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Kopfschmerzen bei Kindern: immer häufiger, immer früher


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Kinderärzte besorgt
Kopfschmerzen bei Kindern – immer häufiger, immer früher


Aktualisiert am 14.07.2022Lesedauer: 5 Min.
Junges Mädchen greift sich an den Kopf. Wie auch bei Erwachsenen sind Migräne und Spannungskopfschmerz die häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen bei Kindern.Vergrößern des Bildes
Migräne und Spannungskopfschmerz sind die häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen bei Kindern. (Quelle: chameleonseye/getty-images-bilder)

Kopfschmerzen bei Kindern haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Erhebungen zufolge ist jedes fünfte Kind betroffen. Was Sie dagegen tun können.

Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter gehören zu den häufigsten Gründen, warum Minderjährige einem Arzt vorgestellt werden. Schon im Vorschulalter sind annähernd 20 Prozent betroffen, bis zum Ende der Grundschulzeit hat dann bereits etwa jedes zweite Kind unangenehme Erfahrungen mit Kopfschmerzen gemacht, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.

Als bedenklich sehen es die Experten, dass Kopfschmerzen bei Kindern schnell chronisch werden können und sich zu einer anhaltenden, manchmal sogar lebenslangen Erkrankung entwickeln können.

Studien zeigen: Immer mehr Kinder leiden an Kopfschmerzen

Die Zunahme von Kopfschmerzen bei Kindern ist durch verschiedene epidemiologische Studien der letzten Jahre belegt. Die Experten der Stiftung Kindergesundheit verweisen auf eine Untersuchung, die Psychologen an der Universität Göttingen durchgeführt haben, sowie eine Studie des Robert Koch-Instituts und die sogenannte MUKIS-Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Kopfschmerz-Diagnose bei jungen Patienten oft schwierig

"Die Diagnose von Kopfschmerzen ist bei jüngeren Kindern nicht einfach", sagt der Münchner Kinder- und Jugendarzt Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: "Bei kleinen Kindern, die noch nicht sprechen können, sind Kopfschmerzen nur schwer zu erkennen."

Häufige Anzeichen seien Reizbarkeit, Unruhe und Überempfindlichkeit gegen Berührungen. Etwas ältere Kinder drückten die Hände an den Kopf oder vor die Augen und zeigen ein von Schmerzen geplagtes Gesicht. Verlässliche Beschreibungen seien erst im Vorschul- und frühen Schulalter zu erwarten.

Migräne und Spannungskopfschmerz am häufigsten

Die häufigsten Formen von primären Kopfschmerzerkrankungen sind dem Experten zufolge bei Kindern Migräne und Spannungskopfschmerzen. Ein Kind, das unter einer akuten Migräneattacke leidet, hört meistens auf zu spielen oder zu lernen, ist blass, möchte sich hinlegen und vielleicht auch schlafen. Typisch ist auch, dass jede Anstrengung vermieden wird und das Kind im Laufe einer Attacke einschläft. Beim Aufwachen sind dann die Beschwerden meist verschwunden.

Der pulsierende oder pochende Schmerz ist – im Gegensatz zur Migräne bei Erwachsenen – meist nicht nur auf eine Kopfseite beschränkt, sondern betrifft beide Seiten und häufig auch die Stirn. Unter den Begleiterscheinungen stehen bei Kindern vor allem Übelkeit und Erbrechen, aber auch Geräusch- und Lichtempfindlichkeit im Vordergrund. Die Attacken sind kürzer als bei Erwachsenen und dauern nur selten länger als zwei Stunden.

Aura-Migräne: Blitze vor Augen und Gefühlsstörungen

Auch bei Kindern kann es kurz vor einer Attacke zu neurologischen Ausfällen, zu einer sogenannten Aura, kommen. Zur Auramigräne gehören Flimmersehen oder Lichtblitze in den Augen, Gefühlsstörungen in Händen und Armen oder auch Sprachstörungen.

Wichtig zu wissen: Die Heftigkeit des Schmerzes und die Begleitsymptome können so intensiv sein, dass das Kind sie mit starker Angst erlebt.

Wenn es im Kopf pocht und pulsiert

Im Gegensatz zu einer Migräneattacke sind Spannungskopfschmerzen dumpf-drückend bis ziehend und nicht pulsierend. Der Schmerz tritt in der Regel auf beiden Seiten des Kopfes auf. Er breitet sich häufig vom Nacken zur Stirn oder von der Stirn zum Nacken aus und zieht auch die Augen oder Wangen in Mitleidenschaft.

Der Schmerz ist von leichter bis mäßiger Intensität und wird bei körperlicher Bewegung in aller Regel nicht stärker, sondern eher schwächer: Eine Ablenkung durch Aktivität tut gut. Die bei Migräne typischen Begleitsymptome fehlen.

Manchmal hilft schon die richtige Brille

Neben diesen sogenannten primären Kopfschmerzerkrankungen können Kopfschmerzen aber auch Ausdruck und Warnzeichen anderer körperlicher Erkrankungen sein, betonen die Experten der Stiftung Kindergesundheit. So werden sowohl fieberhafte Infekte als auch Störungen des Blutdrucks häufig von Kopfschmerzen begleitet.

Typische Beispiele sind Kieferhöhlenentzündungen, Ohrentzündungen, Halsentzündungen oder Mandelentzündungen. In seltenen Fällen können die heftigen, immer weiter zunehmenden Kopfschmerzen auf eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder einen Hirntumor hindeuten. Auch eine Gehirnerschütterung verursacht häufig Kopfschmerzen, ja sie kann sogar Ursache länger anhaltender, chronischer Kopfschmerzen sein.

Es kann aber auch etwas ganz anderes hinter den Kopfschmerzen stecken: ein Sehfehler etwa, der zu einer Überanstrengung der Augen führt. Er kann mit der richtigen Brille korrigiert werden. Auch zu viel direkte Sonneneinstrahlung auf den unbedeckten Kopf kann Kopfschmerzen auslösen.

Mobbing oder Konflikte als Ursachen

Wenn die genannten möglichen Ursachen vom behandelnden Kinderarzt ausgeschlossen worden sind, wird weiter nach möglichen seelischen Gründen der Schmerzen gesucht. Kopfschmerzen und das Erleben von Stress liegen auch für Kinder nahe beieinander: Mobbing, Ausgrenzung oder Herabsetzung tun ihnen weh. Wichtig ist dabei, die tieferen Ursachen und schweren Konflikte sowohl in der Familie als auch in der Schule zu erkennen, die dem Kind im wahrsten Sinne des Wortes "Kopfzerbrechen" bereiten.

"Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe des Kinder- und Jugendarztes, mithilfe einer ausführlichen Befragung der Eltern und einer gründlichen Untersuchung des Kindes die Kopfschmerzen einzuordnen und entsprechend der Verdachtsdiagnose weitere Untersuchungen einzuleiten", sagt der Kinderneurologe Professor Dr. Florian Heinen, Direktor des Sozialpädiatrischen Zentrums im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München.

Kopfschmerzkalender kann hilfreich sein

"In der großen Mehrzahl der Fälle werden die Kinder- und Jugendärztinnen die Angst der oft stark verunsicherten Eltern nehmen können", sagt Heinen. Das Kind oder der Jugendliche erfahre in einem guten Aufklärungsgespräch, was sich hinter seinen Kopfschmerzen verbirgt, und erhalte seine persönlichen Empfehlungen zu Schlaf, Sport, Ernährung, Trinkmenge und zu den oft dringend notwendigen Pausen vom Medienkonsum.

Um die Kopfschmerzen noch besser zu verstehen, können Kind und Eltern für zwei bis drei Wochen einen Kopfschmerzkalender führen. Sie sollten darin Dauer und Stärke der Schmerzen, die Begleitsymptome, mögliche Auslöser und auch die eingenommenen Medikamente festhalten. Allein dadurch kommt man oft den individuellen Auslösern auf die Spur.

Nicht gleich zu Tabletten greifen

Kinder, die unter Kopfschmerzen leiden, sollten sich mehr im Freien bewegen, regelmäßig Sport treiben und ausreichend Wasser trinken. "Sie sollten außerdem weniger Zeit mit Computerspielen und Fernsehen verbringen und auf geregelte Mahlzeiten und auf ausreichenden Schlaf achten", sagt Koletzko. Die Einhaltung fester Zeiten des Schlafengehens und des Aufwachens und das Vermeiden von Koffein am Nachmittag – also von Cola, Kaffee und Energydrinks – hätten sich in Studien als gute Ansätze gegen Kopfweh erwiesen.

Als hilfreich gegen Kopfweh hätten sich auch nicht medikamentöse Maßnahmen erwiesen, betonen die Experten. Dazu gehören Entspannungsübungen, Physiotherapie und eine Anpassung des Tagesrhythmus sowie reflektierende Gespräche mit dem an Kopfschmerzen erkrankten Kind über Dinge, die es belasten oder ihm eher guttun.

In komplizierten Fällen können die Kinderärztinnen und Kinderärzte ihre Patienten auch in eine der kinderneurologisch geleiteten Kinder-Kopfschmerz-Zentren überweisen, die es an mehreren Universitätskliniken und großen Krankenhäusern gibt.

Vorsicht bei Acetylsalicylsäure (ASS)

Ist eine medikamentöse Behandlung notwendig, weil alle andern Maßnahmen nichts bringen, gibt es bei jungen Patienten einige Besonderheiten zu beachten. Zur medikamentösen Akutbehandlung der Schmerzen verordnen Kinder- und Jugendärzte daher meist Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol. Acetylsalicylsäure (ASS) sollte wegen der Gefahr einer zwar seltenen, aber gefährlichen Komplikation ("Reye-Syndrom") erst ab zwölf Jahren eingesetzt werden.

Eine Alternative zur Behandlung von leichten oder mittelschweren Kopfschmerzen vom Spannungstyp bietet die äußere Anwendung einer zehnprozentigen Pfefferminzöl-Lösung aus der Apotheke, die auf Stirn und Nackenmuskeln aufgetragen werden kann.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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