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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schlagerstar Andy Borg "Das Loslassen fällt schwerer"
Andy Borg ist für den "Schlager-Spaß" verantwortlich, doch bei t-online schlägt er ernste Töne an: Es geht um rote Linien der Branche, die TV-Rente und Verjüngungskuren im Fernsehen.
Seit mehr als 40 Jahren ist Andy Borg aus der Schlagerwelt nicht mehr wegzudenken. Sein größter Hit "Adios Amor" von 1982 ist dabei genauso legendär wie seine Fernsehshows. Die Show "Musikantenstadl" prägte der gebürtige Wiener neun Jahre lang, bis die Fernsehsendung 2015 einer Verjüngungskur unterzogen wurde. Mit Francine Jordi und Alexander Mazza sollten zwei deutlich jüngere Kollegen fortan das Format präsentieren. Den indirekten Nachfolger, den "Schlager-Spaß mit Andy Borg", moderiert er seitdem aus einer urigen Weinstube in Offenburg.
In der Vergangenheit fiel die SWR-Show immer wieder spontan aus dem Programm, der eigentliche Monatsrhythmus wurde zuletzt im Februar durchbrochen: Der "Schlager-Spaß" wurde in den März verschoben, stattdessen zeigte Das Erste ein Konzert von Helene Fischer. Man wolle in der ARD "keine Binnenkonkurrenz aufbauen", hieß es im Jahrespressegespräch des SWR vom 6. März. Schlagerfans sollten sich nicht zwischen den beiden Fernsehangeboten entscheiden müssen, so die Begründung. Fans von Andy Borg aber waren enttäuscht bis irritiert.
Was er selbst dazu sagt, welche rote Linie er bei Kolleginnen und Kollegen niemals überschreiten würde und warum ihm Rasenmähen so wichtig ist, verrät der 63-Jährige im Gespräch mit t-online.
t-online: Worauf freuen Sie sich noch in diesem Jahr beruflich wie privat?
Andy Borg: Auf Weihnachten freue ich mich jedes Jahr am meisten. Ich liebe Weihnachten. Wenn’s das nicht gäbe, würde ich das sicher erfinden. Und beruflich freut mich ganz besonders, dass es mit dem "Schlager-Spaß" im Fernsehen weiter geht. Im Kalender ist zu allen vier Jahreszeiten zwischen den Live-Auftritten genau so viel Platz, dass die Vorfreude darauf immer mit im Gepäck ist, sobald wir daheim wieder in den Urlaub losrollen.
Welches Ritual haben Sie vor einer Show?
Bevor ich auf die Bühne gehe, gibt mir Birgit einen Kuss und wenn ich abgehe, bekomme ich noch einen.
Sie haben die "Verjüngungskur" vom "Musikantenstadl" damals kritisiert: Wie steht es aktuell um den Jugendwahn in deutschen Schlagershows?
Die Zuschauer und auch unsere musikalischen Gäste werden immer jünger, oder kommt mir das nur so vor, weil ich selbst mittlerweile in den Sechzigern bin? Wenn ich mir die Besetzung der Musik- und Rateshows und Unterhaltungssendungen anschaue, geht das durch alle Generationen. Auch ich finde mich dort zwischen Vincent Groß, Maite Kelly, Roland Kaiser, Olaf der Flipper und Howard Carpendale wieder.
Beim "Schlager-Spaß" achten wir darauf, dem Nachwuchs eine Chance zu geben, der Schlager-Jugend. Auch wenn das Internet und Social Media unglaublich viele Möglichkeiten bieten, ist da auch unglaublich viel los und man muss dort als Newcomer erst mal gefunden und gesehen werden. Dann noch im Fernsehen einen Auftritt zu ergattern, ist für Bühnenfrischlinge ungleich schwerer als für die etablierten Showgrößen und die Golden Oldies.
Werden ältere TV-Zuschauer von Schlagershows heute eher vernachlässigt oder gut abgeholt?
Ich kann nur sagen, dass ich mich von den TV-Zuschauern sehr gut und freundlich abgeholt fühle. Sie schreiben mir so liebe Mails und Briefe, dass ich mich ganz sicher nicht vernachlässigt fühle und es mir völlig egal ist, wer von uns älter ist.
Als ich damals mit dem Zuschauen angefangen habe, gab es noch diese unglaublich spannenden Schwarz-Weiß-Geräte mit dem Zeichen 'Sende-Ende'.
Andy Borg
Wie gut gelingt das in den Shows von Florian Silbereisen und Giovanni Zarrella?
Millionen Menschen haben Freude daran und wenn ich nicht auf der Bühne stehe, bin ich auch gerne am Fernseher dabei. Das Schöne daran ist auch, dass es heutzutage diese Mediatheken gibt, da kann man dann seine Lieblingssendungen sehen, wann immer man Lust darauf hat und die Zeit dazu. Mein "Schlager-Spaß" ist dort auch zu finden. Das finde ich als älterer Schlagersänger und Zuschauer mit langjähriger Fernseherfahrung sehr gelungen. Als ich damals mit dem Zuschauen angefangen habe, gab es noch diese unglaublich spannenden Schwarz-Weiß-Geräte mit dem Zeichen "Sende-Ende".
Was sollten beide vielleicht wissen, was Sie selbst in diesem Alter auch gerne gewusst hätten?
Den beiden brauche ich nun wirklich keinen Rat mehr zu geben. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich bei Ihren Shows auch weiterhin so wohlfühlen dürfen wie ich, denn das spürt das Publikum. Als Gastgeber vom "Schlager-Spaß" brauche ich in jede Sendung einfach nur hereinzuschlüpfen, wie in einen Maßanzug, wir passen zusammen wie angegossen. Und den Zuschauern gefällt unser Programm. Wer bei uns einschaltet – und wir haben ein ausgesprochen treues Publikum – freut sich auf Schlager und Spaß und weiß, was er bekommt.
Wir haben sogar die Freiheit, Oldies und Evergreens vor die Kamera zu bitten, die dem jüngeren Publikum nicht so vertraut sind, weil sie es schon ruhiger angehen lassen: Und so, wie man sich auch privat freut, im vertrauten Kreis noch mal einen Abend mit lieben Bekannten zu verbringen, feiern und plaudern wir dann mit allen Generationen ganz gemütlich zusammen.
Sie sind seit mehr als 40 Jahren im Business. Und dennoch: Gibt es Momente, in denen Sie zweifeln? In denen der Druck der Veränderung in der deutschen Schlagerwelt Ihnen zu schaffen macht?
Wenn das so wäre, würde ich aufhören. Und ich muss ja auch nicht überall dabei sein. Mit den Jahren habe ich gelernt, auch mal "Nein, danke" zu sagen. Als Tanz- und Morgenmuffel gibt es Sendungen, die ganz einfach nicht meine Kragenweite sind und andere fühlen sich dort pudelwohl.
Haben Sie einen Leitgedanken bei Ihrer Arbeit?
Ich versuche, mit anderen so umzugehen, wie ich es auch für mich selbst wünsche: mit Respekt, Freundlichkeit und Rücksichtnahme. Wenn man gute Laune mitbringt und nicht den Miesepeter heraushängen lässt, dann bekommt man auch ein Lächeln und gute Worte zurück. Wenn mir mal was nicht gefällt, dann kann man das auch höflich sagen und muss Türen nicht so zuschlagen, dass sie nie mehr aufgehen. Und ich beteilige mich nicht an Befragungen von Pressekollegen, die Privatangelegenheiten durchleuchten möchten, weder zu meinen eigenen noch von denen anderer. Da gibt es für mich eine Grenze, die sollte jeder selbst bestimmen dürfen. Solange wir uns diese Freiheit gegenseitig zugestehen, haben wir alle Spaß und kommen gut miteinander aus.
Wir können das nämlich noch sehr gut: nichts tun.
Andy Borg
Wie schalten Sie privat ab?
Sobald ich daheim bin, schalte ich ab. Ich stelle die Koffer in den Flur und bin daheim. Das gelingt auch, weil meine Frau und unsere Familie uns auch gegenseitig dieses Gefühl geben, die Freiheit zu genießen. Zu tun gibt es in Haus und Garten und in meinem Studio natürlich genug. Aber wir nehmen uns die Auszeiten. Beim gemeinsamen Essen, bei einer Tasse Cappuccino, bei der Gartenarbeit und beim Rasenmähen. Da bin ich besonders entspannt. Wenn ich Rasen mähe, heißt das: Ich bin daheim, in meinem Garten, ich habe frei und gutes Wetter. Zwischendurch gönnen wir uns auch ein paar Tage Kurzurlaub: ab durch die Mitte auf der Straße nach Süden. Oder wir suchen uns eine schöne Insel, auf der es was zu entdecken gibt. Wir verbinden Strandurlaub gerne mit Städtereisen, um Land und Leute kennenzulernen.
Was machen Sie, wenn Sie einmal einen ganzen freien Tag nur für sich haben?
Ausschlafen und vielleicht gehen wir zum Essen in die Stadt, zu unserem Lieblingsitaliener oder Lieblingsgriechen, oder wir bleiben daheim und schauen den Schmetterlingen hinterher und schauen dem Gras beim Wachsen zu. Wir können das nämlich noch sehr gut: nichts tun. Und das Handy hat dann auch Pause.
Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht?
Ja, eben. Weil sie mich gefragt haben. Sonst nicht. Es macht gerade so viel Spaß, was ich alles erleben darf, da überleg ich mir eher manchmal, wer jetzt die Bereicherung ist, das Publikum für mich oder und ich für das Publikum.
Wie gelingt ein würdevoller Rückzug ohne Geschmäckle, wie es jüngst beispielsweise bei Thomas Gottschalk kritisiert wurde?
Das Rezept muss jeder für sich finden, dem einen fällt es leichter, dem anderen schwerer abzugehen. Wenn man den Job so liebt, dass er einem Lebensfreude gibt, hängt man den nicht so mir nichts, dir nichts an den Nagel. Dann hängt man dran und das Loslassen fällt schwerer.
Für Helene Fischer strich die ARD den ersten "Schlager-Spaß mit Andy Borg" 2024. Fans waren enttäuscht bis wütend. Wie geht es Ihnen damit?
Die Programmplanung ist eine ganz eigene Disziplin, bei der viele Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen – und eben auch die Sender innerhalb der ARD. Dass die Zuschauer sich so auf den "Schlager-Spaß" freuen, dass sie enttäuscht sind, wenn eine Sendung verlegt werden muss, ist ein schönes Kompliment. Das heißt, dass wir was richtig machen. Und für eine Dame mache ich, so haben mich meine Eltern noch erzogen, gerne den Platz frei.
- Interview mit Andy Borg
- andy-borg.de: Biografie: Das bin ich