Für Rotwein, Weißwein, Sekt Gute Weingläser kaufen: Auf diese Kriterien kommt's an
Klar, zur Not schmeckt ein solider Wein auch aus dem Wasserglas. Wer aber Wert auf den vollen Genuss von Rotwein oder Weißwein legt, der sollte in die entsprechenden Gläser investieren und hochwertige Weingläser kaufen. Passionierte Weintrinker übertreiben dabei mitunter und setzen auf edles Kristall in den verschiedensten Formen. Für jeden Wein das passende Glas, ist das wirklich nötig? Nein!, sagen Weinexperten.
Gourmets und Weinexperten diskutieren über Terroir, Barrique oder Bouquet. Sie kennen sogar die eingesetzte Weinhefe beim Namen. Doch für den Genuss ist nicht nur entscheidend, was da genau in Fass und Flasche heranreift – fast genauso wichtig ist, in welchem Glas der Wein serviert wird.
"Ohne das richtige Weinglas bleibt ein wichtiger Teil der Aromenfülle eines Weines unentdeckt oder geht auf der Strecke zwischen Glas und Nase verloren", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. "Es ist Aufgabe des Glases, dem Wein seine volle Entfaltung zu ermöglichen. Gute Weingläser lenken die Aromen in die richtigen Bahnen." Das Weintrinken ist vor allem auch ein Akt des Riechens. Ein gutes Weinglas erfüllt den Zweck, die Aromen des Weines zu bündeln und als olfaktorischen Reiz ans Gehirn zu übermitteln.
Ein Frage von Bauch und Stiel: das perfekte Weinglas
Die Form des Glases beeinflusst also durchaus über den Duft auch den Geschmack des Weines. "Es ist sehr wichtig, dass sich ein Weinglas nach oben hin verjüngt und außerdem genug Volumen hat. So kann sich das Aroma des Weines an der Luft entfalten", erklärt Julia Gold, Sommelier aus Berlin. "Wichtig ist auch, dass das Weinglas über eine gewisse Stiellänge verfügt. Erstens, damit sich Gerüche von der Haut nicht ins Aroma des Weins mischen. Zweitens, damit man das Glas nicht am Kelch anfassen muss und damit die Temperatur des Weines beeinflusst."
Generell gilt es, vier Kriterien zu beachten, will man ein gutes Weinglas kaufen: sauber, dünnwandig, langstielig und glasklar sollte es sein. Weinexperten schreiben einem filigranen Glas einen objektiv besseren Trinkgenuss zu. "Der Kontakt zum Wein erfolgt unmittelbarer", sagt Ernst Büscher. "Man spitzt beim Trinken aus einem dünnwandigen Glas die Lippen, sodass sich der Wein von der Zungenspitze aus im Mund verteilt und so alle Geschmackspapillen auf der Zunge in den Genuss des Weines kommen." Auch die Temperatur werde von einem dünnen Glas weniger beeinflusst.
Weingläser kaufen: Traditionshersteller hochwertiger Kristallgläser
Hersteller besonders hochwertiger Kristallgläser wie Riedel aus Österreich oder Stölzle aus der Lausitz vereinen in ihren Glasserien diese Funktionen mit klassischem oder auch modernem Design. Aus dem Jahr 1973 stammt eine der erfolgreichsten handgemachten Glasfabrikate, die Linie "Sommeliers" von Claus Riedel. Sie wird bis heute ständig erweitert. 18 verschiedene Weingläser umfasst die Serie, dazu gesellen sich Gläser für Wasser, Spirituosen und andere alkoholische Getränke.
Für den Genuss von Bordeaux empfiehlt Riedel etwa ein ganze 27 Zentimeter hohes Glas mit hochgezogenem Kelch, dessen Fließverhalten sich für Weine mit "Körper, hoher Extraktkonzentration und süßen, runden Tanninen" eignen soll. Vergleichsweise klein erscheint dagegen das Rosé-Glas mit 18 Zentimetern und einem kurzen Kelch, der sich nach oben hin erst verjüngt, dann wieder öffnet.
Die mundgeblasene Premiumserie "Solution" der Firma Stölzle aus Weißwasser hat der Architekt Professor Wilhelm Holzbauer entworfen. Architektonisch, geometrisch und fast zackig wirken die Gläser, deren Silhouette von geraden Linien und Winkeln statt fließenden Schwüngen gekennzeichnet ist. Die Serie ist allerdings weniger diversifiziert oder auf einzelne Rebsorten beziehungsweise Anbaugebiete angepasst.
Weingläser kaufen: Drei Formen für alle Lebenslagen
Insgesamt reichen drei Formen von Weingläsern aus, um verschiedenen Weinen gerecht zu werden: ein bauchiges Glas für reife, hochwertige und tanninarme Rotweine. Ein schlankes, hohes Glas für kraftvolle, tanninbetonte Rotweine. Und eine etwas kleinere Version für mittelschwere, klassisch ausgebaute Rot- und Weißweine, sagt Weinexperte Büscher.
Gute Weingläser für Alltag und Hausgebrauch
Für den Alltag sei ein Satz mittelgroßer Rotwein- und Weißweingläser sowie Sektgläser ausreichend. Als Universalglas empfiehlt Büscher ein eiförmiges Glas wie das Modell "Sensus", das die Deutsche Lebensmittelgesellschaft (DLG) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Weininstitut und dem Glashersteller Schott Zwiesel entwickelt hat.
Auch Sommelier Julia Gold hält zu viele verschiedene Weingläser für zu Hause für übertrieben. "Hat man ordentliche gute Gläser, reicht sogar eine Form für alle Weine", sagt sie. "Auch zur Verkostung ist das erst mal ganz gut, weil man gleiche Voraussetzungen hat. Vielleicht legt man sich dann später noch größere Rotweingläser für besondere Tropfen zu."
Schmeckt's aus guten Weingläsern nun wirklich besser?
Lohnt es sich also grundsätzlich, teure Weingläser zu kaufen? Schmeckt es aus guten Gläsern wirklich besser? Für die Gastronomin Ortrud Hücherig vom Berliner Feinkostgeschäft "SowohlAlsAuch" ist die Sache klar: "Guter Wein: ja. Schlechter Wein: sicher nicht."
Die Expertin gibt einfach und funktional gestalteten Gläsern auch im hochpreisigen Segment den Vorzug. "Ein schlichtes Design lenkt nicht vom Eindruck des Weines ab", findet sie. Und rät: auf keinen Fall sollte man zu modische Weingläser kaufen. "Setzen Sie auf klassische Formen ohne Spielereien am Stiel, Blasen im Glas oder gar Muster." Von der tiefen Farbe eines guten Weins sollte nichts ablenken.
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