Das steckt hinter dem Nussknacker-Syndrom Menstruationsbeschwerden? Die Niere kann schuld sein
Menstruationsschmerzen bei Frauen sind häufig. Dass oftmals das sogenannte Nussknacker-Syndrom hinter den Beschwerden im Becken- und Rückenbereich steckt, wissen die meisten nicht. Selbst Ärzte erkennen die eingeklemmte Nierenvene nicht immer.
Vom Nussknacker-Syndrom sprechen Mediziner dann, wenn die linke Nierenvene zwischen Darmader und Hauptschlagader (Aorta) eingeklemmt ist. Das so behinderte Blut sucht sich Umgehungskreisläufe und löst dabei häufig Stauungen in den Beckenorganen aus. Es kann zu Funktionsstörungen, Harndrang, schmerzhafter Stuhlentleerung mit Hämorriden, Unterleibsschmerzen, Rückenschmerzen, Bauchschmerzen, Gebärmutterschmerzen sowie Migräne kommen.
Nussknacker-Syndrom oft mit Menstruationsbeschwerden verwechselt
Bei Männern sind zudem Prostatabeschwerden und Hodenschmerzen möglich. Weitere Hinweise, die bei beiden Geschlechtern auf das Nussknacker-Syndrom hinweisen, sind Blut sowie Eiweiß im Urin. In 95 Prozent der Fälle sind allerdings Frauen betroffen. Meist treten die Beschwerden zu Beginn der Pubertät auf, wenn das Becken beginnt zu wachsen. Aus diesem Grund wird das Nussknacker-Syndrom häufig mit Menstruationsbeschwerden verwechselt.
Aufrechter Gang klemmt Nierenvene ein
Das Nussknacker-Syndrom ist ein häufiges Gefäßkompressionsphänomen und tritt oft im Zusammenhang mit weiteren Gefäß- und Darmkompressionen auf. Dabei handelt es sich um eine anatomische Gegebenheit, die durch den aufrechten Gang bedingt ist.
"Dadurch kippt das Becken der Frau nach vorne und die dabei entstehende Krümmung der Lendenwirbelsäule kann die linke Nierenvene einklemmen", erklärt Professor Thomas Scholbach, der in Leipzig eine Praxis für funktionelle Ultraschalldiagnostik bei Kindern und Erwachsenen führt. "Ein häufiger Umgehungskreislauf des Blutes geht über die linke Eierstockvene. Diese nimmt im Gegensatz zum Normalzustand Blut aus der gestauten linken Nierenvene auf und leitet dieses Blut rückwärts gerichtet über den linken Eierstock in die Beckenvenen links, oder, da hier der Abfluss ebenfalls behindert sein kann, über die Gebärmutter auf die rechte Seite der unteren Hohlvene zu."
Schmerzen über dem linken Eierstock nachgehen
Laut dem Experten ist es selbst für Ärzte oft schwer, das Nussknacker-Syndrom als Auslöser der Beschwerden zu diagnostizieren. Oftmals wird es aufgrund seiner Häufigkeit als normale anatomische Begebenheit betrachtet. Außerdem ist die eingeklemmte Vene über Ultraschall nicht so einfach zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Frauen das Beschwerdebild oft für Menstruationsprobleme halten.
Frauen, die vor allem kurz vor und zu Beginn ihrer Periode starke Schmerzen vor allem über dem linken Eierstock haben, sollten sich laut Scholbach gezielt auf das Nussknacker-Syndrom untersuchen lassen. "Es ist von einer enormen Dunkelziffer auszugehen. Doch nicht alle, bei denen die linke Nierenvene eingeklemmt ist, haben Beschwerden. Viele Frauen merken von den geweiteten Blutgefäßen nichts, wenn die Umgehungskreisläufe in der Lage sind, das Blut aus der linken Niere problemlos zu übernehmen."
Erhöhtes Thromboserisiko durch Nussknacker-Syndrom
Wer Probleme hat, sollte der Ursache allerdings auf den Grund gehen. Denn laut dem Mediziner kann ein unerkanntes Nussknacker-Syndrom in seltenen Fällen auch zu ernsteren Beschwerden führen: Die gestauten Venen können sich entzünden, Venen im Rückenmarkkanal können sich erweitern und so Druck auf das Hirnwasser ausüben. Auch das Thromboserisiko steigt. Außerdem ist der ständig erhöhte Blutdruck für die Venen eine Dauerbelastung. Krampfadern können im Becken, im Genitalbereich und an den Beinen – vor allem links – entstehen.
Das hilft gegen das Nussknacker-Syndrom
Doch was hilft gegen die Beschwerden? Blutverdünnende und entzündungshemmende Medikamente kommen bei der Therapie ebenso zum Einsatz wie schmerzstillende Präparate. Des Weiteren können Stents, also kleine implantierte Gefäßstützen, den Engpass in der Nierenvene beseitigen. Wird durch diese Maßnahmen keine Linderung erreicht, kann eine Operation ein nächster Schritt sein.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.