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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Experten warnen vor Fallstricken KfW bietet Kredit mit Negativzins für energetische Sanierung
Es klingt wie ein schöner Traum: Für die energieeffiziente Sanierung von Immobilien bekommen Bauherren bei der Förderbank KfW derzeit Kredite mit negativen Effektivzinsen. Zwar beträgt der Sollzins 0,75 Prozent, doch wer den staatlichen Tilgungszuschuss in Höhe von 7,5 Prozent mit berücksichtigt, bekommt am Ende sogar Geld zurück.
Dass Niedrig- oder Negativzinsen den Immobilienmarkt beleben, hat sich schon in den vergangenen Jahren gezeigt. Laut der Hessischen Landesbank Helaba zum Beispiel wachsen die Investitionen in den Wohnungsbau seit 2011 schneller als die Wirtschaft in Deutschland insgesamt. Und auch die Baugenehmigungen lagen 2015 so hoch wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr.
Der günstige KfW-Kredit lässt damit auch die energetische Sanierung von Bestandsimmobilien reizvoll erscheinen. Denn neben der Zinsersparnis, soll sich eine solche Investition nach einigen Jahren amortisieren und positiv auf den Wert eines Hauses auswirken.
Zinssatz ist nicht das alleinige Kriterium
Aber so schön das klingt - ganz so einfach ist es nicht. "Auf keinen Fall sollte der Zins allein darüber entscheiden, ob jemand einen Kredit für eine energetische Sanierung aufnimmt oder nicht", warnt Sebastian Kotte, Vorstand der Vermögensverwaltung Spiekermann & CO AG in Osnabrück.
So gelte es zu bedenken, dass es viele Jahre dauern kann, bis sich eine energetische Baumaßnahme rechnet. Auch der Immobilienexperte Jörg Meinhardt vom TÜV Rheinland sagt: "Zudem hängt zum Beispiel die Amortisation einer Wärmepumpenheizung im Vergleich zu einer Gas-Brennwerttherme auch davon ab, wie sich die Öl- und Gaspreise entwickeln. Unter Umständen kann sich, wenn diese niedrig bleiben, die Installation einer Wärmepumpenheizung am Ende als Nullsummenspiel erweisen."
Lohnt die Sanierung wirklich?
Wer eine solche Investition plant, braucht deshalb eine sehr gründliche Kalkulation mit vorsichtigen Annahmen. Ähnlich verhält es sich mit der Hoffnung, dass der Bauherr die Investition durch höhere Mieten oder einen höheren Verkaufspreis herausholen kann. "Zwar verlängern energetische Maßnahmen die rechnerische Restnutzungsdauer einer Immobilie, womit deren Wert steigt", sagt Meinhardt. "Nicht vergessen sollten Investoren aber, dass dies stark vom Standort abhängig ist."
Tatsächlich sind die Immobilienpreise in Deutschland in den vergangenen Jahren nicht überall in gleichem Maß gestiegen. "Wessen Haus in einer strukturschwachen Region steht, dürfte unter Umständen große Schwierigkeiten haben, perspektivisch einen höheren Preis oder höhere Mieten durchzusetzen", warnt Vermögensverwalter Kotte.
Günstige Zinsen - aber hohe Preise für Handwerker und Material
Das gilt umso mehr, als die Materialkosten für alle Bauherren ähnlich hoch sind, egal in welcher Region sie bauen. Dabei machen viele Investoren den Fehler, zu sehr auf die Zinsen und nicht auch auf die Kosten einer Sanierung zu achten. "Wir stellen immer wieder fest, dass auf Grund der gestiegenen Nachfrage im Wohnungsbaubereich zugleich die Nachfrage nach handwerklicher Arbeit und Material steigt", erklärt Meinhardt.
Entsprechend gehen, quasi als Nebeneffekt, auch die Preise für die entsprechenden Dienstleistungen und das verwendete Material in die Höhe. "Und das kann den positiven Zinseffekt sogar zunichtemachen", warnt der TÜV-Experte.
Potenzielle Bauherren sollten sich von den negativen Zinsen also auf keinen Fall blenden lassen. Stattdessen muss sich jeder selbst sehr genau überlegen, ob eine Investition grundsätzlich Sinn macht und dann genau durchrechnen, ob sie sich auszahlt.
Das Angebot der KfW
Für die energieeffiziente Sanierung zum Beispiel von Bestandsimmobilien bietet die KfW derzeit Kredite mit einem effektiven Jahreszins von 0,75 Prozent, wobei der Tilgungszuschuss bei bis zu 27.500 Euro liegen kann. Dieses Angebot richtet sich an Privatpersonen, die Wohnraum energetisch sanieren oder sanierten Wohnraum kaufen. Dazu bietet die KfW für die energetische Sanierung unter anderem Investitionszuschüsse oder Ergänzungskredite an.
Ebenfalls zum effektiven Jahreszins von 0,75 Prozent können Bauherren einen Kredit für den Neubau einer Immobilie bekommen. Hier liegt der Tilgungszuschuss bei bis zu 15.000 €. Voraussetzung ist, dass die Immobilie den Standard eines KfW-Effizienzhauses oder eines vergleichbaren Passivhauses erreicht.