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Misstrauensvotum gegen Boris Johnson: "Tödlich verwundet"


"Dem Land Qualen ersparen"
Ex-Minister fordert Johnson zum Rücktritt auf

Von t-online, aj

Aktualisiert am 07.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Gewonnenes Misstrauensvotum: So reagiert Boris Johnson auf die Abstimmung. (Quelle: reuters)

Der Versuch, den britischen Premier zu stürzen, misslingt. Doch das Ergebnis ist verheerend. Der frühere Parteichef der Konservativen drängt auf Konsequenzen. Ein Überblick über die Reaktionen.

Boris Johnson hat seine Steherqualitäten erneut bewiesen. Am Montagabend überstand der britische Premierminister das Misstrauensvotum, das in der Fraktion seiner konservativen Tories wegen der "Partygate"-Affäre gegen ihn angesetzt worden war.

Wie lange er noch stehen wird, bleibt allerdings auch nach dem Votum eine offene Frage. Denn immerhin 148 der 359 konservativen Unterhausabgeordneten sprachen Johnson das Misstrauen aus – seine Machtposition ist damit wohl erheblich geschwächt.

Johnson bemühte sich, das Ergebnis als großen Erfolg darzustellen. "Ich glaube, das ist ein extrem gutes, positives, abschließendes und deutliches Ergebnis", sagte der konservative Parteichef nach der Abstimmung in einem Fernsehinterview. Er fügte hinzu: "Was das bedeutet, ist, dass wir als Regierung nun voranschreiten können und uns auf Dinge konzentrieren können, die den Menschen meiner Meinung nach wirklich wichtig sind."

Die Kritik an seiner Person stellte er als reinen Medienrummel dar. Er freue sich, nun ausschließlich über die Prioritäten seiner Regierung zu sprechen und nicht mehr über "das ganze Zeug, das von obsessivem und zwanghaftem Interesse" der Journalisten sei, so der Premier.

Hague: Johnson sollte dem Land Qualen ersparen

Der frühere Parteichef der Konservativen, William Hague, forderte Johnson zum Rücktritt auf. Der Regierungschef habe nicht mehr die Autorität, um seine Partei und das Land zu führen, schrieb der ehemalige Außenminister in einem Beitrag für die Tageszeitung "The Times".

Hague schrieb dazu: "Tief im Inneren sollte er das erkennen und sich darauf einstellen, einen Ausstieg zu finden, der sowohl der Partei als auch dem Land solche Qualen und Unsicherheiten erspart."

Labour-Chef Starmer: Johnson hält seine Versprechen nicht

Oppositionsführer Keir Starmer warf den Konservativen vor, gar keinen Plan zu haben, wie sie ihre Probleme angehen wollen. Es zeige sich klarer als jemals zuvor, wie gespalten die Tory-Partei sei. Die britische Öffentlichkeit habe genug von einem Premierminister, der viel verspreche, aber niemals diese Versprechen halte, sagte der Labour-Chef.

Starmer nutzte das Ergebnis auch, um für seine eigene Partei zu werben. "Labour wird Großbritannien wieder auf den richtigen Weg bringen." Starmers Parteikollege, Labour-Außenexperte David Lammy, bezeichnete Johnson als "tödlich verwundet".

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Es war nicht nur die laxe Haltung gegenüber den selbst aufgestellten Regeln, die Johnsons Gegner in der eigenen Partei auf die Barrikaden gebracht hat. Jesse Norman, Tory-Abgeordneter und langjähriger Weggefährte Johnsons, warf dem Premier unter anderem vor, die Einheit des Landes zu gefährden.

Den Konfrontationskurs mit Brüssel in der Nordirland-Frage bezeichnete er als "wirtschaftlich sehr schädlich, politisch töricht und beinahe sicher illegal". Johnsons Plan, Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, beschrieb er als "hässlich, wahrscheinlich kontraproduktiv und von zweifelhafter Rechtmäßigkeit".

Eine langfristige politische Agenda habe Johnson nicht. "Stattdessen versuchst du einfach nur Wahlkampf zu betreiben, indem du ständig das Thema wechselst und politische und kulturelle Gräben hauptsächlich zu deinem eigenen Vorteil schaffst", so Norman weiter.

"Für Boris sollte es vorbei sein"

Ian Blackford von der Schottischen National Party (SNP) zeigte sich "fassungslos" über das Ergebnis des Votums. Der SNP-Vorsitzende in Westminster sagte, es sei eine "große Sache", dass so viele Konservative gegen ihren eigenen Premierminister gestimmt hätten. Johnson habe jetzt die Unterstützung von weniger als einem Drittel des Unterhauses.

"Für Boris sollte es vorbei sein", so Blackford. "Er ist ein Mann, der nicht die Unterstützung des Parlaments hat ... Er muss erkennen, dass er mit seinem Verhalten das Amt des Premierministers erniedrigt hat." Er glaube nicht, dass Boris Johnson noch einmal zu den Parlamentswahlen antreten werde.

Bildungsminister Zahawi: Es ist Zeit, nach vorne zu schauen

Ein weiteres Misstrauensvotum ist nach den geltenden Regeln der britischen Konservativen nun für einen Zeitraum von zwölf Monaten ausgeschlossen. Vertraute Johnsons forderten daher, jetzt einen Schlussstrich unter die Kritik an der Führungsrolle des Premiers zu ziehen.

"Ich denke, es ist nun wichtig, sich daran zu erinnern, dass wir nur in der Lage sind zu liefern, wenn wir vereint sind", sagte Bildungsminister Nadhim Zahawi dem Sender Sky News. Es sei Zeit, nach vorne zu schauen und sich Themen wie etwa der Wirtschaft und der stark steigenden Inflation widmen zu können.

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Auch die Kulturministerin Nadine Dorries sagte, man müsse jetzt zum Regieren zurückkehren. "Die Person, der Starmer bei einer Wahl nicht begegnen will, ist Boris Johnson, der die größte Mehrheit der Konservativen seit 1987 und den höchsten Stimmenanteil (43,6 Prozent) aller Parteien seit 1979 mit 14 Millionen Stimmen erreicht hat", so die konservative Abgeordnete.

Gove: Jetzt müssen wir tun, wofür wir gewählt wurden

Außenministerin Liz Truss stimmte Dorries zu: "Jetzt ist es an der Zeit, sich an die Arbeit zu machen." Truss schrieb auf Twitter, sie sei "erfreut, dass die Kollegen den Premierminister unterstützt haben. Ich unterstütze ihn zu 100 Prozent."

Wohnungsbauminister Michael Gove sagte unterdessen, man müsse sich auf die Prioritäten der Menschen konzentrieren, nachdem der Premierminister das Vertrauen seiner Abgeordneten gewonnen habe. "Jetzt müssen wir das tun, wofür wir gewählt wurden – das Niveau anheben, die Kriminalität senken, die Vorteile des Brexits sichern und die öffentlichen Dienstleistungen verbessern", schrieb Gove auf Twitter.

Verwendete Quellen
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