TV TV-Pionier Alexander Kerst ist tot
Er war Faust und Woyzeck, spielte im "Tatort" mit, bei "Derrick" und dem "Alten". Die Liste der Serien, Filme und Theaterstücke, in denen Alexander Kerst mitgewirkt hat, ist beeindruckend lang. Am Donnerstag ist der Schauspieler, der als Fernseh-Pionier galt, in seiner Wahlheimat München im Alter von 86 Jahren gestorben. Wie seine Tochter mitteilte, sei er schon länger krank gewesen.
Seit den fünfziger Jahren war er in weit mehr als 100 Fernsehproduktionen zu sehen. Dass die Angebote für Fernsehrollen im Alter rarer wurden, kommentierte er einmal schmunzelnd: "Bei dem heutigen Jugendwahn bin ich ein bisschen im Nachteil. Aber ich habe auch nicht gierig genug nach jedem Bissen geschnappt."
Jahrzehntelang schwer gefragt
Mit seiner stattlichen Größe verkörperte er häufig den Offizier, Baron oder englischen Gentleman. Sein markantes Gesicht, die knarzende Stimme und seine große Wandlungsfähigkeit machten ihn jahrzehntelang zu einem der gefragtesten Schauspieler in der deutschen Fernsehlandschaft. 2005 war Kerst noch in dem ZDF-Mehrteiler "Die Patriarchin" zu sehen, in der Iris Berben die Hauptrolle verkörperte. Ein Jahr später spielte er in dem von Kritikern sehr gelobten ARD-Fernsehspiel "Silberhochzeit".
An Rühmanns Seite
Auch in zahlreichen Fernsehkrimis wie "Tatort", "Derrick" oder "Der Alte" hatte Kerst Gastrollen, zudem spielte er in Unterhaltungssendungen wie "Das Erbe der Guldenburgs" oder in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung mit. Große Popularität erlangte der gebürtige Prager in früheren Jahren aber auch als Filmschauspieler. Zu seinen besonderen Erfolgen zählen unter anderem Alfred Weidemanns "Stern von Afrika", Frank Wisbars Stalingrad-Film "Hunde, wollte ihr ewig leben" oder "Mein Schulfreund" mit Heinz Rühmann.
Vom "Urfaust" bis "Woyzeck"
Immer wieder aber zog es den 1924 geborenen Schauspieler weg von der Kamera und auf die Theaterbühne. An den Münchner Kammerspielen spielte Kerst unter Hans Schweikart Hauptrollen in Stücken wie Goethes "Urfaust", Büchners "Woyzeck" und Borcherts "Draußen vor der Tür". Daneben glänzte er auch immer wieder in Boulevard-Stücken wie "Gin Rommé" von Donald L. Coburn mit Maria Becker oder "Geliebter Lügner" von Jerome Kilty mit Johanna von Koczian. Große Erfolge feierte er zudem bei seinen ausgedehnten Tourneen, unter anderem mit dem berühmten Curt-Goetz-Stück "Dr. med. Hiob Prätorius". In der Vorweihnachtszeit 2008 gastierte Kerst in der Rolle des Großvaters Earl of Dorincourt in der Musicalfassung des Romans "Der kleine Lord" auf zahlreichen deutschen Bühnen.
Als Rundfunkreporter gestartet
Ausgebildet wurde Kerst auf dem renommierten Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Nach einem Theaterwissenschafts- und Germanistik-Studium verdiente er sein Geld zunächst als Rundfunkreporter, konnte sich aber bald voll und ganz der Schauspielerei widmen: Ein erstes Engagement hatte er am Wiener Burgtheater inne, außerdem in München, Berlin und Hamburg. Neben seiner Arbeit am Theater oder vor der Kamera war Kerst auch als Synchronsprecher tätig und gestaltete Lesungen unter anderem mit Werken von Friedrich Schiller, Ovid oder Erich Kästner.