"Zahlen sehr beunruhigend" Mehr Darmkrebs bei jüngeren Menschen
Die Darmkrebsraten steigen. Die Patienten werden immer jünger – vor allem im letzten Jahrzehnt. Ist der westliche Lebensstil schuld? Forscher rätseln über die Ursachen, dass Menschen immer früher an Darmkrebs erkranken.
Darmkrebs trifft in einer Reihe von Ländern immer häufiger jüngere Erwachsene im Alter von unter 50 Jahren. Das ist das Ergebnis einer Studie der US-amerikanischen Krebsgesellschaft, die im Fachblatt "Gut" veröffentlicht wurde.
Die Untersuchung erfasst erstmals das Vorkommen von Darmkrebs bei 20- bis 49-Jährigen sowie bei ab 50-Jährigen weltweit. Es flossen Daten aus insgesamt 43 Ländern in die Ergebnisse ein.
Studie erforscht Zusammenhänge
Schon zuvor gab es Hinweise auf steigende Zahlen von Darmkrebs bei Erwachsenen unter 50. "Die bisherigen Studien zu dem Thema haben sich aber nur mit einzelnen Ländern oder Regionen beschäftigt", erklärt der Epidemiologe und Ernährungswissenschaftler Michael Hoffmeister vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, der selbst nicht an der Studie beteiligt war.
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Die neue Untersuchung liefert jetzt einen globalen Überblick: In Südkorea trat Darmkrebs demnach zwischen 2008 und 2012 jährlich bei 12,9 von 100.000 unter 50-jährigen Einwohnern auf. Das Land liegt damit an der Spitze bei den Erkrankungsraten jüngerer Erwachsener.
Die wenigsten Erkrankungen hat die Stadt Chennai in Indien mit nur 3,5 jüngeren Erkrankten pro 100.000 Einwohner. Deutschland liegt mit 7,7 Erkrankten im oberen Mittelfeld.
Darmkrebs-Zahlen in jüngeren Jahren beunruhigend
Allerdings sei das Risiko jüngerer Menschen, an Darmtumoren zu erkranken, immer noch gering im Vergleich zu dem älterer Menschen, erklärt die Studienleiterin Rebecca Siegel von der American Cancer Society in Atlanta in einer Mitteilung der Krebsgesellschaft.
Bei den Darmkrebsraten von Erwachsenen ab 50 steht die Slowakei mit 192,5 Fällen pro 100.000 Einwohnern an der Spitze. Chennai in Indien hat mit 27,5 die wenigsten Fälle. Dennoch: "Die Zahlen bei jüngeren Erwachsenen sind sehr beunruhigend", sagt Hoffmeister.
Darmkrebs häufiger in reichen Ländern
Aufhorchen lässt vor allem die Entwicklung innerhalb eines Jahrzehntes, die in der Studie für 36 Länder gezeigt wurde. In 14 Ländern blieb die Fälle von Darmkrebs bei unter 50-Jährigen stabil, in drei Ländern ging sie zurück und in 19 Ländern stieg sie an.
Neun dieser 19 Länder – allesamt Staaten mit vergleichsweise hohen Einkommen – verzeichnen gleichzeitig mit dem Anstieg bei jüngeren Patienten sinkende oder konstante Fallzahlen bei Älteren: Australien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, Schweden, Slowenien und die USA.
Früherkennung: Gesetzlich Krankenversicherte haben im Alter von 50 bis 54 Jahren einen Anspruch auf einen Test auf verstecktes Blut im Stuhl. Dieser kann jährlich durchgeführt werden. Auffälligkeiten werden mit einer Darmspiegelung (Koloskopie) abgeklärt. Männer haben ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren Anspruch auf eine Darmspiegelung – die folgende kann frühestens nach zehn Jahren erfolgen.
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Veränderter Lebens- und Ernährungsstil
Über die Ursachen des Trends bei Jüngeren weiß man noch wenig. Die Studienautoren diskutieren veränderte Lebens- und Ernährungsstile, weil in vielen Ländern westliche Lebensweisen angenommen werden und stark verarbeitete Lebensmittel und Fastfood sich zunehmend verbreiten. Auch häufige Antibiotikagaben an Kinder stehen unter Verdacht.
"Besonders plausibel ist unter den diskutierten Ursachen das Übergewicht", sagt Epidemiologe Hoffmeister. Dennoch sei auch das noch Spekulation. "Im Moment sind aber begründete Vermutungen in alle Richtungen hilfreich, weil auf ihnen weitere Studien aufbauen können, um die zugrundeliegenden Faktoren zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen."
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Den Rückgang bei Älteren in vielen Industrieländern erklärt sich Hoffmeister so: "Das Darmkrebs-Screening, das in vielen Ländern für ältere Erwachsene etabliert ist, spielt bei diesem Rückgang eine große Rolle." Werden durch die Stuhluntersuchungen und Darmspiegelungen, zu denen beispielsweise in Deutschland ab dem Alter von 50 Jahren aufgerufen wird, Krebsvorstufen festgestellt und entfernt, so lassen sich Darmkrebsfälle vermeiden.
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In den meisten Industrieländern wird das Screening ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren angeboten. "Eine Vorverlegung des Screenings wird international intensiv diskutiert" sagt Hoffmeister.
Die Autoren der aktuellen Studie empfehlen, dass Ärzte Menschen unter 50, bei denen Darmkrebs in der Familien aufgetreten ist oder die selbst Symptome zeigen, vorsorglich mit den etablierten Screening-Methoden untersuchen sollten. Diese Empfehlung gilt auch schon offiziell in vielen Ländern, etwa in Deutschland.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur dpa
- Felix Burda Stiftung