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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Verantwortungslos und willkürlich" Bekannter iranischer Rapper zum Tode verurteilt
Toomaj Salehi wurde zuletzt zu einer Haftstrafe verurteilt. Nun die Wendung: Das Regime im Iran sieht die Todesstrafe für den Rapper vor.
Der iranische Rapper Toomaj Salehi wurde zum Tode verurteilt. Das teilte die politische Patin Ye-One Rhie (SPD) am Mittwochnachmittag unter Berufung auf Salehis Anwalt mit. "Es ist bisher völlig unklar, wie dieses Urteil zustande kommen konnte", sagte die Bundestagsabgeordnete in einem Statement, das t-online vorliegt.
Wie die iranische Zeitung "Shargh" am Mittwoch unter Berufung auf Salehis Verteidiger Amir Raisian berichtete, verurteilte ein Revolutionsgericht in der zentral-iranischen Stadt Isfahan den bekannten Musiker zum Tode. Gemäß islamischer Rechtsauffassung wurde Salehi "Korruption auf Erden" vorgeworfen – eine Anklage, die oft für ihre willkürliche Anwendung kritisiert wird. Der Anwalt kündigte laut der Zeitung an, Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen zu wollen.
Salehi (33) war im vergangenen Jahr zu sechs Jahren Haft im Iran verurteilt worden, dann aber nach mehr als einem Jahr Gefängnis auf Kaution freigekommen. Nachdem er in sozialen Medien auf die menschenunwürdigen Haftbedingungen und Folterungen von Gefangenen, einschließlich ihm selbst, aufmerksam gemacht hatte, wurde er wieder vor Gericht gestellt (mehr dazu lesen Sie hier). Was zunächst im Urteilsspruch eine einjährige Haftstrafe mit zwei Jahren Umerziehungskurs war, ist jetzt zur Todesstrafe hochgestuft worden.
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"Absurd und menschenunwürdig"
"Die Höhe des Strafmaßes ist absurd und menschenunwürdig. Dieses Urteil entzieht sich jeder rechtsstaatlichen Grundlage und ist deshalb völlig inakzeptabel", sagte SPD-Politikerin Ye-One Rhie. "Es ist unglaublich, wie verantwortungslos und willkürlich das iranische Regime mit Angeklagten umgeht." Im Chaos der zuständigen Gerichte sei es unmöglich, eine rechtsstaatliche Justiz zu erkennen. In keinem einzigen internationalen, rechtsstaatlichen Verfahren wäre dieses Urteil so gefällt worden.
Die politische Patin erneuerte ihren Appell an die Islamische Republik: "Ich fordere die umfassende Aufklärung dieses Falls durch das iranische Regime und die sofortige Freilassung von Toomaj Salehi."
Salehi ist ein bekannter Rapper im Iran. In seinen Texten verarbeitet er auch immer wieder politische und soziale Kritik. Für viele Iranerinnen und Iraner steht sein Gesicht für die aktuelle Revolution und das Schicksal Zehntausender Inhaftierter. Das erste Mal verhaftet wurde er im Herbst 2022 im Zuge der landesweiten Protestwelle um den Tod von Jina Mahsa Amini. Zwischenzeitlich hieß es, der Musiker könne auf eine Begnadigung hoffen.
Kritik an Todesstrafe
Im Zusammenhang mit Salehis Fall hatte die EU im Juni 2023 Verantwortliche mit Sanktionen belegt. Betroffen war unter anderem der Generalstaatsanwalt der Provinz Isfahan. Dieser hatte nach EU-Angaben damals Anklage gegen den Musiker erhoben. Der Rapper sei unter grausamen Bedingungen inhaftiert, hieß es vergangenes Jahr.
Menschenrechtler kritisieren die Anwendung der Todesstrafe im Iran seit Jahrzehnten. Offizielle Zahlen zu Hinrichtungen gibt es nicht. Laut Amnesty International wurden im vergangenen Jahr 853 Menschen hingerichtet – so viele wie seit 2015 nicht mehr. Besonders großen internationalen Protest hatten Exekutionen im Kontext der Massenproteste vom Herbst 2022 ausgelöst. Davon sind mindestens neun Fälle bekannt.
- Mitteilung von Ye-One Rhie am 24. April 2024
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa