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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Cannabis-Rauch Nachbar kifft: Bußgeld wegen Geruchsbelästigung?
Sie wollen draußen die Sonne genießen, doch der Cannabis-Rauch Ihres Nachbarn stört die Idylle. Das sind Ihre Rechte.
Seit dem 1. April 2024 sind der Besitz und der Anbau von Cannabis erlaubt. Somit darf die Pflanze nun auch in der Öffentlichkeit legal konsumiert werden. Das könnte dazu führen, dass immer häufiger Rauchschwaden mit dem süßlichen Cannabis-Duft durch die Straßen und Gärten ziehen.
Nicht jeder mag den Geruch von Cannabis, und manche fühlen sich dadurch empfindlich gestört. Denn für den einen oder anderen kann die Duftwolke relativ hartnäckig und aufdringlich sein, ähnlich wie Tabak- oder Grillgeruch. Was also tun, wenn Ihr Nachbar auf dem Balkon oder im Garten kifft? Dürfen Sie es ihm verbieten? Können Mieter gar eine Mietminderung geltend machen?
Bußgeld wegen Geruchsbelästigung?
Ja, das ist möglich. Das Cannabisgesetz sieht in bestimmten Fällen des Cannabiskonsums ein Bußgeld von bis zu 3.000 Euro vor. Allerdings meist nur, wenn in unmittelbarer Nähe sowie in Sichtweite von Kindergärten, Kindertagesstätten oder Schulen sowie in Fußgängerzonen (zwischen 7 und 20 Uhr) Gras geraucht wird. Es gibt noch weitere Konsum-Verbotszonen. Dazu zählen unter anderem Festplätze und Sportstätten.
Und welche Regelungen gelten für den Konsum im eigenen Garten? "Der private Eigenanbau von Cannabis darf keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen für die Nachbarschaft verursachen. Dies bezieht sich insbesondere auf Geruchsbelästigungen und Lärmbelästigungen, die durch den Anbau und Konsum zwangsläufig entstehen könnten", erklärt Rechtsanwalt Bodo Michael Schübel auf Nachfrage von t-online. Die Regelungen ähneln demnach denen fürs Rauchen von Tabakprodukten.
Doch beim Zigarettenrauch drohen eher keine Bußgelder. Ist das bei Cannabis anders? "In der Nähe von Kindern und Jugendlichen 'drinnen und draußen' bleibt Cannabiskonsum durch Rauchen verboten", erklärt Schübel. Selbst dann, wenn sich Kinder oder Jugendliche im Garten aufhalten, während Cannabis konsumiert wird. Dann drohe dem Konsumenten mindestens ein Bußgeld, so Schübel.
Aber: Wenn Ihr Nachbar in seinem Garten Cannabis raucht und Sie sich durch den Geruch belästigt fühlen, droht ihm kein Bußgeld – außer, Sie wohnen in einer der oben genannten Verbotszonen oder haben Kinder.
Gut zu wissen
Auch Hanfpflanzen haben einen intensiven Eigengeruch (erdig, holzig, krautig). Er kann teilweise noch in 100 Metern Entfernung wahrgenommen werden. Cannabispflanzen müssen laut Gesetz daher so angebaut werden, dass von ihnen keine Geruchsbelästigung ausgeht. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Mietminderung, weil der Nachbar kifft?
Ja, auch das ist möglich. "Kommt es bei Cannabis-Konsum zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft, gelten ähnliche Regeln wie beim Rauchen", erklärt der Mieterschutzbund e. V. Zwar gehöre auch das Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung. "Gleichwohl muss selbstverständlich auf die Nachbarn Rücksicht genommen werden."
Das bedeutet: Zieht der Cannabis-Rauch oder -Geruch direkt in die benachbarten Wohnungen, könne der Vermieter eine Änderung des Rauchverhaltens vorschreiben, so der Mieterschutzbund. Beispielsweise, indem Zeiten fürs Rauchen festgelegt werden oder der Konsumort (beispielsweise anstatt auf dem Balkon im Vorgarten) geändert werde. Beides sei jedoch nur der Fall, wenn der Nachbar stundenlang auf dem Balkon oder der Terrasse rauche und es durch den Geruch zu einer starken Beeinträchtigung für die anderen Mieter komme.
Es muss jedoch auch stets der Einzelfall beachtet werden, ergänzt der Berliner Mieterverein e. V. auf Nachfrage von t-online. "Für die Zeiten, in denen Mieter an einer Nutzung ihrer Balkone interessiert sind, sind dem einen Mieter Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf."
Ist der rauchende Mieter nicht nachsichtig und die Wohnungsnutzung durch die Geruchsbelästigung erheblich beeinträchtigt, ist eine Mietminderung möglich. Hierzu wird ein objektiver Nachweis benötigt – das subjektive Empfinden reicht nicht aus. Wichtig sind zudem die Dauer, Intensität, Häufigkeit, Uhrzeit und der Ort. Tritt der Geruch nur kurzzeitig auf, berechtigt das nicht zur Mietminderung.
Noch gibt es keine Rechtssprechung darüber, wie hoch die Mietminderung bei Cannabis-Geruch ist. "Da Cannabis teilweise deutlich strenger riecht als Zigaretten und von vielen Menschen als besonders unangenehm empfunden wird, könnten Gerichte hier strengere Maßstäbe als bei Tabak anlegen", so der Berliner Mieterverein. Das Landgericht Hamburg (Az. 311 S 92/10) hatte 5 Prozent Mietminderung gewährt, weil zwei Nachbarn abends stündlich zwei Zigaretten auf dem Balkon geraucht haben. Die Quote kann sich jedoch von Einzelfall zu Einzelfall verändern.
Übrigens
Lösen die Cannabis-Gerüche bei Ihnen Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen aus, kann die Miete ebenfalls gemindert werden. Selbst dann, wenn es sich um eine subjektive und nicht objektive Belästigung handelt (siehe Bundesgerichtshof, Zivilsenat, Urteil vom 1.3.2021, Az. III ZR 11/83).
Tipp
Schauen Sie auch in den Mietvertrag oder die Hausordnung. Hier sind häufig Regelungen hinterlegt, die das Rauchen betreffen.
Einvernehmliche Lösung finden
In jedem Fall sollten Sie erst mit Ihrem Nachbarn reden, bevor Sie den Vermieter oder das Ordnungsamt einschalten. Häufig lässt sich das Problem ohne die Mitwirkung Dritter lösen, und es wird eine für alle akzeptable Lösung gefunden.
- mieterschutzbund.de "Cannabisgeruch im Treppenhaus"
- Interview Rechtsanwalt Bodo Michael Schübel
- cannabisrecht.org
- jruis.bundesgerichtshof.de "Az. III ZR 11/83"
- juraforum.de "Geruchsbelästigung"
- Stiftung Warentest: "Gut beraten im Nachbarschaftsrecht", ISBN 978-3747103265
- hanf-magazin.com