Streit um Tour-Skandal Nach Horror-Sturz im Sprint: Voigt verteidigt Sagan
Paukenschlag bei der Tour de France: Weltmeister Peter Sagan ist nach einer brutalen Attacke im Zielsprint der vierten Etappe von der Rundfahrt ausgeschlossen worden. Jetzt tobt die Diskussion, ob das gerechtfertigt ist
"Wir haben uns dazu entschieden, Peter Sagan von der Tour de France 2017 zu disqualifizieren. Er hat auf den letzten Metern des Sprints Kollegen ernsthaft gefährdet", teilte Jury-Präsident Philippe Marien aus Belgien mit. Der slowakische Superstar vom deutschen Team Bora-hansgrohe hatte den Briten Mark Cavendish in Vittel/Frankreich in die Absperrung gedrängt – ob mit dem Ellenbogen – wie es zunächst aussieht, ist umstritten. Auch der Deutsche John Degenkolb stürzte über den am Boden liegenden Briten. Beide blieben zunächst liegen, wurden später in eine Klinik gebracht.
Bei Cavendish wird ein Schulterbruch befürchtet, Sagan suchte im Anschluss immerhin den Cavendish-Teambus auf und sagte "Sorry". "Ich habe Mark nicht gesehen, es tut mir leid", meinte Sagan.
Achtung: Beim Video nicht auf den eingekreisten Sieger achten, sondern auf die beiden Fahrer am rechten Bildrand in den hellen Trikots.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Du hast mich zum zweiten Mal beinahe umgebracht!", fauchte der deutsche Topsprinter André Greipel, der sich nur mühsam auf dem Rad gehalten hatte. "Da fährt ein Typ im Weltmeister-Trikot, der meint, er könne sich alles erlauben." Peter Sagan, am Montag strahlender Sieger und in Vittel Zweiter hinter Démare, hatte auch den 34 Jahre alten Rostocker vom Team Lotto-Soudal im Sprint "fast vom Rad geholt".
Später relativierte Greipel seine Aussagen. Bei Twitter schrieb er: "Manchmal sollte ich mir die Bilder anschauen, bevor ich etwas sage."
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Er ist Weltmeister und eine Art Vorbild"
Cavendishs Sportdirektor Rolf Aldag war indes außer sich und forderte schon kurz nach dem Rennen den Tour-Ausschluss von Sagan: "Das muss Konsequenzen haben. Er ist Weltmeister und eine Art Vorbild. Der Weltverband muss reagieren. Es ist hart einen Weltmeister zu disqualifizieren, aber das sollte gemacht werden. Das war eine klare Tätlichkeit. Sagan muss ausgeschlossen werden. Wir haben das bei der Jury beantragt."
Jens Voigt schlägt sich auf die Seite derer, die die Disqualifikation als zu hart ansehen. In mehreren Tweets erklärt Voigt seine Sicht. Statt Sagan sieht er den späteren Sieger Arnaud Démare als Hauptverursacher für den Sturz, weil dieser als erster Fahrer seine Spur verlassen habe. Sagan habe nur darauf reagiert.
Andere führen ins Feld, dass Sagan Cavendish nicht habe sehen können. Er habe ihn zuerst aus Versehen berührt und zu Fall gebracht – dann habe er aus Reflex den Ellbogen ausgefahren, um sich selbst zu schützen.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Etwas glimpflicher als Cavendish kam John Degenkolb davon, der noch Minuten später kreidebleich am Teambus stand. "Es geht mir den Umständen entsprechend. Ich bin schlimm gestürzt. Ich habe nur noch gesehen, wie Cav am Boden lag und wollte noch drüber springen. Fast hätte es geklappt", sagte Degenkolb, der nach der Etappe, die der Franzose Arnaud Démare gewann, sicherheitshalber zum Röntgen fuhr. Anschließend gab Degenkolb Entwarnung. "Es ist zum Glück nichts gebrochen", sagte er der Sportschau. "Aber es werden harte Tage."
Übeltäter Sagan hatte offenbar gleich ein schlechtes Gewissen und fuhr umgehend zum Teambus von Cavendish. "Ich wollte mich entschuldigen. Ich konnte ihm nicht mehr ausweichen", schilderte Sagan seine Sicht der Dinge. Die Jury sah dies freilich anders.
Deutsche Sprint-Asse konnten nicht eingreifen
Auch durch die Stürze – gut 1000 Meter vor dem Ziel gab es noch einen Massencrash – konnten die deutschen Sprint-Asse nicht in die Entscheidung eingreifen. Greipel belegte nach der Rückstufung von Sagan hinter Arnaud Démare und dem Norweger Alexander Kristoff Platz drei. Marcel Kittel war gar nicht im Finale vertreten, da er durch den ersten Sturz ausgebremst worden war. "Ich bin froh, dass ich an einem Stück das Ziel erreicht habe, so dass ich mir auf den nächsten Etappen noch etwas vornehmen kann", sagte Kittel, der das Grüne Trikot an Démare verlor.
Embed
In der Gesamtwertung liegt der Waliser Geraint Thomas in Führung, doch auch der Sky-Profi kam nicht ohne Sturz ins Ziel. Auf Platz zwei folgt zwölf Sekunden zurück Vorjahressieger Chris Froome.