Apple-Tablet 10. Generation im Test Neues iPad: Upgrade in die Premiumklasse
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Apple hat sein Basis-iPad in vielen Punkten verbessert. Rechtfertigt das auch den deutlichen Aufpreis? Wir haben die beiden Neuvorstellungen getestet.
Als Apple in der vergangenen Woche zwei neue iPad-Modelle per Pressemitteilung vorstellte, ganz ohne zugehöriges Event, erwartete die Tech-Welt eigentlich nur etwas Modellpflege. Im Fall des neuen iPad Pro ist das auch der Fall: Hier hat Apple lediglich den M1-Chip gegen den aktuellen M2-Chip ausgetauscht, äußerlich blieb das Gerät unverändert.
Beim Basismodell war das erfreulicherweise anders: Erstmals seit der Vorstellung des Ur-iPads vor über 10 Jahren wagte Apple auch bei seinem günstigsten Gerät einen grundsätzlichen Designwechsel hin zu der kantigen Formsprache, in der bereits die übrigen Modelle auftreten. In der Vergangenheit waren bei neuen Modellen zwar immer mal wieder die Displayrahmen an den Seiten verkleinert worden.
Das grundsätzliche Design mit dickerem Rahmenbalken oben und unten sowie einem Home-Knopf auf der Unterseite blieb bis zur neunten Gerätegeneration im vergangenen Jahr jedoch unangetastet. Damit wirkte das iPad schon seit einigen Jahren im Vergleich zu anderen Tablets etwas aus der Zeit gefallen. Jetzt also ist es erstmals nicht nur in mehreren Farben erhältlich (Silber, Pink, Blau und Gelb), sondern wirkt auch wieder recht zeitgemäß.
Doch die Änderungen sind nicht nur kosmetischer Natur: Ein USB-C-Anschluss, eine für Videotelefonie optimierte Kameraposition, ein besserer Chip, bessere Rückkamera, Wifi6 und auch neues Zubehör machen das iPad endlich in allen Belangen wieder zeitgemäß. Allerdings schlägt sich das auch im Preis nieder.
579 Euro kostet das günstigste Gerät mit 64 GB Speicher. Mit 5G-Modul kostet es noch einmal 200 Euro mehr. Auch das Upgrade auf 256 GB Speicher kostet 200 Euro – für 5G und 256 GB Speicher liegt der Preis entsprechend bei 979 Euro. All das wirkt sich auch auf das Gefüge in der gesamten iPad-Modellreihe aus – dazu später mehr.
Im Alltag bereitet das neue iPad viel Spaß
Vergleicht man das iPad der neunten und das aktuelle Gerät der zehnten Generation, so ist der Unterschied an vielen Stellen eklatant: Wie auch beim iPad Mini und iPad Air sitzt der Fingerabdruckscanner nun an der Seite des Geräts in der Powertaste und ist dort sowohl im Hochkant - als auch im Querformat angenehmer zu erreichen.
Das neue Display ist zwar noch immer nicht mit dem Deckglas laminiert, was etwa bei der Bedienung mit dem Apple-Pencil je nach Perspektive für einen kleinen Versatz sorgt. Doch das etwas breitere Format und die abgerundeten Ecken fühlen sich im Alltag moderner an – das auf dem Gerät bereits installierte iOS 16 stellt die Inhalte bei manchen Apple-Apps auch etwas vorteilhafter dimensioniert dar.
Die meisten Anwender werden das iPad auch für Videotelefonate im Querformat nutzen – was meist die typische Ausrichtung bei Nutzung mit Ständer oder Tastatur ist. Hier ist die neue Position der ansonsten unveränderten Selfiekamera ein wahrer Segen.
Sie sitzt im Querformat jetzt oben mittig im Rand statt wie zuvor mittig im oberen Bildschirmrand (im Hochformat). Vorher führte das im Querformat dazu, dass man scheinbar am Gesprächspartner vorbeischaute. Jetzt wirkt es insgesamt etwas natürlicher. Bislang ist es übrigens das erste iPad, bei dem diese sinnvolle Anpassung vorgenommen wurde.
Damit wird auch der Folgemodus – die Ultraweitwinkelkamera nutzt ihr großes Sichtfeld, um digital an den Sprechenden heranzuzoomen und diesem automatisch bei Bewegungen zu folgen – gleich noch etwas besser.
Die neue Tastaturhülle wurde wesentlich verbessert
Ein echtes Upgrade erhielt auch Apples Tastaturhülle: Wer bislang Apples Smart Keyboard (199 Euro) für sein iPad genutzt hat, wird das neue Magic Keyboard Folio (299 Euro) als erhebliche Verbesserung erleben.
Die neue Tastaturhülle ist nun zweiteilig: Eine neue, echte Tastatur, die magnetisch am Smart Connector an der Seite des Geräts angebracht wird, sowie eine stabile Rückenplatte mit einem ausklappbaren Ständer, die ebenfalls magnetisch hält.
Das bietet in der Nutzung im Alltag gleich mehrere Vorteile: Braucht man die Tastatur nicht, sondern nur den Ständer, nimmt man Erstere einfach ab – da beide Teile jeweils gut 300 Gramm wiegen, bietet das eine spürbare Gewichtsersparnis. Gleichzeitig lässt sich der Ständer verstellen, sodass der Aufstellwinkel des iPads zwischen fast aufrecht und fast 45 Grad frei eingestellt werden kann.
Die alte Tastatur bot hier nur einen Winkel – und hielt das Tablet überdies weniger stabil in der Position. Ein zweiter echter Vorteil: Vorher waren Tastatur und Ständer ein zusammenhängendes Teil – wer unterwegs etwas auf dem Schoß tippen wollte, brachte das Tablet selbst dabei stark zum Wackeln.
Die neue Lösung lässt sich nicht nur stabiler auf dem Schoß balancieren, sondern sorgt auch für deutlich weniger Display-Geschaukel beim Tippen. Die Tasten sind vom exzellenten Magic Keyboard des iPad Pro entliehen und bieten ein ausgezeichnetes Tippgefühl, ein ebenfalls großer Vorteil gegenüber der Tastatur für den Vorgänger. Zudem gibt es nun auch ein Touchpad, das vorher gänzlich fehlte.
Übrigens gänzlich neu ist auch die Reihe der Funktionstasten: Ähnlich wie beim Mac kann man hier direkt die Bildschirmhelligkeit oder die Lautstärke einstellen, Musik steuern oder das Gerät direkt in den "Nicht stören"-Modus versetzen.
Eine willkommene Ergänzung. Innerhalb der Apple-Preisgestaltung sind die 100 Euro Aufpreis gegenüber der Vorgänger-Tastatur also durchaus gerechtfertigt. Insgesamt gesehen ist der Preis aber hoch – insbesondere für ein Einsteigergerät. Hier haben Käufer jedoch auch zahlreiche günstigere Alternativen von Drittherstellern.
Das iPad birgt jedoch auch eine Apple-untypische Besonderheit
Wer das iPad für Fotos nutzt, bekommt mit der neuen 12-MP-Kamera auf der Rückseite eine deutliche Qualitätsverbesserung der Bilder. Anteil daran hat auch Apples Smart HDR 3, was oft einen großen Unterschied macht. Wer wirklich fotografieren möchte, sollte aber dennoch eher in Richtung iPhones schauen. Für gelegentliche Schnappschüsse taugt die Kamera aber durchaus.
In Sachen Verbindungen ist das neue iPad mit Wifi6-Unterstützung, optionalem 5G-Modem und Bluetooth 5.2 ebenfalls zeitgemäß ausgerüstet und damit endlich auch für die kommenden Jahre wieder gut aufgestellt. Gleiches gilt für den USB-C-Anschluss. Allerdings führt eben dieses Stecker-Upgrade zu einer Apple-untypischen Besonderheit.
Denn auch das neue iPad wird nur den Apple Pencil der ersten Generation unterstützen. Während der neuere Apple-Stift sich magnetisch an die Seite von iPad Pro, iPad Air und iPad Mini heftet und dort per Induktion geladen wird, muss der alte Stift zum Laden in ein Gerät eingesteckt werden. Am Ende des Pencils verbirgt sich unter der magnetisch gesicherten Kappe ein Lightning-Stecker, also Apples bisheriges Steckerformat.
Bislang wurde der Stift direkt in die Ladebuchse des iPads gesteckt und dort aufgeladen. Das klappt mit dem neuen USB-C-Anschluss nicht mehr, ein entsprechend erneuerter Stift mit USB-C-Stecker soll jedoch auch nicht kommen. Deshalb liegt dem Apple Pencil der ersten Generation ab sofort ein USB-C auf Lightning-Adapter bei.
Nutzer stecken das USB-C-Ladekabel ins iPad, ans andere Ende den Adapter und daran dann den Apple Pencil. An dieser Stelle sei übrigens erwähnt: Die Ladekabel von neuem iPad Pro und iPad sind beide nun mit einem Textilmantel versehen.
Diese Behelfslösung wirkt einigermaßen Apple-untypisch – und führt dazu, dass Stift-Nutzer auch stets an Kabel und Adapter denken müssen. Immerhin – der gefährlich aus dem Gerät ragende Stift und die damit verbundene Angst, das Gerät durch Unachtsamkeit früher oder später abzubrechen, gehören damit der Vergangenheit an.
Wer bereits einen Apple Pencil der ersten Generation besitzt, kann den Adapter für 10 Euro bei Apple kaufen.
Neues iPad Pro mit M2 und kleineren Änderungen
Über das neue iPad Pro gibt es im direkten Vergleich deutlich weniger zu sagen. Hier wurde lediglich der M1-Chip durch den neuen M2-Chip ersetzt. Neben erhöhter Leistung – vor allem für den Videobereich – bringt das auch ein paar weitere Verbesserungen mit sich: Etwa erstmals die Unterstützung für Wifi 6E (nutzt auch das 6-GHz-Band und ist deshalb noch etwas leistungsfähiger – bislang gibt es aber kaum kompatible Router).
Die andere spannende Neuerung ist ein Upgrade für den Apple Pencil: Der wird nun schon vom iPad registriert, wenn er noch knapp zwei Zentimeter von der Display-Oberfläche entfernt ist – was einige spannende Nutzungsoptionen erlaubt.
Hier müssen die Hersteller allerdings erst ihre Apps per Update kompatibel machen. Ältere Geräte lernen diesen Trick leider nicht: Die Funktion wird zwar von allen Apple Pencils der zweiten Generation unterstützt, benötigt aber zwingend den M2-Chip.
Ansonsten gilt für das von uns getestete 12,9-Zoll-Modell noch immer, was auch schon den Vorgänger mit M1-Chip betraf (lesen Sie hier unseren Test): Ein sehr leistungsfähiges Tablet mit außergewöhnlich gutem Bildschirm, da Apple hier Tausende Micro-LEDs verbaut. Einen separaten Test des neuen iPad Pro mit M2 reichen wir nach.
Ein rundum verbessertes Gerät – mit einer neuen Zielgruppe
Um es kurz zu machen: Das neue iPad ist ein rundum verbessertes iPad – ein Upgrade, wie man es sich für ein Einstiegsgerät eigentlich nur wünschen kann. Allerdings liegt es mit einem Preis von 579 Euro jetzt auch in einem anderen Preissegment.
Ein wenig erinnert die Vorstellung des neuen iPads an die des neuen MacBook Air im Sommer: Auch das iPad Air war bis dahin im Design etwas angegraut, bei einem Straßenpreis von rund 1000 Euro mit dem M1-Chip ein Preis-Leistungs-Knüller. Das neue MacBook Air war eine umfassende Verbesserung, samt tollem Redesign, war jedoch auch entsprechend kostspieliger und rückte wieder mehr ins Premiumsegment.
Das iPad kostet zusammen mit dem – wirklich gelungenen – neuen Magic Keyboard Folio fast 900 Euro. Ein günstiges Einstiegsgerät ist das nicht mehr. Dem hat Apple allerdings Rechnung getragen: Das iPad der neunten Generation ist weiterhin erhältlich – und kostet jetzt 429 Euro und damit 50 Euro mehr.
Den Preissprung der beiden Geräte im Vergleich zum Vorgänger muss man aber im Gesamtkontext der Preise sehen. Wie bereits bei den neuen iPhones hat Apple die Startpreise auch bei den iPads durch die Bank angehoben. Beim iPhone 14 erklärte Apple explizit, dass man damit den Verlust durch den im Wechselkurs schwachen Euro ausgleichen wolle. Entsprechend dürfte dies auch für die neuen iPad-Preise gelten.
Aktuell staffeln sich die Preise von 429 Euro für das alte und 579 Euro für das neue iPad über 649 Euro für das iPad Mini, 769 Euro für das iPad Air, 1049 Euro für das neue 11-Zoll-iPad-Pro und 1449 Euro für das neue iPad Pro mit 12,9-Zoll Displaydiagonale und Mini-LED-Display.
Aktuell bleibt das günstigste iPad noch erhalten. Künftig dürfte aber das neue iPad den Einstieg in Apples Tablet-Welt markieren – das gesamte Sortiment verschiebt sich damit deutlich in Richtung Premium-Markt, ein preisgünstiger Einstieg entfällt damit.
Fraglich ist, ob das so bleibt – denn damit dürfte das iPad für Bildungsinstitutionen, wo Apples Tablet bislang breit genutzt wird, deutlich uninteressanter werden. Denkbar wäre aber, dass Apple es künftig ähnlich wie beim iPhone macht – und eine preiswerte, ältere Version einfach als iPad SE vermarktet.
Ein kleines Manko bleibt das etwas umständliche Handling des Apple Pencils. Abgesehen davon ist das neue iPad ein sehr rundes und leistungsfähiges Gerät mit dem Apple-typischen Premium-Preisaufschlag.
- Eigener Test