Liebespaare, Raucher, Partytiere Typologie der nervigsten Nachbarn
Gerade dort, wo viele Menschen unter einem Dach zusammenleben, geht es nicht ohne gegenseitige Rücksichtnahme, wenn der Hausfrieden gewahrt bleiben soll. Doch man kann sich seine Nachbarn ja nun einmal nicht aussuchen. Hin und wieder sind auch echte Nervensägen darunter. Ob Kettenraucher, Partytiere oder auch Kontrollfreaks: Eine Typologie der nervigsten Nachbarn und wie Sie am besten damit umgehen. So bewerten die Gericht die häufigsten Gründe für Nachbarschaftsstreits.
So viel gleich vorweg: Den meisten Menschen ist an einem friedlichen Zusammenleben gelegen und sie verhalten sich entsprechend. Das haben zahlreiche Nachbarschafts-Studien immer wieder belegt.
Die meisten Menschen wollen gut mit ihrem Nachbarn auskommen
Auch eine nicht repräsentative Umfrage auf zuhause.de, an der sich bislang rund 16.000 Leser beteiligt haben, deutet auf große Harmoniebedürftigkeit hin. Nicht einmal jeder Fünfte unternimmt gleich drastische Schritte und beschwert sich bei der Polizei (13,6 %) oder dem Vermieter (5,1 %), um einen Nachbarn, der ihn stört, zur Raison zu bringen. Fast die Hälfte (48,9) hingegen sucht das persönliche Gespräch und versucht, die Situation gütlich zu klären. Immerhin über 16 Prozent der Befragten haben sogar so gute Beziehungen zu ihrer Nachbarschaft, dass sie sich Störungen von der Seite gar nicht vorstellen können.
Typologie der nervigsten Nachbarn
Und trotzdem gibt es sie – die rücksichtslosen oder manchmal schlichtweg gedankenlosen Zeitgenossen, die lärmen, müllen oder müffeln. Die sich entweder nicht an die gängigen Regeln des Zusammenlebens halten oder als Kontrollfreak jeden kleinsten Verstoß zum Anlass für Beschwerden nehmen. Manches muss, manches sollte man erdulden. Doch nicht alles muss man sich gefallen lassen. Wir haben einige der nervigsten Nachbar-Typen zusammengetragen:
Raucher müssen Rücksicht nehmen
DER RAUCHER: Im Sommer hat er Hochsaison, aber auch Minusgrade können ihn nicht wirklich stoppen. Der Raucher hat in seiner Wohnung einen Lieblingsort: den Balkon. Dumm für Nachbarn, die frische Luft schnappen oder ihre Wäsche lüften wollen. Legt der Raucher keinen Wert auf Frischluft, kann der Dunst sogar noch dicker kommen.
Der aus zahlreichen Medienberichten bekannte Rentner Friedhelm Adolfs aus Düsseldorf beispielsweise lüftete trotz massiver Beschwerden immer wieder ins Treppenhaus, statt durch das Fenster. Gegen die folgende fristlose Kündigung klagte er sich durch alle Instanzen. Zuletzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) das verfahren an die Vor-Instanz wegen Rechtsfehlern bei der Urteilsfindung zurück verwiesen.
Grundsätzlich dürfen aber alle Mieter und Eigentümer in ihren Wohnungen und auch auf dem Balkon so viel rauchen wie sie wollen. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen haben Gerichte bislang Einschränkungen für rechtens erklärt. Raucher müssen aber Rücksicht nehmen und die Belästigungen für nichtrauchende Nachbarn so gering wie irgend möglich halten. Die haben auch die BGH-Richter betont. Das sind die wichtigsten Regeln zum Rauchen im Miet- und Nachbarschaftsrecht.
Nicht jeder Lärm ist eine unzulässige Ruhestörung
DIE FAMILIE/DAS SCHREIKIND: Wenn der kleine Lars-Ole nachts nicht schlafen kann, trifft das nicht nur seine Eltern. Auch wer die Wohnungen, über, unter und neben dem Kinderzimmer gemietet hat, bleibt von nächtlichen Tränen, den Auswirkungen erster Zähne und Tobsuchtsanfällen nicht verschont.
Doch hier ist Toleranz gefragt. Kinder haben nun einmal keinen Aus-Schalter. Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes (DMB), bringt es auf den Punkt: "Wenn Kleinkinder oder Säuglinge nachts schreien, hat man als Nachbar schlicht und ergreifend Pech." Gerichte bestätigen immer wieder, dass Kinder- und Babygeschrei auch außerhalb der Ruhezeiten von den Nachbarn hinzunehmen ist.
DIE PARTYTIERE: Anders sieht es mit nächtlicher Feierei aus. "Heute wird es etwas lauter", ist der Standardspruch der Partytiere – meistens eilig auf einen Zettel im Hausflur gekritzelt. In der Praxis bedeutet das: Hämmernde Bässe die ganze Nacht, knallende Türen und lautes Getrampel. Auf die Bitte der Nachbarn, ob man etwas leiser sein könne, gibt es oft diese Antwort: "Feiert doch einfach mit!" Verlockend, wenn man am nächsten morgen früh zur Arbeit muss.
Als Nachbar kann man aber verlangen, dass die nächtlichen Ruhezeiten eingehalten werden. Es gibt kein Recht auf Party in der Wohnung. Dass man einmal im Monat, im Quartal, oder im Jahr so lange und so ausgelassen feiern darf, wie man möchte, ist ein Mythos des Miet- und Nachbarschaftsrechts, der sich zwar erstaunlich hartnäckig hält, für den es aber nicht die geringste Rechtsgrundlage gibt. Das sind die wichtigsten Regeln zur Ruhestörung im Miet- und Nachbarschaftsrecht.
DIE LIEBENDEN: Die schriftliche Ankündigung "Heute wird es etwas lauter" haben einzelne Nachbarn schon mit "So lange es nicht so laut ist wie deine Freundin heute Nacht..." kommentiert. Egal ob Juchzen, Schreien, Stöhnen oder minutenlanges Rumsen des Bettes an die Wand – wohnt ein Liebespaar nebenan, ist das nicht selten mit einigem Lärm verbunden. Läuft es zwischen den beiden nicht mehr so rosig, wird es auch nicht stiller: Dann fliegt schon mal Geschirr oder im Extremfall gar der Fernseher aus dem Fenster.
Tatsächlich sind sich die Gerichte darin einig, dass sowohl lautes Sex-Gestöhne als auch ständige lautstarke Streitereien eine unzulässige Ruhestörung darstellen können. So entschieden unter anderem die Amtsgerichte in Warendorf (Az.: 5 C 414/97) und in Bergisch-Gladbach (Az.: 64 C 125/00). Liebende müssen sich also sowohl im Streit als auch bei der Versöhnung eine gewisse Zurückhaltung auferlegen. Weitere Gerichtsurteile zur Ruhestörung.
Hausordnung regelt das Zusammenleben unter einem Dach
DER KONTROLLFREAK: Kaugummi-Papier im Treppenhaus oder Plastikflaschen im Biomüll? Nicht mit ihm. In fast jedem Mietshaus gibt es einen, der aufpasst – und notfalls bei jedem Nachbarn einzeln klingelt und fragt, wer den Müll wieder in die falsche Tonne geworfen hat. Beliebte Drohgebärde auf Flur-Aushängen: "Die Mehrkosten zahlen wir alle!"
DIE BREITMACHER: Auf der anderen Seite stehen jene, denen die eigene Wohnung schlichtweg nicht genug ist und die zusätzlich weite Teile der Gemeinschaftsräume für sich beanspruchen: Jeden Zentimeter Flur vor der eigenen Tür nutzt der Breitmacher aus. Schuhe stapeln sich bergeweise auf der Fußmatte, daneben stehen Pflanzen, ein Fahrrad und im Winter noch der Holzschlitten. "Grundsätzlich endet die Wohnung an der Tür", mahnt DMB-Geschäftsführer Ropertz. "Da kann nicht jeder seinen Claim abstecken."
Grundlage für das Zusammenleben mehrerer Wohnparteien unter einem Dach ist die Hausordnung. In ihr können beispielsweise Ruhezeiten, Reinigungspflichten für Gemeinschaftsräume wie Treppenhaus und Waschkeller oder auch Vorgaben zu Abstellflächen für Fahrräder, Kinderwägen und Co. geregelt sein. "Jeder Mieter kann von den anderen Hausbewohnern grundsätzlich die Einhaltung der Hausordnung verlangen", schreibt zwar der DMB.
Trotzdem kann man im Sinne des nachhaltigen häuslichen Friedens nur an alle Beteiligten appellieren, es mit dem eigenen Kontroll-Bedürfnis nicht zu übertreiben. Laut einer repräsentativen Umfrage zu Mobbing in der Nachbarschaft aus dem Jahr 2012 fühlten sich 39 Prozent der Deutschen schon einmal von einem Nachbarn schikaniert. Bei 40 Prozent davon waren übertriebene, ständige Kontrollen das Mittel der Schikane.