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Nichts läuft wie geplant? So gehen Sie mit Enttäuschungen gelassener um


Nichts läuft wie geplant?
Wie Sie mit Enttäuschungen gelassener umgehen

Eine Kolumne von Ulrike Scheuermann

Aktualisiert am 29.11.2020Lesedauer: 4 Min.
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Gelassenheit: Der Schlüssel zu mehr Gelassenheit liegt im Sich-Verabschieden von zu hohen Erwartungen.Vergrößern des Bildes
Gelassenheit: Der Schlüssel zu mehr Gelassenheit liegt im Sich-Verabschieden von zu hohen Erwartungen. (Quelle: fizkes/getty-images-bilder)

Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie können uns sehr belasten. Ereignisse und Treffen, auf die wir uns gefreut haben, müssen verschoben werden oder sind zurzeit nicht möglich. Das führt zu Enttäuschung.

Wir hätten gerade vieles gerne anders: uneingeschränkte Bewegungsfreiheit wie früher, wieder ein Konzert genießen, die ganze Familie treffen, die Freunde in den Arm nehmen. Bis vor Kurzem dachten wir noch, dass Ende November wieder mehr Normalität in diesem Sinne möglich sein wird. Das scheint nicht so zu sein, denn die Zahlen gehen nicht runter. Eine große Hoffnung schwindet, Enttäuschung macht sich breit. Wie bleiben wir trotzdem psychisch stark und emotional gelassen?

Um Enttäuschungen besser zu verkraften, muss man zuerst verstehen, was in unserer Psyche abläuft, bevor es zu einer Enttäuschung kommt.

Die größten Enttäuschungen entstehen durch zu hohe Erwartungen

Enttäuschungen haben einen Vorlauf: Sie sind Folge der Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen, die vorher in unserer Vorstellung gewachsen sind. Aus einer enttäuschten Erwartung entstehen starke Emotionen: Ärger, Wut, Empörung. Frust, schlechte Laune, Bitterkeit. Traurigkeit, Resignation, Verzweiflung. Positive Stimmungen und Gefühle wie Freude, Vorfreude, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft geraten in den Hintergrund. Das wirkt sich auf die Stimmung im Alltag aus – und damit auf die Lebensqualität.

Auch das Verhalten kann sich verändern, wie man zurzeit beobachten kann: Immer mehr Menschen steigen aus dem Zusammenstehen als Gemeinschaft aus, mit dem Gedanken "Wir schaffen das gemeinsam". Sie schalten ab und verfolgen zum Beispiel nicht mehr die Nachrichten, machen ihr eigenes Ding, zum Beispiel immer nachlässiger mit Abstandsregeln und Maskentragen umzugehen.

Diese Folgen von Enttäuschung sind kein Automatismus, denn wir können viel dafür tun, um in positiver Stimmung zu bleiben und uns trotz ungünstiger Bedingungen unsere Lebensqualität und -freude zu erhalten. Ich nenne das "Innere Freiheit" – die emotionale Unabhängigkeit von äußeren Bedingungen.

Enttäuschungen vorbeugen: Pragmatischer Realismus statt unrealistischen Optimismus

Der Schlüssel zu mehr Gelassenheit liegt im Sich-Verabschieden von zu hohen Erwartungen. Wir hören häufig, man solle immer optimistisch bleiben. Das kann eine gute Strategie sein, aber nicht immer. Sie kann gerade zurzeit nach hinten losgehen, wenn man sich unrealistisch optimistischen Vorstellungen hingibt.

Wenn man sich der Vorstellung hingibt, man würde ab Dezember wieder unbeschwerte Weihnachtsfeiern abhalten können und komplett die Möglichkeit ausblendet, dass es nicht klappen könnte, würde es helfen, neben dieser Maximalvariante eine Minimalvariante mitzudenken: "Es wäre zwar schön, aber es kann auch sein, dass wir das auf die Feiern aufs Frühjahr oder sogar noch später verschieben müssen."

Wenn solch eine Minimalvariante Platz in der Vorstellung hat, bleibt der harte Schock aus. Positives Denken und uneingeschränkter Optimismus sind zurzeit also oft kontraproduktiv. Ebenso die Idee, man könne durch die Pandemie ohne negative Emotionen hindurchkommen.

Negative, auch schmerzhafte Emotionen zulassen – und dann verändern

Um sich die Minimalvariante vorzustellen – und bei bereits aufgetretenen Enttäuschungen – ist es wichtig, negative Emotionen erst einmal zuzulassen. Auch Frustration, Ärger, Traurigkeit dürfen sein. Man kann vor sich hinschimpfen, seinen Frust mit einer Freundin teilen, einem Freund am Telefon "etwas vorjammern". Das Mitteilen von Emotionen hilft, sich mit anderen zu verbinden und gut im Kontakt zu sein. Es tröstet und entlastet. "Geteiltes Leid ist halbes Leid" ist mehr als ein Spruch.

Wenn man eine schwierige Emotion zulässt, wird sie wieder abflauen. So hat man die Chance, durch Schwieriges hindurchzugehen, ohne gegen seine Emotionen anzukämpfen oder sie zu unterdrücken – was ungesund ist und dazu führen kann, dass man in einer negativen Stimmung chronisch festhängt, weil man sich in Bitterkeit oder Frust vertieft. Stattdessen kann man nach einer starken negativen Emotion wieder auftauchen – dann gelassener.

Nach dem Abflauen negativer Emotionen: Konstruktiv mit Enttäuschungen umgehen

Damit wird es möglich, eine konstruktive psychische Haltung einzunehmen. Hier sind drei Vorschläge.

  • Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Viele Ereignisse werden jetzt nur verschoben, können später oder in anderer Form stattfinden.
  • Im Kleinen realistisch planen, statt Großes unrealistisch zu erhoffen: Verabreden Sie sich mehrmals zum Telefonieren mit Freunden, Familie, Kollegen. Gehen Sie täglich raus, bei Wind und Wetter. Nehmen Sie sich jetzt Self-Care-Zeit, die Sie wahrscheinlich sonst nicht haben. Ziehen Sie ein Tagesresümee: Was war heute schön? Wofür bin ich dankbar?
  • Alternativen für den Moment finden: Fragen wie "Was passt gerade besser als das, was ich mir gewünscht habe?" oder "Was ist das Gute im Schwierigen?" helfen, pragmatisch und realistisch zu bleiben.

Wir lernen gerade sehr viel auf der psychischen Ebene

Ich weiß, dass solch eine "annehmende" Haltung herausfordernd ist, gerade wenn man psychisch erschöpft ist, wie es viele zurzeit sind. Speziell für die, die gerne planen und oft auch am besten auf die Minute genau planen müssen, ist es schwierig, umgeworfene Pläne mit der dazugehörigen Enttäuschung zu bewältigen. Deshalb lernen wir auch besonders viel im Moment: flexibel zu sein; Erwartungen zu relativieren; nehmen, was kommt – denn wir können es gerade nicht ändern.

Das alles bedeutet nicht, dass wir resignieren müssen, im Gegenteil. Auf einer emotional gelassenen und damit stabilen psychischen Basis können Sie Entscheidungen darüber, was Sie tun wollen, viel leichter und klarer treffen.

Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, ihr Leben mit modernsten Methoden der Psychologie innerlich frei und ohne Blockaden besser und gesünder zu gestalten. Ihre Self-Care- und Coaching-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin und online statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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