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Stefan Effenberg: DFB-Team hätte im WM-Finale nichts zu suchen gehabt


Spektakuläres WM-Finale
Das DFB-Team hätte da nichts zu suchen gehabt

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 19.12.2022Lesedauer: 5 Min.
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Joshua Kimmich: Die deutsche Nationalmannschaft kann mit der Qualität von Argentinien oder Frankreich nicht mithalten.Vergrößern des Bildes
Joshua Kimmich: Die deutsche Nationalmannschaft kann mit der Qualität von Argentinien oder Frankreich nicht mithalten. (Quelle: IMAGO/Matthias Koch)

Argentinien gegen Frankreich war Messis Krönung und das beste WM-Endspiel jemals. Es führt auch der DFB-Elf vor Augen, wie weit sie von der Weltspitze entfernt ist.

Was für ein Duell haben uns Argentinien und Frankreich da geliefert – für mich das beste WM-Endspiel aller Zeiten! Dieser Spielverlauf, diese Dramatik und diese Spannung – damit gehört es für mich ganz klar auf Platz eins. Beide Mannschaften hatten mehrere Chancen, das Spiel für sich zu entscheiden. Frankreich ist zweimal auf beeindruckende Art und Weise zurückgekommen. Es gab spektakuläre Tore und mit Lionel Messi und Kylian Mbappé zwei absolute Ausnahmespieler. Mehr geht doch gar nicht.

Ein spektakuläres und würdiges Finale mit zwei Mannschaften, die es verdient hatten, dort zu stehen. Es endete mit dem krönenden Abschluss für einen ganz, ganz großen Spieler, der sich das verdient und gewünscht hat: Lionel Messi. Nicht nur für sich, sondern für das ganze Land ist damit ein Riesentraum in Erfüllung gegangen.

2014 stand Messi schon einmal im WM-Finale und musste sich damals in Brasilien noch der deutschen Nationalelf geschlagen geben. Umso höher ist jetzt dieser Triumph im Endspiel einzuordnen. In einem mit 35 Jahren doch extrem hohen Fußballer-Alter so noch einmal zurückzukommen, ist schon beeindruckend. Er war bei diesem Turnier wieder permanent der Gejagte, den gleich mehrere Gegenspieler ausschalten wollten. Aber sie haben es nicht geschafft.

Es gibt keinen Besseren als Messi

Und da zeigt sich eben diese absolute Genialität dieses Spielers. Er hat diesem Druck immer standgehalten und die entscheidenden Tore und Vorlagen geliefert. Das ist außergewöhnlich. In dieser Spieler-Generation gibt es keinen Besseren als Messi, das muss man ganz klar so sagen.

Wenn es um die Diskussion des Größten aller Zeiten geht, hatte jede Ära außergewöhnliche Spieler. Pelé, Diego Maradona, Johann Cruyff, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller haben den Fußball über mindestens ein Jahrzehnt geprägt. Und mit diesem Tag und diesem WM-Titel gehört Messi jetzt zum Kreis der Allergrößten überhaupt.

Natürlich kommt jetzt die Frage nach dem Vergleich mit Maradona auf. Der war auf seine Weise genial, kam damals aber aus anderen Verhältnissen, hat das Fußballspielen in Argentinien gelernt. Messi ist schon mit 14 Jahren in die Nachwuchsakademie des FC Barcelona gekommen. Seine Geschichte ist eine andere, aber beide haben Außergewöhnliches geleistet.

Dass Messi es jetzt geschafft hat, seine Karriere mit dem WM-Titel zu krönen, gönnt ihm doch jeder – ob man Argentinien-Fan ist oder nicht. Eine Lebensleistung.

Messi punktet im ewigen Duell mit Ronaldo

Auch im ewigen Vergleich mit Cristiano Ronaldo hat er dem jetzt den WM-Triumph voraus. Wir dürfen Messis Triumph bei der Copa América nicht vergessen, Ronaldo ist mit Portugal auch Europameister geworden. Jeder der beiden hat den Fußball auf seine Weise verändert und geprägt. Aber der WM-Titel steht über allem. Der wird für immer und ewig bleiben.

Ronaldos Abgang wird dagegen langsam etwas seltsam. Nicht nur bei Manchester United, sondern nun auch in der Nationalmannschaft. Momentan ist er ja sogar immer noch vereinslos. Das sind auch Geschichten, die hängenbleiben.

Sein Erbe steht schon bereit

Mit Mbappé steht Messis Erbe schon bereit. Er ist schon vor vier Jahren im Alter von 19 Weltmeister geworden und war jetzt wieder knapp dran. Er hat die Zukunft noch vor sich und wird noch bei mindestens drei Weltmeisterschaften die Möglichkeit bekommen, den Titelgewinn zu wiederholen. Mbappé wird den Fußball im nächsten Jahrzehnt entscheidend prägen.

So bitter die Niederlage jetzt auch ist – er schoss drei Tore, traf im Elfmeterschießen und ging trotzdem als Verlierer vom Platz. Aber so etwas gehört dazu, um noch mal größer zurückzukommen. Er wird der nächste ganz große Superstar, wenn er es nicht jetzt schon ist. Mbappé steht bereits bei 12 WM-Treffern und ist damit auf dem besten Weg, die Bestmarke des WM-Rekordtorschützen Miroslav Klose, der 16 Treffer erzielt hat, zu übertreffen.

Besonders sein zweiter verwandelter Strafstoß kurz vor dem Ende der Verlängerung hat mich beeindruckt. Da die Nerven zu behalten und noch mal zum 3:3 auszugleichen – das zeichnet große Spieler aus, genau in diesen Situationen die Verantwortung zu übernehmen. Er hat sich gestellt und das Ding reingemacht. Und auch damit gezeigt, dass er eigentlich schon jetzt in die Riege der Allergrößten gehört. Er muss jetzt nur weiter dieses Level halten und vielleicht noch den einen oder anderen Titel holen. Der Champions-League-Titel fehlt ihm ja zum Beispiel noch.

Argentinien und Frankreich überzeugen als Kollektiv

Messi und Mbappé haben das WM-Finale zu 100 Prozent geprägt und waren die beiden Hauptfiguren. Aber ohne diese extrem starke Aufopferung der Argentinier, die alles gegeben haben, mit anzugreifen, aber auch das Tor zu verteidigen, mit allem was sie haben, wäre Messi nicht Weltmeister geworden.

Es hat Argentinien allgemein ausgezeichnet, dass sie nicht nur spektakulär Fußball spielen, sondern auch mal schmutzig verteidigen können. Argentinien und Frankreich waren nicht die beiden Mannschaften, die von Anfang an Spektakel gezeigt haben. Stattdessen haben sie es wirklich geschafft, im Kollektiv zu funktionieren.

Was man auch nicht vergessen darf, ist das Spiel um Platz drei. Auch dort standen sich nämlich zwei große Mannschaften gegenüber, die das absolut verdient hatten.

Da hatte die deutsche Nationalelf nichts zu suchen

Marokko war zwar die Überraschungsmannschaft, hat aber trotzdem ein tolles Turnier gespielt. Und auch Kroatien hat eine große Geschichte geschrieben: Vor vier Jahren waren sie Vizeweltmeister. Diesen Erfolg haben sie mit Platz drei jetzt noch mal bestätigt. Für ein so kleines Fußballland ist das ein großartiges und außergewöhnliches Ergebnis.

Wenn wir in Deutschland wissen wollen, was wir in Zukunft besser machen müssen, müssen wir uns eigentlich nur die Spiele ab dem Halbfinale anschauen. Dabei hat man gesehen, dass es nur im Kollektiv geht, wenn man zusammen angreift und verteidigt. Das war im Endeffekt der entscheidende Schlüssel für die besten vier Teams.

Da wurde Fußball gearbeitet. Da muss sich die deutsche Nationalmannschaft eine ganz große Scheibe von abschneiden, denn genau das haben wir nicht hinbekommen. Es wurde allen vor Augen geführt, wie man große Spiele gewinnen kann. Da geht es vor allem auch darum, das Tor zu verteidigen – und zwar mit allem, was du hast.

Die deutsche Nationalelf hätte in den Halbfinals und erst recht im Endspiel einfach nichts zu suchen gehabt. Da kann man sich die vielen Torchancen noch so schönreden. Wir haben viel zu viele und zu einfache Gegentore bekommen. Momentan sind wir weit entfernt von der Weltspitze. Diese Dinge müssen jetzt in den nächsten 18 Monaten bis zur Heim-EM aufgearbeitet werden.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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