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Hassnachrichten im Netz: Was Betroffene dagegen tun können


Inhalte sichern und anzeigen
Wie man sich gegen Hass im Internet wehren kann

Beleidigungen und Drohungen im Internet muss niemand einfach hinnehmen. Eine Juristin erklärt, was Betroffene tun sollten, um sich zur Wehr zu setzen.

Aktualisiert am 14.08.2023|Lesedauer: 3 Min.
Von dpa
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"Schlampe", "Drecks Fotze", "Sondermüll" – mit diesen Anfeindungen aus dem Netz musste sich die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast auseinandersetzen. Eine legale, freie Meinungsäußerung? Oder eine rechtswidrige Beleidigung? Trotz der offensichtlich harten Worte war diese Frage ein Fall für die Gerichte. Was sollten Betroffene tun, wenn ihnen als Social-Media-Nutzerinnen und -Nutzern derartiger Hass entgegenschlägt?

Vor Hass schützen: Auch über die Kommentarspalte im Internet können Menschen Straftaten begehen.Vergrößern des Bildes
Vor Hass schützen: Auch über die Kommentarspalte im Internet können Menschen Straftaten begehen. (Quelle: IMAGO / Panthermedia)

Hassnachrichten korrekt dokumentieren

Allem voran: sämtliche Inhalte sichern. "Das ist nicht das Erste, was einem in einer solchen Situation in den Sinn kommt, aber es ist wichtig, alles zu speichern, bevor es gelöscht wird", sagt Anna Wegscheider, die als Juristin für HateAid arbeitet, eine gemeinnützige Organisation, die auch Renate Künasts Gerichtsprozesse unterstützte.

Zu den Maßnahmen zählt, den Bildschirm abzufotografieren. "In der Praxis wird die Echtheit eines Screenshots selten bestritten", sagt Rechtsanwalt Philipp Gabrys, Mitglied der Rechtsanwaltskammer Schleswig-Holstein. "Dennoch ist es gut, einen Zeugen dabei zu haben oder den Screenshot machen zu lassen", so der Fachanwalt für IT-Recht.

Die Dokumentation ist hierbei entscheidend. Die Screenshot sollten etwa den Chat-Verlauf nachvollziehbar machen. Alternativ kann die ganze Seite via PDF-Datei gesichert werden. Damit die Beweise auch als rechtssicher eingestuft werden können, sollten folgende Informationen nicht fehlen:

  • Inhalt der Nachricht
  • Vorangegangene Debatte oder Konversation, bestenfalls mit dem Ausgangspost (Kontext)
  • Das genaue Datum und die genaue Uhrzeit
  • Profilname
  • URL (Internetadresse)

Gegen Hass im Netz vorgehen

Um gegen Hass im Netz vorzugehen, rät die HateAid-Juristin, sich sowohl an den Portalbetreiber zu wenden als auch Anzeige zu erstatten. Es sei zwar wichtig, dass die Inhalte gelöscht werden, "aber dadurch passiert den Täterinnen und Tätern nichts". Sie könnten genau den gleichen Kommentar unter einem anderen Account erneut posten.

Auch Dritte können digitale Übergriffe melden

Um sich an den Portalbetreiber zu wenden, können meist bestimmte Formulare oder eine Meldefunktion genutzt werden. Doch eine Garantie auf schnelles Löschen gibt es nicht: "Bei Beleidigungen ist die Lage meist klar, aber bei falschen Tatsachenbehauptungen kann der Bearbeiter nicht wissen, was die Wahrheit ist". Häufig existieren separate Meldeformulare, so lässt sich der Prozess immerhin anstoßen.

Wer auf diesem Weg keinen Erfolg hat, kann sich von einem Fachanwalt für Urheber und Medien sowie IT-Recht beraten und vertreten lassen. Wegen der Kosten kann sich eine Rechtsschutzversicherung lohnen.

Wichtig für die Opfer von Beleidigungen im Netz ist zudem: Auch Dritte können Hetze bei der Plattform melden und Anzeige erstatten. "Je nachdem, um welches Delikt es sich handelt, muss die betroffene Person noch zusätzlich einen Strafantrag stellen", sagt Anna Wegscheider.

Wie Dritte helfen können

Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung sind sogenannte Antragsdelikte. "Im Idealfall sichert man als dritte Person die Inhalte, kontaktiert die betroffene Person und fragt, ob sie Anzeige erstatten will", so Wegscheiders Rat.

Meldeportale nutzen

Darüber hinaus gibt es spezielle Meldeportale wie zum Beispiel

  • "Respect" der Jugendstiftung Baden-Württemberg,
  • die Meldestelle "Hessen gegen Hetze" des Hessischen Innenministeriums,
  • das Portal "hamburg-gegen-hass.de", über das digitale Gewalt unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft Hamburg angezeigt werden kann.

Zudem können Betroffene Wegscheider zufolge in fast allen Bundesländern Anzeige über die jeweilige Online-Wache der Polizei erstatten. Auch HateAid bietet ein entsprechendes Meldeformular an.

"Viele stellen sich das sehr aufwendig und umständlich vor, gerade online sind es aber nur wenige Klicks", versichert Wegscheider. Erfordern Eingabemasken personenbezogene Daten, ist das für Betroffene jedoch ein sensibles Thema – gerade, wenn es etwa um die private Wohnanschrift geht. "Es geht vor allem darum, dass die Behörden einen kontaktieren können", so Wegscheider.

Privatadresse schützen

Wer Bedenken hat, durch die Angabe seiner Privatadresse gefährdet zu sein, kann auch eine c/o-Adresse angeben, also "wohnhaft bei", oder die Anschrift des Arbeitgebers. Denn tatsächlich besteht laut Wegscheider ein gewisses Risiko, dass bei einem Strafverfahren der Täter oder die Täterin über den Anwalt die Möglichkeit bekommt, Akteneinsicht zu nehmen und so an die private Anschrift gelangt.

Schnelles Handeln entscheidend

Personen, die sich angefeindet sehen, müssen übrigens nicht wissen, welcher Straftatbestand genau erfüllt ist, ob es sich also beispielsweise um eine Beleidigung handelt oder um üble Nachrede. Wegscheider: "Wenn man das Gefühl hat, die Inhalte sind beleidigend, herabwürdigend, hetzend oder bedrohend, raten wir im Zweifelsfall dazu, sie anzuzeigen."

Schnelles Handeln ist dabei wichtig, unterstreicht IT-Fachanwalt Philipp Gabrys: "Weil die Daten nicht so lange gespeichert werden, kann sonst eventuell die IP-Adresse nicht mehr zugeordnet werden."

Und was, wenn nichts passiert und das Verfahren eingestellt wird? Nicht jeder hat einen so langen Atem wie Renate Künast, die vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zog. Selbst wenn das Verfahren eingestellt werden könnte, sei eine Anzeige wichtig, meinen Wegscheider und Gabrys. Denn auf dem Papier gebe es noch immer zu wenige offiziell dokumentierte Fälle von Hass im Netz.

"Je mehr angezeigt wird, desto mehr können wir auf struktureller Ebene argumentieren und arbeiten, weil wir eine Datenbasis haben", sagt Wegscheider. Denn dann fließen die Fälle in die Kriminalstatistik oder in die Statistik für politisch motivierte Kriminalität ein.Im Fall Renate Künast ist übrigens seit 2022 klar: Die genannten Anfeindungen, mit denen sie es zu tun hatte, sind eindeutig Beleidigungen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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