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Interview zu Bob Dylans "Like A Rolling Stone"


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Interview
"Als Songwriter hat Bob Dylan den Weg geebnet"

Denis Mohr

Aktualisiert am 20.07.2015Lesedauer: 3 Min.
Bob Dylans Meisterwerk "Like A Rolling Stone" feiert 50. Geburtstag.Vergrößern des Bildes
Bob Dylans Meisterwerk "Like A Rolling Stone" feiert 50. Geburtstag. (Quelle: imago-images-bilder)
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Am 20. Juli wird Bob Dylans Rock-Klassiker "Like A Rolling Stone" 50 Jahre alt. Prof. Udo Dahmen ist Direktor und Geschäftsführer der Popakademie in Baden-Württemberg und Dylan-Experte. t-online.de sprach mit ihm über die Bedeutung von "Like A Rolling Stone", Dylans herausragende Fähigkeiten als Songwriter und Musiker, die sich wieder stärker politisch positionieren sollten.

t-online.de: Im Jahr 2004 kürte das "Rolling Stone"-Magazine Bob Dylans Hit "Like A Rolling Stone" zum besten Song aller Zeiten. Was halten Sie davon?

Prof. Dahmen: Es ist auf jeden Fall einer der ganz wichtigen Songs der Pop-Geschichte. Ob ich persönlich ihn an die erste Stelle gesetzt hätte, weiß ich nicht. Aber sowohl der Song wie auch Bob Dylan gehören sicher in die absolute Spitzengruppe.

Welchen Song hätten Sie auf Platz eins gesehen?

Ich tue mich schwer mit einer Rangfolge, weil ich glaube, dass in diesem Zusammenhang viele Songs ebenbürtig sind. Sicher müsste das ein oder andere "Beatles"-Stück unter den Top-Platzierungen sein. Aber eben auch noch viele viele andere.

Welchem Dylan-Song hätten Sie persönlich den Vorzug gegeben?

"All Along The Watchtower" ist eines meiner Lieblingsstücke. Sowohl in Dylans Version als auch in der von Jimi Hendrix.

Das Nachrichtenmagazin "Newsweek“ hat über Dylan geschrieben, er bedeute für die Popmusik das gleiche wie Einstein für die Physik. Wie stehen Sie zu dieser Einschätzung?

Für diesen Titel hätte ich mehrere Favoriten, darunter das Duo John Lennon und Paul McCartney. Allerdings waren die Beatles sehr stark von Dylan beeinflusst, vor allem, was ihre Texte ab 1964/65 angeht. Auch viele andere wurden zu dieser Zeit von Dylan inspiriert. Als Songwriter war er jemand, der den Weg für lyrische Texte und tiefere Sinnebenen in der Pop-Musik geebnet hat.

Dylans Songtexte gelten als so literarisch anspruchsvoll, dass er 1996 sogar für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen wurde. Was macht seine Lyrik so besonders?

Er arbeitet mit sehr vielen Sinnzusammenhängen und Metaphern. Dialektik ist bei ihm ein wichtiges Thema. Nehmen wir "All Along The Watchtower“. Hier unterhalten sich "the joker and the thief", also der Spieler und der Dieb, über den Sinn des Lebens. Beide Figuren symbolisieren dabei Facetten unserer eigenen Persönlichkeit. In "Like A Rolling Stone" wiederum bekommt eine überhebliche junge Frau aus gutem Hause aufgezeigt, dass sie im Grunde selbst ein Vagabund ist. Hier sieht man, dass Dylan in sehr kurzen Texten sehr grundsätzliche Fragen behandeln kann.

Viele Dylan-Songs wurden erst durch andere Interpreten zu unsterblichen Hits. Beispiele wären "All Along The Watchtower" von Jimi Hendrix, "Knocking On Heavens Door" von Guns’n’Roses oder "Mr. Tambourine Man" von den "Byrds". Wie kommt das?

Weil seine Songs so gut sind, dass sie oft über seine eigene, meist eher elementare Interpretation hinaus wirken. Wenn Jimi Hendrix "All Allong The Watchtower" aufgreift und daraus ein symphonisches Werk der Pop-Musik macht, überhöht er damit den Text, der auf diese Weise eine noch stärkere Wirkung entfalten kann. Das spricht für den Songwriter Bob Dylan.

In den 1960er Jahren galt Dylan als Sprachrohr der amerikanischen Gegenkultur und positionierte sich mit sozialkritischen Texten. Ist Pop-Musik ein geeignetes Medium für politische Botschaften?

Absolut! Man darf nicht vergessen, dass Popmusik häufig einen gegen den gesellschaftlichen Mainstream gerichteten Aspekt hatte. Zum Beispiel im Rock’n’Roll der 50er, der Rockmusik der 60er und 70er, im Punk und oder später im Hip-Hop. Diese Aspekte sind dazu angetan, gewisse politische Botschaften direkt oder indirekt zu transportieren. Zu Dylans großer Zeit, in den 60er und 70er Jahren, tobte der Vietnam-Krieg. Das bot natürlich ganz besonders Anlass, sich politisch zu äußern.

Fehlt es der heutigen Pop-Musik an Künstlern, die sich mit ihrem Werk sehr stark gesellschaftlich und politisch positionieren?

Grundsätzlich ist das auch heute noch vorhanden. In der aktuellen Independent-Szene gibt es einige Bands, die klare politische Botschaften haben. Radiohead oder The National zum Beispiel. Die Frage ist immer, wie agitatorisch die jeweiligen Protagonisten dabei zu Werke gehen. Das hängt wiederum vom politischen Druck der jeweiligen Zeit ab.

Sie haben also nicht das Gefühl, dass die heutige Pop-Musik inhaltlich immer stärker zum Seichten und Belanglosen tendiert?

Der extrem große Mainstream ermöglicht einen gewissen Eskapismus. Die Menschen fliehen vor persönlichen, politischen und sozialen Problemen in die Musik. In der musikalischen Subkultur gibt es allerdings sehr viele Bewegungen, die sich gerade mit diesen politischen Themen auseinandersetzen. Das müsste größere Formen erreichen. Hoffentlich werden wir dank der sozialen Medien künftig wieder mehr solcher Stimmen hören. Mit Blick auf das, was wir gerade erleben, hoffe ich, dass Musiker wieder deutlicher Position beziehen. Wir leben in einer Zeit, die danach schreit.

Professor Dahmen, wir danken für dieses Gespräch.

Das Interview führte Denis Mohr

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