Corona-Experten alarmiert Wirken die Impfstoffe auch noch gegen die neue "Pirola"-Variante?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Weltweit wird die neue Corona-Variante "Pirola"mit Sorge beobachtet. Sie gilt als auffälligster Stamm seit "Omikron". Was bringen die Impfungen?
Bislang dominiert die Corona-Variante "Eris" noch das Infektionsgeschehen in Deutschland. Doch in einigen Ländern wurde bereits eine Mutante entdeckt, die Experten alarmiert: "Pirola", wissenschaftlicher Name BA.2.86, weist gegenüber den aktuell zirkulierenden Varianten über 30 Mutationen am Spike-Protein auf, mit dem das Virus in die menschlichen Zellen gelangt. Die Befürchtung: Damit könnte der aufgebaute Immunschutz durch Impfung und/ oder Infektion unterlaufen werden.
Der Direktor des Genetics Institute am University College London, François Balloux, bezeichnete "Pirola" als den "auffälligsten Covid-Stamm, den die Welt seit der Entstehung von 'Omikron' gesehen" habe. Die große Frage: Bei so vielen Mutationen – wirken da die Impfungen überhaupt noch?
Booster-Impfung ab 18. September
Ab dem 18. September wird das neue Biontech-Vakzin in Deutschland verimpft. Es ist zugeschnitten auf die Variante XBB.15, die im Frühjahr und Sommer das Infektionsgeschehen dominierte. Die aktuell kursierende Variante "Eris" unterscheidet sich nur durch zwei Mutationen am Spike-Protein.
In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) erklärte Biontech-Gründer Ugur Sahin jüngst: "Das Virus entwickelt sich ständig weiter. Bei neuen Varianten überprüfen wir mithilfe von Labortests, ob Immunantworten, die mit einer Impfstoffversion generiert werden, auch gegen verwandte Varianten schützen. Die Spike-Proteine von EG.5 und XBB.1.5 ähneln sich sehr. Ich glaube daher nicht, dass wir wegen EG.5 den Impfstoff anpassen müssen."
Bliebe EG.5 ("Eris") also weiter die dominierende Mutante, könnte der Impfstoff besonders wirksam sein. Anders könnte es aussehen, sollte sich "Pirola" durchsetzen. Die Impfstoffe könnten dann ihre Wirkung verlieren, so die Befürchtung.
Doch Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der TU München, gibt diesbezüglich allerdings Entwarnung: "Erste Studien deuten darauf hin, dass die Impfstoffe auch gegen diese Variante wirken. Wenn natürlich sicher nicht zu 100 Prozent." Auch die US-Gesundheitsbehörde CDC geht davon aus, dass der aktualisierte Impfstoff schwere Erkrankungen und Krankenhausaufenthalte auch bei BA.2.86 wirksam reduzieren wird.
Wer sich impfen lassen sollte
Die Ständige Impfkommission empfiehlt Menschen über 60 Jahren, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen und Menschen mit Vorerkrankungen alle zwölf Monate eine Booster-Impfung, vorzugsweise im Herbst. Die Empfehlung gilt auch für medizinisches und Pflegepersonal, das durch seine Arbeit ein erhöhtes Infektionsrisiko hat. Betroffene Personen sollten sich jetzt vor der Wintersaison impfen lassen.
"Apotheken können bis zum 12. September die Bestellungen für die Arztpraxen und für selbst benötigte Impfstoffe beim pharmazeutischen Großhandel aufgeben", erklärt der Apothekerverband Nordrhein. Ab dem 18. September ist er in den Arztpraxen verfügbar, ab diesem Zeitpunkt können also Impftermine gebucht werden. Allerdings warnt der Hausärzteverband vor einem enormen organisatorischen Aufwand, weil zunächst nur Sechser-Dosen ausgeliefert werden. Mehr dazu lesen Sie hier.
Übrigens: Eine Parallelimpfung mit dem diesjährigen Grippe-Vakzin ist möglich. Die Impfung wird denselben Risikogruppen empfohlen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- yalemedicine.org: "Will BA.2.86 ('Pirola'), the New Coronavirus Variant, Increase COVID-19 Cases?" (31.08.2023, englisch)
- The Guardian: "New Covid variant causing concern among scientists detected in London" (18.08.2023, englisch)
- CDC: "Update on SARS CoV-2 Variant BA.2.86 Being Tracked by CDC" (30.08.2023, englisch)
- Interview mit Ulrike Protzer
- Interview mit Ugur Sahin in der FAZ: ""Zulassungen neuer Krebsmittel von 2026 an möglich" (21.08.2023)