"Starliner" Krisengeplagtes Raumschiff vor erstem bemannten Testflug
Eigentlich sollte der "Starliner" längst Astronauten transportieren. Doch das Projekt liegt weit hinter dem Zeitplan. Jetzt soll es aber losgehen.
Genau zehn Jahre ist es her, dass der damalige Nasa-Chef Charles Bolden bei einer dramatisch-inszenierten Pressekonferenz vor US-amerikanischen Flaggen und mit Tränen der Rührung in den Augen eine große Ankündigung machte: "Die bedeutendste Nation der Welt sollte bei der Raumfahrt nicht auf irgendein anderes Land angewiesen sein", sagte Bolden – und versprach die Rückkehr zu eigenen Flügen zur Internationalen Raumstation ISS. Damals sprach Bolden von 2017 – doch dann passierte erst einmal lange wenig.
Nach dem Ende der Ära der Space Shuttles wollte die US-Raumfahrtbehörde Nasa diesmal nicht mehr selbst entwickeln und bauen, sondern beauftragte den Flugzeugbauer Boeing und das Unternehmen SpaceX von Tech-Milliardär Elon Musk.
Damals wurde das altbewährte Unternehmen Boeing mit seinem "Starliner"-Raumschiff als deutlich im Vorteil angesehen und bekam einen fast doppelt so lukrativen Vertrag. Doch dann kam es bei Boeing zu Krisen, Problemen und Verzögerungen. Am frühen Dienstagmorgen um 04:34 Uhr unserer Zeit (Montag 22:34 Uhr Ortszeit) – zehn Jahre nach der großen Ankündigung – soll es aber nun endlich bemannt losgehen.
Am Mittwoch soll "Starliner" an der ISS andocken
Mit den Nasa-Astronauten Barry Wilmore und Suni Williams an Bord soll der "Starliner" vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida starten. Am Mittwoch wird das Raumschiff an der ISS erwartet, wo Wilmore und Williams rund eine Woche lang bleiben sollen.
"Es fühlt sich fast unwirklich an", sagte die 58 Jahre alte Williams, die zuvor schon zweimal an Bord der ISS war, im Vorfeld bei einer Pressekonferenz. "Wir wären nicht hier, wenn wir nicht bereit wären", sagte ihr 61 Jahre alter Astronauten-Kollege Wilmore, der ebenfalls schon zweimal im All war. "Wir sind bereit. Das Raumschiff ist bereit und das Team ist bereit."
Konkurrent SpaceX hat Boeing unterdessen längst überholt. 2020 unternahm dessen "Crew Dragon" erstmals erfolgreich einen bemannten Test zur ISS, seitdem haben sich die Astronauten-Transporte derart eingespielt, dass derzeit schon die achte reguläre Crew mit dem "Dragon" an der Raumstation ist. Für die anvisierte Ankunft des "Starliner" musste der "Crew Dragon" an der ISS gerade extra an eine andere Andockstation umgelegt werden.
Der "Starliner" soll nun eine Alternative zur "Crew Dragon" werden und damit die Astronauten-Kapazitäten stark erhöhen – aber erst einmal muss sich das Raumschiff beweisen. Bei einem ersten unbemannten Test 2019 war der "Starliner" gar nicht erst an der ISS angekommen.
"Starliner" landet auf der Erde
Das Raumschiff ist ein teilweise wiederverwendbares Raumfahrzeug, das aus einer rund drei Meter hohen Kapsel für die Besatzung sowie einem Servicemodul besteht und bis zu sieben Besatzungsmitglieder befördern kann. Allerdings ist "Starliner" aber hauptsächlich auf vier Mitglieder ausgerichtet und landet im Unterschied zum "Crew Dragon" nicht auf dem Wasser, sondern auf der Erde.
Ein zweiter unbemannter Testflug glückte 2022, doch dann traten erneut zahlreiche Probleme auf, die einen geplanten bemannten Testflug immer weiter verzögerten. Natürlich wünsche man sich, man sei schon weiter, sagte Boeing-Manager Mark Nappi gerade bei einer Pressekonferenz. "Da gibt es keinen Zweifel, aber jetzt sind wir hier."
Auch der derzeitige Nasa-Chef Bill Nelson gibt sich betont optimistisch in Hinblick auf die Zukunft des "Starliner": "Hier wird Geschichte geschrieben. Wir befinden uns in einem goldenen Zeitalter der Raumfahrt."
- Nachrichtenagentur dpa