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Welche Menschen die Pandemie besser wegstecken


Studie deckt auf
Welche Menschen den Pandemiestress am schlechtesten wegstecken


25.10.2021Lesedauer: 3 Min.
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Frau mit zusammengekniffenen Augen und angespannten Gesichtszügen. Wie intensiv Stress in Krisenphasen empfunden wird, hängt auch von der Persönlichkeit ab.Vergrößern des Bildes
Frau mit zusammengekniffenen Augen und angespannten Gesichtszügen. Wie intensiv Stress in Krisenphasen empfunden wird, hängt auch von der Persönlichkeit ab. (Quelle: PeopleImages/getty-images-bilder)

Kaum jemand kann behaupten, dass die Coronakrise spurlos an ihm vorbeigeht. Dass einige schlechter mit der Situation zurechtkommen als andere, scheint nicht nur eine Frage der Lebensumstände zu sein. Auch die Persönlichkeit spielt eine wichtige Rolle, wie eine Studie zeigt.

In welchem Maße Stressphasen als belastend empfunden werden, ist individuell unterschiedlich und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Welche Rolle dabei die Persönlichkeit spielt, haben Forscher am Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie am Universitätsklinikum in Jena herausgefunden.

Die im Fachjournal "Translational Psychiatry" veröffentlichte Studie begann Ende 2019, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Dass sie sich dann über die gesamte Zeit des ersten Lockdowns erstreckte, war ursprünglich nicht geplant.

Genau das stellte sich im nachhinein jedoch als Glücksfall dar. Denn aufgrund der Ausnahmesituation konnten die Forscher die Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeit und dem pandemiebedingtem Stressempfinden untersuchen.

"Big Five": die fünf Merkmale der Persönlichkeit

Gegen Jahresende 2019 füllten 80 erwachsene Freiwillige einen Onlinefragebogen aus, mit dessen Hilfe bestimmt werden konnte, wie ausgeprägt die Eigenschaften Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus, also die emotionale Instabilität, waren.

Diese Merkmale werden von Psychologen auch als "Big Five" bezeichnet und dienen dazu, eine Persönlichkeit zu charakterisieren. Die Teilnehmenden sollten auch einschätzen, ob sie anfällig für Stress sind oder sich eher als resilient, also widerstandsfähig betrachten.

Die Studie sah vor, die Probanden zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu kontaktieren und zu fragen, ob sie möglicherweise belastende Erfahrungen gemacht haben oder Stress aushalten mussten. Außerdem sollten sie dazu befragt werden, wie gut sie in Abhängigkeit ihrer Persönlichkeit und Resilienz dazu in der Lage waren, mit den erlebten Belastungen umzugehen.

Belastungen des Lockdowns kamen für alle unerwartet

Der Abschluss der ersten Befragung fiel mit dem Beginn der Corona-Pandemie zusammen. "Plötzlich befanden sich alle unsere Studienpersonen in einem belastenden Ausnahmezustand, nämlich dem ersten Lockdown", sagt die Studieninitiatorin PD. Dr. Jenny Rosendahl.

Durch diese außergewöhnliche Situation erhielt die Studie eine neue Bedeutung. Denn die Erfassung der Persönlichkeitsmerkmale und Resilienz war noch unbeeinflusst vom Geschehen der Pandemie. Dem strengen Lockdown und den anschließenden Kontaktbeschränkungen waren dann alle Versuchspersonen gleichermaßen unterworfen.

Forscher ermitteln subjektiven und objektiven Stress

Daher war es möglich, in Reaktion auf den Lockdown sowohl das subjektive Stressempfinden zu ermitteln als auch parallel objektive Stressmerkmale zu dokumentieren. Letzteres geschah mittels Haarproben, in denen das Stresshormon Kortison gemessen wurde.

"Wir wollten herausfinden, ob sich vom prä-pandemischen Persönlichkeitsprofil und der Resilienz auf die Höhe der psychologischen und physiologischen Stressmarker schließen lässt", sagt Professor Veronika Engert, Erstautorin der Studie.

Eine zweite Umfrage erfolgte während des ersten Lockdowns in Deutschland im Frühjahr und eine weitere im Sommer 2020. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch die Haarproben gesammelt. Unmittelbar an der Kopfhaut abgeschnitten gaben sie Auskunft über den Kortisonspiegel in den zurückliegenden Monaten.

Labile und Extrovertierte leiden am meisten

Nach Auswertung der Daten zeigte sich: Je neurotischer eine Person war, desto stärker waren sowohl das persönliche Stressempfinden als auch der messbare, biologische Stress. "Aufgrund ihrer allgemeinen emotionalen Labilität leiden Menschen mit hohem Neurotizismus in Belastungssituationen, also auch in der Pandemie", resümiert Engert.

Dieser Zusammenhang ergab sich jedoch auch für das Merkmal der Extrovertiertheit. Generell gelten extrovertierte Menschen, denen Kommunikation und Aktivitäten mit anderen wichtig sind, als weniger stressanfällig.

"Während der Pandemie fehlte allerdings die Möglichkeit, Belastungen durch die Unterstützung in der sozialen Gruppe abzumildern und zu teilen", sagt Engert. Wahrscheinlich hätten extrovertierte Personen deshalb besonders unter den Pandemiebeschränkungen gelitten. Darauf deuteten auch die biologischen Stressmarker hin.

Bei den anderen drei Persönlichkeitsmerkmalen der "Big Five", also Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit, konnte das Studienteam keine Zusammenhänge zum Stresshormonlevels und zur Resilienz ableiten.

Forderung nach individualisiertem Stressmanagement

Vor dem Hintergrund, dass bestimmte Persönlichkeitstypen offensichtlich schlechter mit Stress in Krisensituationen umgehen kann, fordern die Forscher neue Konzepte für ein individualisiertes Stressmanagement. Solche Programme seien wichtig, um für künftige Pandemien besser gerüstet zu sein und der Betroffenen Risikogruppe psychologische Hilfe anzubieten.

"Diese müssen in einem Lockdown-freundlichen Format angeboten werden, damit die Belastung frühzeitig gemildert werden kann," sagt Engert. Bei besonders betroffenen Personen könnten man so gesundheitlichen Stressfolgen wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Engert et al. Resilience and personality as predictors of the biological stress load during the first wave of the Covid-19 pandemic in Germany. Transl Psychiatry 11, 443 (2021). https://doi.org/10.1038/s41398-021-01569-3 Stress. Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Stand: April 2016)
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