Immobilienmarkt Energiewende: Deutschland verschenkt Strom
Deutschland befindet sich mitten in der Energiewende - mit kuriosen Folgen: Atommeiler werden abgeschaltet - und dennoch bersten die Stromnetze. Und nicht nur die Erneuerbaren Energien, sondern auch der besonders klimaschädliche Kohlestrom nimmt an Bedeutung zu. Und Elektrizität aus dem schwarzen Gold ist auch noch billig. Deutschland hat nicht zu wenig, Deutschland hat zu viel Strom - und der wird zuweilen auch noch verschenkt.
Der Braunkohleanteil am Strommix kletterte 2012 von 24,6 auf 25,6 Prozent, der von Steinkohle von 18,5 auf 19,1 Prozent. Dies teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit. Zugleich stieg aber auch der Ökostromanteil von 20,3 Prozent auf den neuen Rekordwert von 21,9 Prozent. Der Anteil von Atomkraft ging von 17,7 auf 16 Prozent zurück.
Exportmeister beim Strom
Deutschland hätte ein Problem, wenn jetzt auch noch die acht Atomkraftwerke laufen würden, die nach der Katastrophe von Fukushima stillgelegt worden waren. Denn der massive Ausbau von Wind- und Solarenergie macht das Land zum Exportmeister beim Strom.
2012 wurden so viele Mengen ins Ausland transportiert, wie noch nie - rund 23 Milliarden Kilowattstunden. Das entspricht der Jahresproduktion von über zwei Kernkraftwerken. Mehrfach wurde sogar Strom ins Ausland verschenkt oder die Abnahme zusätzlich mit einem Bonus bedacht, damit das Netz nicht kollabierte.
Zu viel Strom im Netz
Es ist paradox: Industrie und konventionelle Energiewirtschaft hatten wiederholt vor Blackouts wegen der Energiewende gewarnt. Aber bis auf wenige, kritische Ausnahmen war bisher - gerade beim derzeit recht warmen Winterwetter - zu viel statt zu wenig Strom im Netz. Das fördert das Phänomen negativer Strompreise. Am 1. Weihnachtsfeiertag wurden um vier Uhr für die Stromabnahme 220 Euro pro Megawattstunde gezahlt, damit der zu viel produzierte Strom abgenommen wurde. Bis zu 9200 Megawatt wurden ins Ausland transportiert. Gerade die Kraftwerksbetreiber litten unter der falsch eingeschätzten Lage.
Negative Strompreise
Im Jahresverlauf 2012 registrierte die europäische Strombörse EPEX Spot an 15 Tagen solche negativen Strompreise. "Dabei trifft eine hohe Produktion, meist aus Winderzeugung, auf eine sehr niedrige Nachfrage", sagte Jonathan Fasel von der EPEX. EPEX mit Sitz in Paris betreibt die Stromspotmärkte in Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz. Der deutsche Markt sei aber in der Lage gewesen, die großen Mengen des Stroms aus Wind und Sonne aufzunehmen, beteuert Fasel.
Gaskraftwerke lohnen sich kaum noch
Ein Problem ist, dass gerade Kohle- und Atomkraftwerke nur bedingt rasch herauf- und heruntergefahren werden können. Daher werden als Ergänzung zu immer mehr Wind- und Solarstrom hochflexible Gaskraftwerke gebraucht. Doch gerade diese lohnen sich derzeit kaum: Wegen eines Verfalls bei den CO2-Verschmutzungsrechten werden sie neben Ökostrom auch von einem steigenden Kohlestromanteil zunehmend aus dem Markt gedrängt.