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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Eiweiß für den Muskelaufbau Was bringt Proteinpulver wirklich?
Wer an Muskelmasse zulegen will, sollte genug Protein zu sich nehmen. Können Eiweißpulver den Muskelaufbau beschleunigen? Die Fakten im Überblick.
0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht – so viel Protein sollte eine erwachsene Person täglich zu sich zu nehmen, um gesund zu bleiben. Treibt sie Sport, braucht sie womöglich etwas mehr: Der Körper flickt die mikroskopisch kleinen Risse, die beim Training in der Muskulatur entstehen, mit Eiweiß. So wachsen die Muskeln.
Eine erhöhte Proteinzufuhr empfehlen Fachleute aber erst, wenn mindestens fünf Stunden Sport pro Woche auf dem Plan stehen. Der Bedarf liegt dann zwischen 1,2 und 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Wie viel es genau sein sollte, hängt von der Art und Intensität der Aktivität und dem Trainingsziel ab. Wer im Sinne des Muskelaufbaus intensiven Kraftsport betreibt, benötigt in der Regel mehr Eiweiß als Ausdauersportlerinnen und -sportler.
Proteinzufuhr über Pulver – ist das nötig?
Normalerweise können selbst Kraftsportlerinnen und -sportler ihren erhöhten Eiweißbedarf ohne Probleme über die tägliche Kost decken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Sporttreibenden ausdrücklich, das benötigte Eiweiß über den Tag verteilt und im Rahmen von Mahlzeiten und nicht als Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Nach Ansicht der Fachleute sollten anstelle von Pulvern oder Riegeln lieber ausreichend proteinreiche Lebensmittel auf dem Speisezettel stehen – also beispielsweise Hülsenfrüchte, Milch- und Vollkornprodukte, Fisch, Fleisch und Tofu.
Eiweißbedarf und Muskelaufbau – was bringt Proteinpulver?
Im Gegensatz zu natürlichen Eiweißquellen enthalten Proteinpulver reines Protein, was einen unbestreitbaren Vorteil mit sich bringt: Aus dem Pulver lässt sich schnell und einfach eine verzehrfähige, eiweißreiche Mahlzeit herstellen. Das tägliche Protein-Soll lässt sich mit den Pulvern also ohne großen Aufwand erfüllen.
Abgesehen davon ist ihr Nutzen allerdings zweifelhaft. Wer nicht trainiert, wird durch Shakes allein keine Muskeln aufbauen. Eiweiße in Pulverform lassen die Muskeln auch nicht schneller wachsen als die in einer ausgewogenen Mischkost enthaltenen Proteine.
Welche Proteinquelle für den Muskelaufbau und die Leistungsfähigkeit am besten geeignet ist, konnten bisherige Studien nicht eindeutig zeigen. Nach aktuellem Kenntnisstand gilt es aber als sinnvoll, nicht nur auf eine einzige Eiweißquelle zu setzen, sondern auf eine möglichst große Vielfalt und Abwechslung.
Denn es gibt zahlreiche verschiedene Eiweiße, die aus unterschiedlichen Bausteinen – sogenannten Aminosäuren – zusammengesetzt sind. Um neue Eiweiße (unter anderem Muskeleiweiße) aufzubauen, benötigt der Körper 20 verschiedene Aminosäuren. Einige davon kann er selbst herstellen, andere bekommt er über die Nahrung zugeführt.
Die meisten Nahrungsmittel liefern aber jeweils nur bestimmte Aminosäuren. Deshalb bietet erst die Kombination verschiedener Eiweißquellen alle notwendigen Aminosäuren.
Übrigens: Für den Muskelaufbau spielt auch das Timing der Proteinzufuhr eine Rolle. Laut Studien sollte die Eiweißmahlzeit idealerweise in zeitlicher Nähe zum Training liegen, also innerhalb der ein bis zwei Stunden davor oder danach. Welches Zeitfenster optimal ist, lässt sich allerdings noch nicht mit Gewissheit sagen.
Liefern Proteinpulver "bessere" Eiweiße?
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wird die "Wertigkeit" von Eiweißen danach beurteilt, inwieweit der Körper sie zum Aufbau eigener Eiweiße nutzen kann. Besonders gut kann der Körper Eiweiße verwerten, die viele der von ihm benötigten Aminosäuren liefern und zudem leicht verdaulich sind.
Zu den Eiweißen mit der höchsten Wertigkeit gehören etwa Vollei-, Rindfleisch- und Kartoffelproteine sowie konzentriertes Molkeneiweiß (Whey), welches in den meisten nicht-veganen Proteinpulvern steckt.
Ebenfalls hoch ist die Wertigkeit von Soja. Andere pflanzliche Lebensmittel wie Erbsen, Bohnen, Reis und Getreide haben eine etwas geringere Wertigkeit. Entsprechendes gilt für vegane Proteinshakes, die sich aus diesen Eiweißen zusammensetzen.
Gut zu wissen: Durch eine Kombination verschiedener pflanzlicher Lebensmittel ist es dennoch nicht schwierig, den Körper mit ausreichend Eiweiß zu versorgen. Zudem bietet eine überwiegend pflanzliche Kost eine Reihe von Vorzügen. Unter anderem ist sie reich an Vitaminen und Ballaststoffen.
Welche Risiken bergen Proteinpulver?
Wie gesund oder ungesund Proteinpulver sind, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, zumal es eine Vielzahl an Produkten auf dem Markt gibt, welche sich in ihrer Zusammensetzung stark unterscheiden.
Unter Umständen kann die Einnahme von Proteinpulver dazu führen, dass eine Person zu viel Eiweiß zu sich nimmt. Wenn sie über gesunde Nieren verfügt, hat sie in der Regel keine bedenklichen Folgen zu befürchten – abgesehen von einer eventuellen Zunahme an Körperfett: Eiweiß liefert Kalorien. Wer mehr Kalorien zu sich nimmt, als der Körper verbraucht, legt nicht (oder nicht nur) an Muskelmasse zu, sondern auch an Fett.
Ein Risiko stellt das überschüssige Eiweiß aber womöglich für Menschen dar, deren Nierenfunktion aufgrund einer Vorerkrankung eingeschränkt ist. Denn im Körper entsteht beim Abbau von Eiweiß Harnstoff, der über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden werden muss. Wenn die Nieren nicht richtig arbeiten, kann sich vermehrt Harnstoff im Blut anreichern, was unbehandelt schwere gesundheitliche Folgen haben kann.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- "Ausgewählte Fragen und Antworten zu Protein und unentbehrlichen Aminosäuren". Online-Informationen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.: www.dge.de (Stand: Januar 2021)
- König, D., et al.: "Proteinzufuhr im Sport. Position der Arbeitsgruppe Sporternährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE)". (PDF) Ernährungs Umschau international, Vol. 67, Iss. 7, pp. 132-139 (September 2020)
- Biesalski, H., Grimm, P., Nowitzki-Grimm, S.: Taschenatlas Ernährung. Thieme, Stuttgart 2020
- Biesalski, H. et al.: Ernährungsmedizin. Thieme, Stuttgart 2017