Sicherheitsmängel bei Flugzeugbauer Zweiter Boeing-Whistleblower stirbt überraschend
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Die Aufregung um Sicherheitsmängel beim Flugzeugbauer Boeing reißt nicht ab. Am Montag starb ein weiterer Whistleblower.
Joshua Dean arbeitete als Qualitätsprüfer bei der US-amerikanischen Firma Spirit AeroSystems. Die Firma stellt Teile her, aus denen Flugzeughersteller Boeing Modelle wie die 737-Max baut. Doch offenbar gab es Sicherheitsmängel bei Spirit AeroSystems – weshalb Dean seinen Arbeitgeber bei der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA anschwärzte.
Der Vorwurf: "Ernstes und grobes Fehlverhalten der leitenden Qualitätsmanagements der 737-Produktionslinie". Passiert ist danach allerdings nichts, heißt es in der "Seattle Times". Jetzt ist Joshua Dean tot. Wie die Seattle Times berichtet, wurde Dean ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem er Atemprobleme hatte. Dort entwickelte er eine Lungenentzündung und eine schwere Infektion, an deren Folgen er zwei Wochen später starb.
Auch anderer Boeing-Whistleblower starb unerwartet
In einer herzzerreißenden Nachricht auf Facebook würdigte seine Tante Carol Dean Parsons den Verstorbenen: "Er starb gestern Morgen und seine Abwesenheit wird tief empfunden. Wir werden dich immer lieben, Josh."
Dean ist nicht der erste Boeing-Whistleblower, der in diesem Jahr vorzeitig das Zeitliche segnet. Er wurde von der gleichen Anwaltskanzlei vertreten wie Whistleblower John Barnett. Barnett, der fast drei Jahrzehnte bei Boeing gearbeitet hatte, wurde im März dieses Jahres tot aufgefunden – offenbar erschoss er sich selbst.
Barnett berichtete der New York Times 2019 von metallischen Spänen, die über der Verkabelung der Flugsteuerung hingen und bei Durchdringung der Kabel "katastrophale" Schäden hätten verursachen können. Er warf dem Management vor, seine Beschwerden ignoriert und ihn in einen anderen Bereich der Fabrik versetzt zu haben.
Boeing steht in der Kritik
Vor allem das Sicherheitsbewusstsein bei Boeing stand zuletzt zunehmend in der Kritik. Erst letzten Monat äußerte sich ein weiterer Whistleblower, Sam Salehpour, vor dem US-Kongress zu diesem Thema. Er beklagte eine "fehlende Sicherheitskultur" beim Flugzeugbauer und behauptete, Mitarbeiter, die Alarm schlugen, würden "ignoriert, marginalisiert, bedroht und Schlimmeres". Nachdem er mit seinen Bedenken an die Öffentlichkeit gegangen war, sorgte er sich öffentlich darüber, Opfer eine Gewalttat werden zu können.
Aktuell ermitteln US-Regulierungsbehörden gegen Boeing nach einem Vorfall im Januar dieses Jahres: Dabei löste sich während des Fluges eine Türverkleidung bei einer Boeing 737 Max 9. Laut Reuters prüft das Justizministerium nun, ob Boeing eine Vereinbarung verletzt hat, die den Konzern vor strafrechtlicher Verfolgung wegen zwei tödlichen Abstürze in den Jahren 2018 und 2019 schützte, bei denen insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen. Dies könnte schwerwiegende Konsequenzen für das Unternehmen haben.
- cbsnews.com: "Whistleblower at key Boeing supplier dies after sudden illness"
- theguardian.com: "Second Boeing whistleblower dies after short illness"