Beim Hürdenlauf waren meine Beine schwer und ich war bisschen verkrampft. Diskus war bisschen unglücklich, vor allem, weil es eine meiner Lieblingsdisziplinen ist." Allgemein bilanzierte der 23-Jährige: "Ich bin überglücklich. Die Punktzahl war gut, da kann ich nicht unzufrieden sein. Es hätte besser laufen können, aber es war der erste Höhepunkt, wo ich jetzt einer der Topfavoriten war." Er strahlte, auch, wenn es eben nicht für ganz oben gereicht hatte. Vor dem Wettkampf meinte Neugebauer noch: "Ich möchte Spaß haben und zeigen, dass der deutsche Mehrkampf am Leben ist." Dieses Ziel hat er erreicht und sicher viele neue Fans dazugewonnen.
"Ohne das Niveau in den USA wäre ich nicht da, wo ich bin"
Denn: Neugebauer absolvierte nicht nur den Zehnkampf. Er legte auch immer wieder Showeinlagen ein, motivierte das Publikum und schrie seine Freude nach jedem einzelnen erfolgreichen Wettkampf heraus. So sehr, dass ihm bereits am Freitagabend die Stimme fehlte. Neben der Show machte er auch immer wieder Selfies.
Der Deutsche ist beliebt, bekam von den Zuschauern in Budapest spätestens nach seinem Sprung über die 8 Meter, Extra-Applaus. Neugebauer wirkt nahbar. Und er weiß, woher der Erfolg kommt: "Ohne das hohe Niveau in den USA wäre ich nicht da, wo ich gerade bin. Einfach, weil wir da so viele gute Mehrkämpfer haben. Ich habe die WM-Norm geschafft im letzten Jahr und wurde nur Dritter bei den Nationals. Dieses Jahr hatte ich 8.836 Punkte und der Zweite hatte 8.700 Punkte, das hat mich noch mal gepusht."
"Gute Konkurrenz macht einen Athleten besser", so der Zehnkämpfer. Neugebauer ist fokussiert, doch er nimmt sich auch nicht zu ernst. Ihm ist es wichtig, auch mal vom Sport abzuschalten und andere Aktivitäten zu unternehmen.
"Ich freue mich schon auf Paris"
"Ich habe viele Kumpels, die sich nur auf den Sport fokussieren. Die haben nichts anderes im Leben. Ich finde, es ist immer eine gute Sache, ein bisschen Auszeit zu haben und richtig runterzukommen und gar nicht an den Sport zu denken", so der in Stuttgart aufgewachsene Mehrkämpfer.
Auch, wenn es zu Beginn in Budapest nach einer Medaille aussah, will Neugebauer auf dem nun Erlebten aufbauen. "Ich lerne davon und gehe dann in das nächste Jahr noch ein bisschen klüger und weiser", sagte er. Die Lehre sei es, locker zu bleiben.
So wie auch sein Fan-Klub aus rund 25 Personen, den Neugebauer mit nach Budapest gebracht hatte und der ihn in den Tagen lautstark mit Trommeln im Stadion anfeuerte. Nicht nur wegen der Unterstützer war der gebürtige Schwabe hin und weg von der Atmosphäre vor Ort: "Die Stimmung in Europa ist einfach unglaublich. Das kann man gar nicht vergleichen zu Amerika. Es hat mir so viel mehr Spaß gemacht. Ich freue mich schon auf Paris, das wird bestimmt ähnlich."
Die Olympischen Spiele im kommenden Jahr hat der Zehnkämpfer fest im Blick: "Olympia bedeutet mir alles. Es ist das Ziel von jedem, das mitzumachen. Dass ich dran denken kann, bei den Medaillen mitzumachen, ist verrückt. Da muss ich erstmal eine Nacht drüber schlafen. Es wird spaßig sein."
- Eigene Beobachtung im Stadion in Budapest
- Gespräch mit Leo Neugebauer nach einer Pressekonferenz des DLV
- Aussagen aus der Mixed-Zone im Stadion in Budapest