So schädlich wie rauchen? Forscher warnt: So gefährlich ist Frühstücken
Haben Sie heute schon gefrühstückt? Dann hätten Sie stattdessen auch gleich eine Zigarette rauchen können. Das ist jedenfalls die Meinung des britischen Biochemikers Terence Kealey. In seinem Buch "Breakfast is a Dangerous Meal" behauptet er doch tatsächlich, dass das Frühstück die gefährlichste Mahlzeit des Tages ist.
"Iss morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler", dieses Sprichwort hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Terence Kealey, der an der Universität in Cambridge gelehrt hat, ist da anderer Meinung: "Das Frühstück könnte die wichtigste Mahlzeit des Tages sein, allerdings nur, wenn wir sie auslassen."
"In zehn Jahren wird frühstücken, dank meines Buches, sozial genauso geächtet sein wie rauchen – und jeder wird wissen, dass es genauso gefährlich ist", ist er sich sicher.
Ökotrophologin Manuela Marin aus Berlin sieht das allerdings ganz anders. Im Interview mit t-online.de ordnet die Expertin die Aussagen Kealeys aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ein und befindet: "Diese Behauptung ist natürlich sehr werbewirksam. Weil alle anderen Leute das Gegenteil davon für richtig halten, kommt seine These als Knüller raus."
Wie kommt Kealey zu seiner Aussage?
Mit Mitte Fünfzig wird bei dem 64-Jährigen Diabetes Typ 2 festgestellt. Daraufhin kontrolliert er regelmäßig seinen Blutzuckerspiegel und stellt fest: Nach dem Frühstück fallen die Werte besonders hoch aus. Lässt er diese Mahlzeit hingegen weg, bleibt sein Blutzuckerspiegel normal und steigt auch nach dem Mittag- und Abendessen nicht so stark an.
Marin überrascht dieses Ergebnis nicht: "Der Körper verbraucht auch in der Nacht Energie und die wird vorzugsweise aus Kohlenhydraten im Körper hergestellt. Sind die Reserven erschöpft und werden morgens wieder aufgefüllt, dann steigt der Blutzuckerspiegel natürlich steiler an, als wenn gefrühstückt und dann Mittag gegessen wird. Da ist der Zeitabstand überhaupt nicht so lang."
Fasten statt Frühstücken
Doch nicht nur Diabetikern rät Kealey nicht zu frühstücken, auch gesunden Menschen empfiehlt er diesen Schritt. "Die meisten Menschen haben morgens keinen Hunger. Damit schützt uns die Natur vor einer Mahlzeit, die gefährlich ist. Nichts ist gesünder für den Körper, als zu fasten. Die große Mehrheit derjenigen, die das bis mittags durchhalten, sind auch den Rest des Tages weniger hungrig", sagt Kealey.
Auch dieser Aussage widerspricht die Expertin vehement: "Genau das Umgekehrte stimmt: Wenn man nicht gefrühstückt hat, dann entstehen viel eher Heißhungerattacken oder man snackt zwischendurch. Das tritt dann viel eher auf, als wenn man dem Körper mit dem Frühstück einen guten Start in den Tag ermöglicht. Nun hat er sicherlich recht: Frühstück ist nicht gleich Frühstück. Aber generell, wenn es sich um ein ausgewogenes Frühstück handelt, dann setzt das Hungergefühl nicht so schnell wieder ein.“
Insgesamt beschreibt Kealey vier "Gefahren" des Frühstücks in seinem Buch:
1. Frühstücken erhöht die Gesamtanzahl an Kalorien, die wir zu uns nehmen.
2. Frühstücken verstärkt das Hungergefühl im späteren Verlauf des Tages.
3. Frühstücken verschlimmert das Metabolische Syndrom (eine Kombination verschiedener Risikofaktoren wie zum Beispiel Bauchfett, Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerwerte).
4. Das Frühstück ist meist eine sehr kohlenhydrathaltige Mahlzeit, was wiederum zu Punkt drei führt.
Es gibt Ausnahmen
Ganz verteufelt der Biochemiker das Frühstück dann aber doch nicht, auch wenn er es für ein Privileg der dünnen, fitten und jungen Menschen hält. "Wenn Sie frühstücken, und das sollte wirklich nur eine Minderheit tun, dann ist nichts besser, als gekochte Eier, vielleicht ein paar Erdbeeren, etwas Käse und Salat. Aber Kohlenhydrate sind immer schlecht."
Auch für Kinder gelte eine Ausnahme. Sie sollten durchaus morgens frühstücken, wenn sie hungrig sind. Eltern sollten ihnen das Essen jedoch nicht aufdrängen.
Eine weitere Studie von spanischen Wissenschaftlern, die im Fachmagazin "Journal of the American College of Cardiology" veröffentlicht wurde, zeigte allerdings auf, dass das Auslassen des Frühstücks zu Verdickungen und Verhärtungen der Arterien führen kann. Das Fehlen der morgendlichen Mahlzeit kann demnach schlecht für das Herz sein und zu Atherosklerose führen.
Frühstücken: Ja oder nein?
Für die Ökotrophologin steht allerdings fest: "Die Aussagekraft so einer Studie mit nur einer Person ist gleich Null. Das Frühstück ist überhaupt nicht gefährlich, im Gegenteil: Ich würde jedem empfehlen abwechslungsreich, ausgewogen und ausreichend zu frühstücken, besonders natürlich Kindern und Jugendlichen."
Ein gesundes Frühstück beinhaltet Marin zufolge:
- Kohlenhydrate in Form von Müsli oder Vollkornrot, nicht das Weißbrot und nicht die zuckerhaltigen Cornflakes
- ein Stück Obst
- ein Milchprodukt wie Quark, Milch oder Joghurt, am besten Naturjoghurt, dem man das Obst hinzufügt
- magerer Aufschnitt oder Käse
- ab und zu ein gekochtes Ei
Ob das Frühstücken, wie Kealey es sich wünscht, bald abgeschafft wird, ist doch eher fraglich – eine gesunde Alternative: der Umstieg auf ein ausgewogenes, abwechslungsreiches Frühstück. Eins steht jedoch fest: Abgefrühstückt ist das Thema wohl noch nicht.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.