EX30 im t-online-Test Zu diesen Fahrern passt Volvos Einstiegs-SUV
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kompakt-SUV unter Strom: Mit dem EX30 will Volvo neue, jüngere Käufergruppen erobern. Das könnte gelingen – wenn die Kunden gewisse Eigenheiten akzeptieren.
Volvo hat wieder einen Kompakten. 12 Jahre nach dem Produktionsende des C30 tritt der EX30 indirekt in seine Fußstapfen – elektrisch und als SUV. Vor allem auf die Zielgruppe der unter 30-Jährigen hat es Volvo abgesehen. t-online hat ihn getestet – und fand viel Gutes, aber auch gewöhnungsbedürftige Seiten am kleinsten SUV der Marke, das besondere Tipps gegen Kälte im Auto auf Lager hatte.
Außen
Mit 4,23 Metern Länge ist der EX30 sogar zwei Zentimeter kürzer als der C30 damals – und im Vergleich zum Konkurrenten Peugeot E-2008 sogar acht Zentimeter kürzer. Am auffälligsten sind die glatte Frontpartie mit den Volvo-typischen Scheinwerfern im "Thors-Hammer-Design", dem nur angedeuteten Diagonalbalken hinter dem Markenlogo sowie das sehr steile Heck mit Lichtleisten in der C-Säule, die an ältere Modelle aus der Unternehmensgeschichte erinnern.
Mit seinem eigenständigen Design verbirgt der EX30 geschickt, dass er sich die technische Basis mit dem Smart #1 und dem Zeekr X teilt – beide stammen wie Volvo aus dem chinesischen Geely-Konzern. Gebaut wird der EX30 aktuell in China – ab 2025 soll er auch im belgischen Werk in Gent vom Band laufen
Innen
Im Innenraum geht es vor allem reduziert zu – was grundsätzlich erst mal nicht schlecht ist. Das Design ist minimalistisch gehalten, die Materialauswahl ist in Ordnung: Volvo schmückt sich damit, dass viele Recyclingmaterialien wie alte PET-Flaschen oder Fischernetze zum Einsatz kommen. Unterschiedlich gemaserte und gemusterte Kunststoffe sind je nach Ausstattung im Einsatz. Das kaschiert, dass fast alles aus Hartplastik ist: Das bemerkt man vor allem, wenn man die Flächen anfasst. Verarbeitet ist das Ganze auf alle Fälle gut, und Details wie die soliden Türöffner und die schwebend anmutenden Armablagen in den Türen sorgen für etwas Flair. Statt Lautsprechern in den vorderen Türen gibt es eine breite Soundbar auf dem Armaturenträger – das erinnert an ein Wohnzimmer.
Dazu kommen zahlreiche Ablagen. Ungewöhnlich: Das Handschuhfach ist nicht auf der Seite des Beifahrers, sondern klappt per Druck auf einen Button auf dem Zentraldisplay in der Mitte nach unten. Dazu gibt es eine Mittelarmlehne mit Platz für zwei Becher und darunter ein Ablagefach, dessen Einsatz man herausnehmen kann – praktisch zum Reinigen.
Bedienbarkeit
Deutlich mehr Anlass zur Diskussion gibt das Bedienkonzept. Instrumente hinter dem Lenkrad gibt es nicht, ebenso verzichtet Volvo auf viele Schalter – Tesla lässt grüßen. Das kann man als modern interpretieren, oder aber als Zeichen von hohem Kostendruck. In der Praxis bedeutet das: Fast alle Funktionen werden über den zentralen, 12,3 Zoll großen (oder kleinen?) Bildschirm im Hochformat gesteuert. Wer sich neu im EX30 orientiert, sucht zunächst die Verstellung der Außenspiegel und andere Funktionen im Untermenü. Glücklicherweise werden solche Dinge im persönlichen Fahrerprofil gespeichert und automatisch wieder eingestellt, wenn die jeweilige Person einsteigt.
Noch gewöhnungsbedürftiger ist, wenn man während der Fahrt einen Blick auf den Tacho werfen will: Dann muss den Blick von der Straße nach schräg rechts unten fallen – einmal zu lang geschaut, schon erinnert ein dezentes "Ping" daran“, die Augen auf die Straße zu nehmen – die moderne Assistenztechnik hat alles im Blick. Ein Head-up-Display, das die Informationen auf die Windschutzscheibe projiziert, gibt es auch gegen Aufpreis nicht. Dafür ist das Display weitgehend intuitiv aufgeteilt: Oben die wichtigen Informationen wie Geschwindigkeit oder aktuelle Tempolimits, in der Mitte die Navi-Karte, unten andere Funktionen wie benötigte Schaltflächen oder die Klimasteuerung.
Natürlich könnte man einige Dinge auch per Sprachbefehl eingeben: Im Test funktionierte die Sprachsteuerung auf Google-Basis nicht richtig – die Presseabteilung von Volvo begründete dies mit einem Fehler bei Google, der aktuell alle Volvo-Modelle betreffe.
Das führte auch zu absurden Situationen: Während Fahrzeuge anderer Hersteller auf den Sprachbefehl "Mir ist kalt" die Heizung höher drehen oder die Sitzheizung aktivieren, flötete die Google-Stimme im EX30: "Erkälte dich bitte nicht. Zwiebellook könnte dir dabei helfen."
Im zweiten Versuch machte sie sogar eine Art Liebeserklärung: "Egal, wie kalt es ist: Mir wird warm, wenn ich an unsere Freundschaft denke."
Hm. Nett gemeint, hilft aber nicht dagegen, dass man am Ende doch wieder die Temperatur über die recht kleinen Schaltflächen händisch regeln muss und dabei öfter mit dem Finger verrutscht. Denn auch die Bitte, die Temperatur auf 23 Grad zu erhöhen, wurde nur mit einem "Ich habe dich leider nicht verstanden" quittiert. Daher: Das Display besser nur im Stillstand benutzen.
Vieles im EX30 ist darauf angelegt, dass die Sensoren des Autos alles regeln: Bei Dunkelheit geht das Licht an, bei Regen die Scheibenwischer. Wer allerdings händisch etwas einstellen will, muss umständlich in die Untermenüs tauchen.
Zumindest hat Volvo einen Lenkstockhebel für Blinker, Fernlicht, Scheibenwaschanlage und Scheibenwischerintervall links sowie rechts einen für die Gangwahl angebracht. Auf dem Lenkrad gibt es Tasten, um beispielsweise Lautstärke oder Abstandsregeltempomat zu bedienen. Und einen Knopf, der sich mit einer Funktion nach Wahl belegen lässt – beispielsweise, um die penetrant klingelnde Geschwindigkeitswarnung beim Überschreiten des erlaubten Tempos schon ab 1 km/h schnell abzustellen.
Platzangebot
Vorne lassen sich die Sitze auch für große Fahrer gut einstellen, haben jedoch eine recht kurze Beinauflage. Hinten geht es eher eng zu: Wenn vorne ein Fahrer mit 1,86 Metern Platz nimmt, bleiben für den Passagier dahinter nur wenige Zentimeter, um die Beine unterzubekommen. Hinten fällt übrigens eine weitere Eigenheit des EX30 auf: Die Schalter für die elektrischen Fensterheber sind nicht etwa in den Türtafeln, sondern in der Mittelkonsole untergebracht – auch vorne.
In den Kofferraum passen 318 Liter, davon 61 in einem Unterbodenfach. Legt man sie Sitzbank flach, ergeben sich 904 Liter. Nette Idee: Neben den Kofferraumangaben für Länge, Breite und Höhe gibt es auf der Innenseite der Heckklappe auch eine Ladeanleitung, die mit genauen Maßangaben eine Idee davon gibt, was alles in das kleine SUV passt.
Enttäuschend hingegen der sieben Liter große sogenannte Frunk unter der Motorhaube: Auf Werbefotos passt hier ein Ladekabel unter die leider nicht arretierbare Plastikklappe. Auf der Testfahrt war das Kabel zu dick und sperrig.
Motor und Technik
Den EX30 gibt es mit zwei verschiedenen Motoren: Erstens als Single-Motor-Variante mit Heckmotor und 200 kW/272 PS und entweder einem 51 oder 69 kWh (Extended Range) fassenden Akku, der Reichweiten von entweder 344 oder aber 472 bis 476 Kilometer ermöglicht. Zweitens als Allradvariante, bei der zusätzlich noch ein 115 kW/156 starker E-Motor an der Vorderachse für Antrieb sorgt und die dank des ebenfalls 69 kWh großen Akkus bis zu 450 Kilometer weit kommt. Mit dieser Kombination sind also 315 kW (428 PS) drin – und Sprints in rasanten 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Eines haben alle Modelle gemeinsam: Bei 180 km/h ist Schluss. Mehr wäre aus Verbrauchsgründen auch unvernünftig – dass Volvo betont, es sei auch eine selbst auferlegte Begrenzung aus Sicherheitsgründen, ist da eigentlich nur Formsache.
Neue Namen bei Volvo
Volvo vereinheitlicht die Benennung seiner Elektromodelle. Alle E-Autos-Bezeichnungen starten demnach künftig mit einem "E". Darauf folgt bei Bedarf ein weiterer Buchstabe, aus dem die Karosserieform hervorgeht – etwa das "X" für Crossover oder das "C" für Coupé. Am Ende gibt eine zweistellige Zahl die Position in der Modellhierarchie an. Erstes Modell mit der neuen Namens-Logik waren bei ihrer Vorstellung die kurz vor Marktstart stehenden Crossover EX30 und EX90 sowie der Van EM90. Aus dem bereits eingeführten Crossover XC40 wird in der Elektro-Version der EX40, aus dem nur elektrisch angebotenen Coupé-Ableger C40 wird der EC40.
Die unterschiedlichen Konfigurationen bergen einige kleine Unterschiede: Für die Variante mit kleinem Akku gibt es keine Wärmepumpe, die beim Heizen oder Kühlen Energie spart. Beim Laden zieht die Version mit kleinem Akku mit maximal 134 kW aus der Ladesäule, bei den beiden Versionen mit großem Akku sind es 153 kW. Laden an der Wallbox geschieht standardmäßig mit einer Ladeleistung von 11 kW, in der Top-Ausstattung "Ultra" sind bis zu 22 kW möglich.
Unterschiede gibt es auch bei den Anhängelasten: Das Basispaket schafft 1.000 Kilogramm, der EX30 RWD mit großer Batterie 1.400 Kilogramm – und die Allradvariante AWD 1.600 Kilogramm.
So fährt er
Einen Startknopf gibt es im EX30 nicht: Einfach mit dem Funkschlüssel oder dem Smartphone mit dort hinterlegtem Schlüssel einsteigen, Bremse treten, Gang einlegen und losfahren. So zwiegespalten das Gefühl in Bezug auf das Bedienkonzept ist – das Feedback auf den Fahrkomfort ist umso positiver: Der EX30 liegt satt auf der Straße, poltert nicht, federt auch schnell gefahrene Kopfsteinpflasterstraßen weg. Die Lenkung lässt sich in drei Stufen verstellen – zwar ist sie auch in der härtesten Abstimmung noch immer nicht extrem zackig, macht das Manövrieren in Städten und auf Landstraßen aber sehr entspannt. Und wer sagt auch, dass in einem Volvo-SUV Sportwagenfeeling aufkommen muss?
Die Assistenzsysteme verrichten – bis auf einige akustische Belehrungen im Hintergrund – angenehm ihren Dienst. Kleiner Kritikpunkt: Die Abstimmung des One-Pedal-Drivings. Diese Funktion soll es eigentlich ermöglichen, dass das Fahrzeug beim Loslassen des Fahrpedals durch Energierückgewinnung zum Stillstand kommt, ohne die Bremse zu benutzen. Das geschieht jedoch recht verzögert und nicht konsequent genug – eine Einschätzung, wann das Auto wirklich zum Stehen kommt, ist auch nach 150 gefahrenen Kilometern nicht möglich gewesen.
Der tatsächliche Verbrauch
Der Verbrauch lag nach einer nicht repräsentativen Runde über 100 Kilometer im Hamburger Umland (Dörfer, Landstraße, Autobahn) bei 18,5 (Single Motor mit großem Akku) bzw. rund 23 Kilowattstunden beim Allradler – das sind passable Werte und bringen realistische Reichweiten von rund 300 Kilometern. Die Werksangaben liegen bei 17,5 bzw 18 kWh.
Ausstattungen
Drei Ausstattungslinien stehen in der Preisliste: In der Basisausstattung "Core" sind die wichtigsten Features wie ein Reigen an Assistenzsystemen, Klimaautomatik, das Zentraldisplay oder ein Audiosystem schon mit an Bord.
In der nächsthöheren Version "Plus" kommt unter anderem der Pilot Assist dazu, in der Topversion "Ultra" unter anderem ein sehr empfehlenswertes Panorama-Glasdach, eine 360-Grad-Außenkamera für leichteres Rangieren, ein Parkassistent und der schon erwähnte 22-kWh-Lader.
Preise
Bei den Preisen geht die Spanne weit auf: 36.590 Euro für die Basisvariante sind fair – wer allerdings volle Hütte mit Allrad, größerem Akku, Glasdach und Annehmlichkeiten wie automatisches Einparken oder elegante Wollsitze will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen: Dann sind nämlich teils 52.090 Euro und mehr fällig. Das Winterpaket mit Sitz- und Lenkradheizung kostet 400 Euro extra, darüber hinaus kann man sich in der Aufpreisliste mit zahlreichem Zubehör austoben.
Fazit
Am Ende bleiben angesichts des Bedienkonzepts und kleinerer Macken gemischte Gefühle. Fest steht: Der Volvo EX30 ist gut geeignet für Singles, Paare oder kleine Familien, die Lust auf Design, keinen hohen Platzbedarf und keine Angst vor anfangs unnötig umständlicher Technik haben. Fahrerisch ist dem kleinen Volvo nichts vorzuwerfen, auch die Reichweite geht in Ordnung.
- Eigene Eindrücke
- Pressematerial von Volvo
- Mit Material der Nachrichtenagentur SP-X