Die Ferienlektüre-Tipps der Redaktion für den Urlaub 2015
Sonja Riegel: Element-of-Crime-Sänger Sven Regener schreibt Anekdoten aus Andreas Doraus Leben auf - das ist so gut und skurril, wie es sich anhört! Denn der Mann, der einst in einer Schul-Projektwoche seinen NDW-Hit "Fred vom Jupiter" schrieb, hat viel zu erzählen: Ein Filmprojekt mit dem Namen "Schlag dein Tier" und ein bierseliger nächtlicher Besuch auf dem Anwesen von Dieter Bohlen sind da nur zwei Beispiele. Tipp: Noch ein weiteres Buch in die Ferien mitnehmen, denn die knapp 200 Seiten von "Ärger mit der Unsterblichkeit" sind so kurzweilig, dass man sie ganz schnell verschlungen hat.
Sabine Gültekin: Dieses Buch hat mich so berührt wie schon lange keines mehr. Ein bisschen, weil die Autorin sehr früh gestorben ist. Marina Keegan starb wenige Tage nach ihrem Uniabschluss bei einem Autounfall. Sie war erst 22 Jahre alt. Aber vor allem begeisterte mich ihr Buch, weil es so ehrlich wie ein Tagebuch, so intensiv und so frisch ist. "Das Gegenteil von Einsamkeit" beinhaltet Kurzgeschichten und Essays. Die Stories haben sehr viele verschiedene Themen und werfen viele Fragen auf: Dürfen mir Tiere noch leid tun, wo doch schon so viele Menschen ständig qualvoll sterben müssen? Warum wählen so viele Studenten den Berufszweig Consulting und Finanzen? Wie kompliziert ist ein Leben ohne Gluten? Was macht Eifersucht und Neid mit uns? Die knapp 300 Seiten dieses Büchleins hatte ich im Nu durch und war anschließend traurig darüber, dass die Autorin nie wieder etwas schreiben wird.
Berthold Voitl: Eigentlich hat sich der Brenner aus dem Ermittler-Geschäft zurückgezogen. Im Internet sucht er nach der großen Liebe aus Russland. Dort angekommen wird er von Kindern niedergeschlagen und von der schönen Nadeshda in einen neuen Fall verwickelt. Der dann hat so einiges zu bieten: ein verschwundenes Model, Rotlicht-Milieu, abgehackte Hände und das Stockholm-Syndrom in der Mongolei. Auch in "Brennerova", dem achten Brenner-Roman, begeistert Wolf Haas mit seinem eigenwilligen Schreibstil und seiner Komik. Höhepunkt: Das Kapitel, in dem zeitgleich zwei Not-Operationen stattfinden, die OP-Schwester währenddessen in Gedanken den Arzt anschmachtet und dabei noch eine Katastrophe verhindert.
Christina Kühnel: "Im Herzen des Sturms" von Beatriz Williams ist die perfekte Urlaubslektüre – denn man kann diesen Schmöker nicht aus der Hand legen. Williams ist ein anrührender Liebesroman gelungen, der zugleich ein perfektes Panorama der USA in den 30er Jahren bietet. Es geht um Schuld, Reue, Vorurteile und Sehnsucht. Verwoben wird die tragische Dreiecksgeschichte zwischen Lily Dane, ihrer besten Freundin Budgie Byrne und dem jüdischen Nick Greenwald mit einem verheerenden Sturm, welcher die US-Ostküste 1938 tatsächlich heimsuchte. Das ideale Strandbuch!
Jessica Hornigs Anti-Tipp zu "Grey": Das Buch wird mit Sicherheit der Bestseller des Sommers werden. Und tatsächlich ist der Ansatz eigentlich ganz spannend: Die Geschichte des ersten Bandes der "Fifty Shades"-Trilogie wird nun aus der Sicht des Christian Grey erzählt und eröffnet so eine ganz neue Perspektive auf die Liebesgeschichte. Schon alleine das wird für viele Fans sehr reizvoll und Grund genug sein, das Buch zu verschlingen. Schön auch, dass es zum Glück kein Äquivalent zu Anastacias nerviger "innerer Göttin" gibt. Das war dann aber auch schon alles Positive, was es über das Buch zu sagen gibt. Denn nüchtern betrachtet ist das, was Autorin E. L. James abgeliefert hat, die Mühe nicht wert: Weder ist aus ihr über Nacht eine kreative Schriftstellerin geworden, noch gewinnt man neue Erkenntnisse über den geheimnisvollen Milliardär mit der schlimmen Kindheit. Stattdessen wirft James der Leserin ein paar Brocken hin (Büroalltag – dröge; Treffen mit Elena – oberflächlich und im Eiltempo abgehandelt; Ärger mit Leila – nicht der Rede wert) und erzählt ansonsten die ursprüngliche Ana-und-Christian-Geschichte 1:1 nach. Wobei es auch noch schwer fällt, E. L. James die männliche Sichtweise abzunehmen. Einsichten und Hintergrundinfos: Fehlanzeige. Die Darstellung von Greys Gedankenwelt: uninspiriert, nichtssagend und flach. Da bleibt einem nur noch, genervt die Augen zu rollen.
Nina Bogert-Duin: Dieses Buch ist zum Schreien komisch und schon allein daher eine Bereicherung für jeden Urlaubskoffer. Flake ist der Keyboarder der deutschen Band Rammstein und er hat in "Der Tastenficker" all das zu Papier gebracht "an was ich mich so erinnern kann". Rammstein wird in der Autobiografie allerdings kaum touchiert. Es geht um die Kindheit und Jugend im Ostberliner Prenzlauerberg in einer Wohnung, in der Flake, der eigentlich Christian Lorenz heißt, übrigens noch heute lebt. Erste Kontakte zur Musikszene, die kongeniale Band Feeling B, die vielen Reisen mit den Musikkollegen und irgendwann der Sprung in den internationalen Musikbiz. Dazwischen ein wenig Drogen und Frauen. Flakes Schreibstil ist schlicht, fast ein wenig unbedarft, aber gerade dadurch authentisch. Wie nebenbei eingestreute Anekdoten wirken so noch komischer, die Erfahrungen eindrücklicher. Man rückt ganz nahe heran. Nicht nur für Musikfans im Allgemeinen und (Ost-)Punker im Besonderen wärmstens zu empfehlen.
Lars Schmidt: Achtung! Wenn Sie die Annehmlichkeiten eines entspannten Urlaubs ungetrübt genießen wollen, lesen Sie dieses Buch nicht während der Ferien. Denn das darin beschriebene, durchaus realistische Szenario eines europaweiten Stromausfalls über mehrere Wochen und dessen Auswirkungen, ist beängstigend. Autor Mark Elsberg verbindet in diesem Thriller spannend-rasante Erzählkunst mit gut recherchierten Technikfakten und packt den Leser von der ersten Seite an. Ich jedenfalls habe nach der Lektüre einen Notvorrat an Wasser und Lebensmitteln angelegt.