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Olympia 2018: So schaffte Marco Sturm das Eishockey-Wunder


Vater des Olympia-Erfolgs
So schaffte Marco Sturm das Eishockey-Wunder

Von sid, ps

27.02.2018Lesedauer: 4 Min.
Marco Sturm gibt die Anweisungen vor: Das DEB-Team vertraut dem Bundestrainer blind. Zusammen feierten sie mit Olympia-Silber den größten Erfolg der deutschen Eishockey-Geschichte.Vergrößern des Bildes
Marco Sturm gibt die Anweisungen vor: Das DEB-Team vertraut dem Bundestrainer blind. Zusammen feierten sie mit Olympia-Silber den größten Erfolg der deutschen Eishockey-Geschichte. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Silbermedaille bei Olympia war der größte Erfolg der deutschen Eishockey-Geschichte. Dahinter steckt vor allem einer: Bundestrainer Marco Sturm. Wie erweckte er das deutsche Eishockey wieder zum Leben?

Es war ein Bild, das sich während des Olympischen Eishockey-Turniers glich. Egal wann Bundestrainer Marco Sturm auf den Fernsehbildschirmen eingeblendet wurde, verzog er kaum eine Miene. Kein Torjubel, keine Aufregung bei Gegentoren. Selbst in den kniffligsten Momenten des 4:3-Halbfinalsieges gegen Kanada und der dramatischen 3:4-Finalniederlage gegen die Olympischen Athleten aus Russland (OAR) blieb er die Ruhe selbst. Es ist Teil von Sturms Konzept.

In der Ruhe liegt die Kraft. Diese Kernbotschaft vermittelte der 39-jährige Bundestrainer seinem Team bereits seit der Amtsübernahme vor knapp zweieinhalb Jahren. Seine zweite große Botschaft an die Mannschaft: der Glaube. „Dieses Wort hängt groß in unserer Kabine“, verriet Kapitän Marcel Goc während des Turniers der „Süddeutschen Zeitung“.

Sturm verlieh dem Team den Glauben an Gold

So sensationell der Gewinn der Silbermedaille für Außenstehende war, die Mannschaft hat offenbar von Beginn daran geglaubt, dass bei Olympia alles möglich ist. „Wir waren verrückt genug, diese Idee vor dem Turnier auszusprechen“, verriet Moritz Müller der „Süddeutschen Zeitung“. „Vielleicht war es dieser Mut, dieser Größenwahn, der uns am Ende hier hingeführt hat.“ Eine interne Chat-Gruppe sei im Vorfeld der Winterspiele in Pyeongchang gar „Mission Gold“ genannt worden.

Am Ende erfüllte sich die Mission beinahe. Drei Minuten wähnte sich Deutschland als Olympiasieger, führte im Finale gegen OAR bis 55 Sekunden vor Schluss der regulären Spielzeit 3:2. Am Ende verlor Sturms Truppe in der Overtime. Kirill Kaprizov erzielte den 3:4-Siegtreffer und beendete den deutschen Traum von Olympia-Gold. Die Silbermedaille und das Eishockey-Wunder von Pyeongchang waren dennoch der größte Erfolg der gesamten deutschen Eishockey-Geschichte.

2015 lag das deutsche Eishockey am Boden

Vor drei Jahren wäre daran nicht mal im Traum zu denken gewesen. Das deutsche Eishockey lag damals am Boden. In Sotschi hatte Deutschland 2014 erstmals seit 65 Jahren nicht an Olympischen Spielen teilgenommen. Für die WM 2015 in Tschechien sagten mehr als 20 deutsche Nationalspieler ab. Deutschland schied in der Vorrunde aus. Es bedeutete das Aus von Bundestrainer Pat Cortina.

Im Juli 2015 präsentierte DEB-Präsident Franz Reindl überraschend Marco Sturm als Nachfolger. Der gebürtige Dingolfinger war zu diesem Zeitpunkt zwar mit 1006 Einsätzen als deutscher NHL-Rekordprofi bekannt, bis dahin aber auch ohne jegliche Trainererfahrung. „Die Jungs wissen, dass ich ein Teamspieler war. Das erwarte ich jetzt auch von meinen Jungs“, sagte er 2015 der „Süddeutschen Zeitung“. Man müsse wieder einen Kern der Mannschaft finden. „Wir brauchen Leader. Die älteren Spieler müssen diesen Weg mit mir gehen.“ Gesagt, getan.

Sturm führte Deutschland zweimal ins WM-Viertefinale

Sturm (Spitzname zu NHL-Zeiten: „German Rocket“) begeisterte die deutschen NHL-Profis und auch gestandene DEL-Spieler wieder für die Nationalmannschaft und formte ein neues Team. Er wolle „Männer, die für die Mannschaft alles geben.“ Und er gab an, den Spaß im DEB-Team zurückbringen zu wollen. Auch diese Botschaften kamen offenbar gut an.

Zugleich professionalisierte Sturm in seiner Zusatzfunktion als General Manager die Nationalmannschaft, holte einen Athletikcoach, einen Videocoach und einen Ernährungsberater hinzu. „Der Staff, den er um sich rum hat, die Leute, die er ausgesucht hat, die haben natürlich perfekt gepasst", sagte Christian Ehrhoff. Und der Coach predigte, inspiriert von der nordamerikanischen Profiliga, ein offensiveres, moderneres Eishockey als seine Vorgänger.

Die Erfolge kamen prompt. Unter Sturm gewann das DEB-Team zunächst den Deutschland-Cup 2015. Bei der WM 2016 in Russland und ein Jahr später bei der Heim-WM führte der Bundestrainer die DEB-Auswahl jeweils ins Viertelfinale und schaffte zugleich die Qualifikation für Olympia 2018.

Seidenberg: „Wenn er was sagt, glaubt man das"

Vor dem Olympischen Turnier in Pyeongchang war die Ausgangslage auf den ersten Blick jedoch alles andere als vielversprechend: Da die weltbeste Eishockey-Liga den Spielbetrieb für Olympia nicht unterbrach, reiste Deutschland ohne sieben deutsche NHL-Stars an, darunter mit Philipp Grubauer die deutsche Nummer eins im Tor. Noch dazu hatten Leistungsträger wie Kapitän Goc und Ehrhoff eine durchwachsene DEL-Saison hinter sich.

Für Sturm kein Grund zur Panik. Er machte sein Team, das komplett aus DEL-Spielern bestand, stark, fand die richtige Mischung und die richtigen Worte. „Er gibt uns Vertrauen, das Gefühl, dass wir es draufhaben“, sagte Yannick Seidenberg der „Süddeutschen Zeitung“. Und weiter: „Wenn er was sagt, glaubt man das“. In die gleiche Kerbe schlug Patrick Reimer: „Er kann motivieren und begeistern. Man merkt seinen Ehrgeiz. Genau so etwas brauchen wir“. Marco Sturm weiß, wie er die Spieler anpacken muss, er fordert viel von seinem Team, gönnt ihm aber wenn nötig auch Auszeiten und Freiheiten – wie zwischen den K.o-Spielen bei Olympia innerhalb weniger Tage.

Nächste Mission: WM 2018 in Dänemark

"Wir sind nicht nur als Mannschaft zusammengewachsen, sondern ich glaube, ganz Deutschland ist zusammengewachsen. Das werden wir nie vergessen. Wir selbst werden künftig vielleicht mit besserem Selbstvertrauen in die Turniere gehen. Aber man muss auf dem Teppich bleiben", sagte der Bundestrainer nach dem Wunder von Pyeongchang.

Die nächste Herausforderung wartet bereits in zehn Wochen bei der WM 2018 in Dänemark (4. bis 20. Mai). Das Gesicht der Mannschaft wird dann wieder anders aussehen. Die deutschen NHL-Stars werden wieder mit von der Partie sein. Einige Spieler des Olympia-Teams werden dafür möglicherweise weichen müssen. „Es ist noch nichts entschieden. Vielleicht wird die Truppe, wie sie hier war, bei den nächsten Turnieren nicht mehr in dieser Konstellation auf dem Eis stehen", sagte Marco Sturm. Doch der Bundestrainer wird sich mit Sicherheit wieder etwas einfallen lassen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • sid-Interview mit Marco Sturm
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