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Altersarmut: Rentner in Deutschland schuften bis zum Schluss


ZDF-Reportage "37 Grad"
Arme Rentner im reichen Deutschland: "Schuften bis zum Schluss"

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 15.07.2015Lesedauer: 3 Min.
Rentnerin Heidi arbeitet bei großen Veranstaltungen als Aushilfskraft für eine Imbissbude. Von ihrer Rente kann sie nicht leben.Vergrößern des Bildes
Rentnerin Heidi arbeitet bei großen Veranstaltungen als Aushilfskraft für eine Imbissbude. Von ihrer Rente kann sie nicht leben. (Quelle: obs/ZDF)
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Künftigen Rentnern droht wegen vorhersehbar geringer Bezüge oft Altersarmut. Die ZDF-Reportage "Schuften bis zum Schluss" aus der Reihe "37 Grad" berichtete am Dienstagabend über drei Ruheständler, die bereits heute mit Armut konfrontiert sind.

Sie haben die Altersgrenze erreicht, müssen aber trotzdem weiter arbeiten, denn von ihrer Rente bleibt nichts übrig. Wie lange halten sie noch durch - körperlich und seelisch? Reicht das Geld noch für die nächste Woche? Können sie den Strom bezahlen? Quälende Fragen, die sich die Rentner immer wieder stellen, trotzdem verlieren sie nicht ihren Lebensmut und Optimismus.

Krank werden verboten

Der Alltag der armen Ruheständler ist zuweilen hektisch, denn sie können von ihrer schmalen Rente nicht leben. Einer der Fälle in der ZDF-Reportage ist Hans-Jürgen Baciulis. Der 68-jährige Rentner schrubbt an einer alte Mühle im nördlichen Niedersachsen das Dach. Freiwillig macht er das nicht.

Jeden Sonntag fährt er zudem Zeitungen aus. Dafür steht er um 3 Uhr auf, um 7 Uhr ist er fertig und hat 39 Euro verdient. Im Dorf macht er alle Arbeiten, die anfallen. Der Bürgermeister hat ihm noch einen 450 Euro-Job besorgt. Baciulis nimmt, was er bekommen kann.

Er braucht das Geld, denn angesichts seiner 800-Euro-Rente muss der ehemalige Steuerfachgehilfe sich etwas dazu verdienen. "Ich kann es mir gar nicht leisten, krank zu werden“, sagt Baciulis. "Dann geht man vor die Hunde. Das mag ich gar nicht zu Ende denken."

Zahl der armen Rentner seit 2003 verdoppelt

Seine Altersbezüge fallen unter anderem deswegen so karg aus, weil Baciulis an seine Ex-Frau einen Versorgungsausgleich zu entrichten hat. Seine Tochter studiert, an sie überweist er monatlich 250 Euro. Dass es ihrem Vater finanziell so miserabel geht, davon wisse sie nichts, meint Baciulis.

Seit 2003 hat sich die Zahl der Rentner, die vom Amt zusätzliche Grundsicherung beziehen müssen, verdoppelt, heißt es in der Reportage von Angelika Wörthmüller und Enrico Demurray. Doch die erhält nur derjenige, der in angemessenen Wohnverhältnissen lebt. Heidi Steenbock gehört nicht dazu: Die Berlinerin zahlt für ihre anderthalb Zimmer im Stadtteil Schöneberg 557 Euro warm - zu viel, um die Grundsicherung zu beanspruchen.

Brötchen schmieren und kassieren

"Ich möchte aus meinem sozialen Umfeld nicht weg", sagt die 66-Jährige. "Ich will nicht ins Umland." Nach Abzug der Fixkosten bleiben der gelernten Bäckereifachverkäuferin 170 Euro. Also fährt sie in aller Früh von Schöneberg nach Weißensee, um dort in einer Bäckerei Brötchen zu schmieren und an der Computerkasse zu stehen, mit der sie ihre Probleme hat. Sie merkt: "Man wird langsamer, älter, die Konzentration ist nicht mehr so da wie bei jüngeren Menschen."

Rückschlag durch kranke Mutter

Wolfgang Hergt lebt in Leipzig - der Maschinenbauingenieur war vor der Wende in einer Gießerei Chef von mehr als 40 Mitarbeitern. Nach 1989 wurde das Unternehmen abgewickelt. Hergt machte sich als Versicherungsagent selbstständig. In die Rente zahlte er nicht ein, er versicherte sich privat. Dann die Rückschläge: Die Pflege der kranken Mutter wurde ein finanzieller Kraftakt, zwei Mal verletzte sich der heute 65-Jährige schwer und wurde depressiv.

Heute steht Hergt in Leipzig auf Plätzen als Energieberater und betreibt "Kalt-Akquise" - das heißt: Er muss Menschen zum Abschluss von Verträgen bringen und bekommt dafür 50 Euro. Er Ernährt sich von der Tafel: "Davor hab ich jedes Mal Bammel", sagt Hergt.

Es war nicht leicht, die Beispiele für Altersarmut zu finden, bekennen die Autoren der Sendung. "Schon bald merkten wir, dass viele eine sehr große Scham hatten, über Armut zu reden. Nicht einmal in der Familie wurde darüber gesprochen", sagt Enrico Demurray.

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