Wenn der Wind still steht Welchen Einfluss Jetstreams auf unser Leben haben
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wochenlange Hitze und Dürren, Starkregenfälle und Überschwemmungen: Veränderungen bei den sogenannten Jetstreams führen zu Extremwetterereignissen. Doch wie beeinflussen die starken Winde unser Wetter?
Über dem Planeten pfeifen kontinuierlich Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Stunde. Auf der Erdoberfläche spüren wir davon nicht viel, in zehn Kilometern Höhe allerdings sind die Jetstreams sehr wohl zu spüren. So nutzen Airlines den "Rückenwind", um Zeit und Kerosin zu sparen. Doch die Bedeutung der Windbänder reicht weit darüber hinaus.
Denn Winde sorgen für den Ausgleich von Druck- und Temperaturunterschieden. So auch hoch oben: Die Jetstreams gleichen das Temperaturgefälle zwischen den Polen und dem Äquator aus. Durch die starke Sonneneinstrahlung ist es am Äquator am wärmsten, die Luftmassen steigen auf. Am oberen Ende der Troposphäre bis zum Übergang in die Stratosphäre teilt sich die Luftmasse und strömt in Richtung der kühleren Pole – allerdings nicht horizontal. Durch die Rotation der Erde um sich selbst werden sie gen Osten abgelenkt. Am Rand der Luftmassenfronten bilden sich die Jetstreams, die in Wellenform so von West nach Ost wehen.
Die beiden bedeutendsten Jetstreams sind der Polarjetstream und der Subtropische Jetstream. Das Wetter in Europa wird maßgeblich durch den erstgenannten beeinflusst. "Liegen wir unter einem Wellenberg in der Höhe, gibt es meist Hochdruckgebiete, ein Wellental verursacht dagegen eher Tiefdruckwetter", erklärt Meteorologin Michaela Koschak t-online.de.
Temperaturunterschiede nehmen ab – Jetstream verliert an Dynamik
Die Temperaturunterschiede zwischen Äquator und Polen werden durch die Klimakrise geringer. Forscher beobachten, dass der Polarjetstream an Dynamik verliert, er wird langsamer. Die Gefahr: Auch das Wetter bewegt sich weniger dynamisch. Wetterlagen wie Hitze oder Niederschläge bleiben länger "hängen" und ihre Auswirkungen sind dadurch extremer.
Eine entsprechende internationale Studie, an der auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung beteiligt war, legt genau diesen Zusammenhang nahe. Untersucht wurde unter anderem der Sommer 2018, in dem es auf der Nordhalbkugel eine Reihe von Extremwetterereignissen gab. Etwa die extreme Hitzewelle, unter der auch Deutschland wochenlang ächzte. Oder andauernde Starkregenfälle mit Überschwemmungen im Südosten Europas. Die Ereignisse hatten eine Gemeinsamkeit: Sie waren verbunden durch ein besonderes Wellenmuster des Jetstreams. "Die Wellen des Windbands blieben längere Zeit stehen, statt weiter zu wandern – dadurch hielten in den betroffenen Regionen die Wetterbedingungen länger an und wurden zu Wetterextremen", heißt es dazu vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Und weiter: "Das gleiche Muster zeigte sich auch bei den europäischen Hitzewellen in den Jahren 2015, 2006 und 2003, die zu den extremsten jemals aufgezeichneten gehören."
Das Schlimme für Scott Osprey vom britischen National Centre for Atmospheric Science an der Universität Oxford, der ebenfalls an der Studie beteiligt war: "Diese anhaltenden Hitzewellen, die durch stagnierende Wellenmuster entstehen, kommen auf den bereits beobachteten allgemeinen Temperaturanstieg durch die globale Erwärmung noch obendrauf hinzu."
- Potsdam-Institut für Klimaforschung: Wetterextreme im Sommer 2018 waren verbunden durch stockende Riesenwellen im Jetstream
- Klimareporter.de: Klimawandel macht Extreme extremer
- Airliners.de: Warum ist ein Flug nach Amerika länger als der Rückflug?