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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wunderwaffen gegen Demenz Wie das Gehirn im Alter fit bleibt – die besten Tipps
Vergesslichkeit im Alter – für viele ist die Vorstellung beängstigend, mit zunehmendem Alter immer mehr zu vergessen oder an einer Demenz zu erkranken. Was lässt sich dagegen tun?
Im Alter lassen Gedächtnis und Konzentration häufig nach. Bis zu einem gewissen Punkt gehört das zum natürlichen Alterungsprozess dazu. Doch das Gehirn kann gefördert und unterstützt werden. Lernen und Aktivität spielen dabei eine bedeutende Rolle. Mit welchen Tipps Sie Ihr Gedächtnis fit halten.
Weniger Nervenzellen und trotzdem gute Gedächtnisleistung im Alter
Das Gehirn wiegt etwa 1,5 Kilogramm und enthält bis zu 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die über 100 Billionen Nervenverbindungsstellen (Synapsen) miteinander verbunden sind. Die Nervenzellen verarbeiten unablässig Informationen und Reize und leiten diese an andere Nervenzellen weiter. Mit fortschreitendem Alter sterben zunehmend Nervenzellen ab. Trotzdem ist es möglich, bis ins hohe Alter eine gute Gedächtnisleistung zu haben.
"Möglich wird das durch die große Menge an vorhandenen Nervenzellen und Verknüpfungen. So kann das Gehirn schwächer werdende Hirnbereiche sehr lange ausgleichen. Und wir merken zunächst nichts von unserem alternden Gehirn und den damit einhergehenden Veränderungen", erklärt Prof. Kathrin Reetz, Vizepräsidentin der Deutschen Hirnstiftung und Leiterin der Neurologischen Gedächtnisambulanz in Aachen.
Das Gehirn braucht Herausforderungen
Wer möglichst lange geistig fit bleiben möchte, sollte die Nervenzellen fordern und sein Gehirn im Alltag trainieren. Bleibt das Gehirn aktiv, etwa durch Erlernen eines neuen Hobbys, können sich neue Verknüpfungen bilden und sogar neue Nervenzellen entwickeln. Das Gehirn möchte lernen – bis ins hohe Alter. Ein aktiver Lebensstil fördert die Hirnleistung, da neue Herausforderungen für die geistige Fitness mit sozialer Interaktion und Bewegung kombiniert werden.
"Bekannte Risikofaktoren für eine nachlassende geistige Fitness bis hin zu Demenz sind Bewegungsmangel, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen und Feinstaubbelastung, aber auch eine eingeschränkte Hörfähigkeit, ein Mangel an sozialen Kontakten, Depressionen, mangelnde Bildung sowie Kopfverletzungen", erklärt Reetz. "Wer diese Risikofaktoren möglichst meidet, trägt eine Menge zur eigenen Gehirn-Fitness bei."
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. med. Kathrin Reetz ist Vizepräsidentin der Deutschen Hirnstiftung, geschäftsführende Oberärztin und Leiterin der Neurologischen Gedächtnisambulanz in der Klinik für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen.
Gedächtnisfreundlich leben – so gelingt's
Wie bleibt man im Alter geistig fit? Die Expertin rät, auf einen gesunden und aktiven Lebensstil zu achten. Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und ein normales Gewicht bilden die Basis. Ebenso wichtig ist es, am sozialen Leben teilzunehmen und sich mit anderen Menschen auszutauschen. Sportgruppen wie ein Lauftreff, Fahrradclub oder Rückengymnastik-Kurs verbinden Kontakte zu Menschen mit Bewegung. Hobbys wie Tanzen und Reisen halten Körper und Geist fit und fördern zugleich die Orientierungsfähigkeit. Auch wer Freude daran hat, eine neue Sprache zu lernen, ein Instrument auszuprobieren oder neue Rezepte zu testen: Das Gehirn ist in jedem Alter bereit, Neues zu lernen und zu erfahren. So bleiben die Nervenzellen aktiv.
"Wichtig ist zudem, dass Sie bestehende Erkrankungen wie Bluthochdruck, Depressionen oder einen Diabetes mellitus behandeln beziehungsweise gut einstellen lassen", rät Reetz. "Haben Sie den Verdacht, zunehmend schlechter zu hören, sollten Sie Ihr Hörvermögen testen lassen. Ein Hörgerät kann viel Lebensqualität zurückgeben. Und bleiben Sie Neuem gegenüber offen. Das fordert das Gehirn."
Nur Vergesslichkeit oder schon Demenz?
Es ist nicht ungewöhnlich, wenn im stressigen Alltag Termine vergessen gehen, man den Autoschlüssel mal nicht findet oder einem der Name des Gegenübers nicht sofort einfällt. Das ist meist auf eine stressbedingte Schwächung des Kurzzeitgedächtnisses zurückzuführen. Dann verbessert sich die Vergesslichkeit in entspannteren Phasen wieder.
Ein Warnzeichen ist es, wenn die Vergesslichkeit sich nicht wieder entspannt oder gar im Verlauf weiter zunimmt, den Alltag zunehmend belastet und Vergessenes nicht wieder in Erinnerung gerufen werden kann. Bei einer Demenz, also einer anhaltenden oder fortschreitenden Beeinträchtigung des Gedächtnisses, lassen die Gehirnfunktionen deutlich rascher nach als beim natürlichen Alterungsprozess.
"Gehen nur selten Dinge vergessen oder werden sie später wieder erinnert, ist die Sorge vor einer Alzheimer-Demenz in der Regel meist unbegründet", beruhigt Reetz. "Bei zunehmender Vergesslichkeit ist es wichtig, die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu untersuchen und zu schauen, welche Ursache hinter der abnehmenden Gedächtnisleistung steckt."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- hirnstiftung.org: "Demenz. Auf einen Blick". Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: Aufgerufen am 6. Februar 2023)
- hirnstiftung.org: "Unser Gehirn - was es leistet, was es krank macht". Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: 29. September 2021)
- gesundheitsinformation.de: "Wie funktioniert das Gehirn?" Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 28. Juli 2021)
- bundesgesundheitsministerium.de: "Diagnose Demenz: Krankheitsbild und Verlauf". Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit. (Stand: 28. September 2021)
- alzheimer-forschung.de: "Risikofaktoren für die Alzheimer-Krankheit". Online-Information der Alzheimer Forschung Initiative e. V. (Stand: Aufgerufen am 6. Februar 2023)
- awmf.org: "S3-Leitlinie „Demenzen" der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), AWMF Register-Nr. 038-013. (Stand: 2016)