Neun Monate vor Heim-EM Ein neuer Bundestrainer muss sofort übernehmen
Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Die Nationalelf ist am nächsten Tiefpunkt. Ausgerechnet vor der Europameisterschaft in Deutschland. Muss der DFB sofort die Reißleine ziehen und Bundestrainer Hansi Flick ersetzen?
Bundestrainer Hansi Flick und der DFB: Diese Ehe besteht gerade zwei Jahre – trotzdem droht jetzt die Scheidung. Die Nationalelf eilte in den vergangenen Jahren ohnehin von einem Tiefpunkt zum nächsten, scheiterte unter anderem bei der WM in Katar in der Vorrunde. Nach dem 1:4 im Freundschaftsspiel gegen Japan ist der deutsche Fußball offensichtlich endgültig am Boden.
Die Mannschaft ist verunsichert, der Trainer ratlos, die Fans sind desillusioniert und fragen sich: Wie zur Hölle soll diese Nationalmannschaft noch die Kurve kriegen und eine erfolgreiche EM spielen? Zumal am Dienstag um 21 Uhr das nächste Spiel gegen Vize-Weltmeister Frankreich ansteht.
Muss sich der DFB noch vor dem Frankreich-Spiel von Bundestrainer Hansi Flick trennen?
Ja, spätestens jetzt ist Flick am Ende
Was ist bloß aus der deutschen Nationalmannschaft geworden? Sie ist in einem katastrophalen Zustand. Sportlich am nächsten Tiefpunkt. Dazu gesichtslos. Und dank der Amazon-Doku "All or Nothing" über die WM-Blamage 2022 in Katar auch noch eine Lachnummer. Dort redet sich Hansi Flick um Kopf und Kragen, zeigt ein absurdes Motivationsvideo, in dem die Spieler mit Graugänsen verglichen werden, während die Mannschaft leblos vor ihm sitzt.
Den Weg Richtung Bedeutungslosigkeit beschreitet die Nationalmannschaft dabei seit Jahren. Der Bundestrainer allerdings hat ihn massiv beschleunigt. Er irrlichtert durch den Länderspielkalender wie kaum ein Bundestrainer vor ihm. Er wählt die falschen Spieler, die falsche Taktik, die falsche Ansprache und führt haarsträubende Experimente durch.
Die Bilanz: Zuletzt nur vier Siege in 17 Spielen, 22 verschiedene Abwehrformationen in 25 Spielen, ein peinliches WM-Vorrundenaus – und nun eine verwirrte und ratlose Mannschaft ohne jegliche Chance auf den Titel bei der Heim-EM in nur neun Monaten. Und vor allem: ein vollkommen ratloser Trainer.
Beim DFB mahlen die Mühlen für gewöhnlich langsam. Aber in diesem Fall muss klar sein: Flick ist spätestens jetzt am Ende und muss gehen. Übernehmen muss einer, der sofort und damit noch vor dem Frankreich-Spiel eine Euphorie im Land entfacht und die Spieler an der Ehre packt. So kurzfristig kann sicher nur einer helfen. Sympathieträger Rudi Völler. Der ist praktischerweise bereits als Sportdirektor beim DFB, hat die Nationalelf schon einmal in der Not übernommen und sensationell 2002 ins WM-Finale geführt.
Langfristig kann sich der DFB dann 2024 immer noch neu aufstellen. Womöglich hat er dann sogar die Qual der Wahl zwischen Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel und Jürgen Klopp.
Nein, das wäre völliger Quatsch
Hansi Flick neun Monate vor dem EM-Start und auch noch zwischen zwei Testspielen entlassen? Das wäre völliger Quatsch. Es gibt doch gar keinen besseren Trainer als ihn auf dem Markt.
Jürgen Klopp trainiert Liverpool, Thomas Tuchel die Bayern und Julian Nagelsmann ist zu jung und unerfahren, um diesen Posten zu übernehmen. Rudi Völler hat seit Jahren keine Mannschaft mehr trainiert, auch das kann nicht die Lösung sein.
Flick kennt das DFB-Team, das Umfeld, hat extrem viel Erfahrung und wird von allen Spielern respektiert, weil er mit den Bayern und als Co-Trainer der Nationalmannschaft so erfolgreich war.
Natürlich ist Deutschlands Bilanz derzeit alles andere als gut. Natürlich muss sie gegen die Ukraine, gegen Polen, Kolumbien oder jetzt Japan gewinnen. Aber: Flick hat über weite Strecken zu Recht keine Rücksicht auf die Ergebnisse genommen. Es zählt nur die EM. Deshalb hat er munter getestet, ließ beispielsweise den jungen Verteidiger Malick Thiaw oder nun Mittelfeldspieler Pascal Groß debütieren. Es ist doch ganz normal, dass es da ruckelt.
Auch vor dem letzten Turnier in Deutschland steckte die deutsche Nationalmannschaft übrigens in der Krise. Vor der WM 2006 verlor die DFB-Elf unter Jürgen Klinsmann ebenfalls 1:4, damals gegen Italien. Auch damals wackelte der Trainer, durfte aber bleiben. Das Ergebnis war das Sommermärchen, eine überragende Weltmeisterschaft, getragen von einer unfassbaren Euphorie.
Teilen Sie Ihre Meinung mit
Welche Meinung zum Thema haben Sie? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de
- Im „Zweikampf der Woche“ kommentieren wir wöchentlich ein aktuelles Fußballthema. Sehen Sie den Schlagabtausch regelmäßig auch im Video – am Montag und manchmal auch Dienstag ab 19.30 Uhr im Rahmen der „Sport1 News“ bei Sport1 oder ab Montagnachmittag hier oben im Artikel.
- Im "Zweikampf der Woche" kommentieren Florian Wichert und Robert Hiersemann wöchentlich ein aktuelles Fußballthema. Dieser Zweikampf ist in ähnlicher Form bereits vor drei Monaten nach den letzten erfolglosen Länderspielen erschienen. Die Autoren haben ihn nach dem 1:4 gegen Japan mit den neuen Entwicklungen aktualisiert.