Lebensmittelallergien Wenn das Essen krank macht
Bauchschmerzen
Wenn Essen krank macht, geht die große Suche nach dem Übeltäter los. Doch es ist gar nicht so leicht, die Auslöser der Unverträglichkeiten ausfindig zu machen.
Suche nach Allergenen ist Detektivarbeit
Es war zum Verzweifeln: Immer wenn die Frau im Restaurant essen ging, bekam sie dicke, juckende Stellen am ganzen Körper. Allergietests brachten nichts. "Und dann ging es irgendwann auch zu Hause los, dass sie gequaddelt hat", erzählt Sonja Lämmel vom DeutschenAllergie- und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach. "Da war Detektivarbeit angesagt."
Mit viel Nachforschen fand die Ernährungsfachkraft des Rätsels Lösung: Die Frau pflegte ihre Schwiegermutter und hatte deshalb weniger Zeit. Es kamen viele Fertigprodukte und Tütensuppen auf den Tisch. Eine gezielte Provokation in einer Fachklinik brachte den Beweis: pseudoallergische Reaktion auf Zusatzstoffe, Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker. so erklärten sich auch die rätselhaften, juckenden Nesselausschläge nach dem Essen in Gaststätten. Solche Leidensgeschichten kommen oft vor, sagt Lämmel.
Allergien sind auf dem Vormarsch
Allergien nehmen seit vielen Jahren zu. Nach Schätzung von Ärzten und DAAB haben etwa sechs Prozent aller Kinder und drei Prozent der Erwachsenen eine Nahrungsmittelallergie. Einen einzigen Grund für die Zunahme gebe es nicht, sagt Stephan Meller, Allergologe und Oberarzt in der Düsseldorfer Universitätsklinik. Faktoren seien unsere Umwelt und bestimmte Ernährungsgewohnheiten.
Seit 2008 erinnert der DAAB mit dem Lebensmittelallergietag, der dieses Jahr am 21. Juni stattfindet, an diese Krankheit, an der Hunderttausende leiden und für die es kein Heilmittel gibt. "Das einzig Wirksame ist, dass der Patient weiß, wogegen er allergisch reagiert und dieses Lebensmittel konsequent meidet", sagt Lämmel. Allerdings: Dafür muss der allergieauslösende Stoff auf den Verpackungen der Lebensmittel und bei loser Ware im Restaurant oder in der Bäckerei klar erkennbar sein. Das ist nicht immer der Fall.
Allergieauslöser müssen seit 2014 deklariert sein
Seit Mitte Dezember 2014 ist die Deklaration klarer geregelt: Seitdem stehen auf dem Etikett von Lebensmitteln die Hauptauslöser für Allergien und Unverträglichkeiten fett oder unterstrichen, wenn sie enthalten sind. Dazu gehören glutenhaltige Getreide, Milch, Eier, Fische, Nüsse, Soja, Sellerie oder Sulfite. Aber bei der losen Ware hakt es noch etwas: Die Wurst vom Metzger, die Körnerbrötchen vom Bäcker müssen zwar auch seit Ende 2014 gekennzeichnet werden, aber nicht jeder Betrieb setzt diese neue Regelung schon um. Die Kunden müssen häufig extra danach fragen. "Das ist eine Katastrophe für Allergiker", sagt Andrea Wallrafen, die Geschäftsführerin des DAAB.
Typische Symptome: Quaddeln, Atemnot und Durchfälle
Allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel können verwirrend verschieden sein. Sie reichen von Jucken, Rötung und Quaddeln auf der Haut, über Niesattacken und Schnupfen, Husten und Atemnot bis hin zu Durchfällen, Erbrechen oder Übelkeit. Die schwerste allergische Reaktion ist der anaphylaktische Schock in Form eines lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruchs.
Je nach Lebensalter neigen Menschen zu anderen Lebensmittelallergien: Hauptauslöser bei Säuglingen sind Kuhmilch und Hühnerei. Bei Kindern kommen Nüsse, Fisch und Weizen hinzu. Jugendliche und Erwachsene reagieren häufiger auf rohe Gemüse- und Obstsorten, Gewürze und Nüsse. Diese Kreuzreaktionen treten in etwa 60 Prozent der Fälle mit einer gleichzeitig vorliegenden Pollenallergie auf.
Mögliche Auslöser für Weizen-Allergie: Anstrengung und Alkohol
Besonders mysteriös ist eine neue Form einer Weizen-Allergie, die vor allem in Kombination mit Anstrengung, Alkohol und Arzneimitteln auftritt. Vor etwa drei Jahren sei das aufgekommen und dann häufiger geworden, berichtet Lämmel. Dabei können Anstrengung, Alkohol oder bestimmte Arzneimittel als Auslöser wirken. Betroffen seien vor allem junge Leute, hat Lämmel beobachtet.
Meller, der Allergologe am Düsseldorfer Universitätsklinikum, begegnet solchen Fällen etwa einmal im Monat. "Jemand isst ein Brötchen und treibt dann Sport, das kann dann eine extreme Reaktion zur Folge haben." Das Phänomen wird "WDEIA" (Wheat Dependent Exercise Induced Anaphylaxis) genannt: ein ernährungsabhängiger, durch Anstrengung herbeigeführter, allergischer Schock.
In solchen Fällen muss der Arzt seine Patienten oft erst von der ungewöhnlichen Allergie gegen Weizen überzeugen. "Nein, den hab ich ja gestern noch vertragen", hört Meller dann. Es sei ein Puzzlespiel und komme gar nicht so selten vor.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.