"Widerliches, abgekartetes Spiel" Enttäuschung über Nicht-Ausschluss Russlands
Enttäuschung nach der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC): Der Verzicht auf einen Ausschluss des kompletten russischen Olympia-Teams von den Sommerspielen in Rio de Janeiro hat in Deutschland größtenteils Kopfschütteln ausgelöst.
Doping-Experte Fritz Sörgel bezeichnete die IOC-Entscheidung im Fall Russland als "widerliches, abgekartetes Spiel. Allein die Tatsache, dass die russischen Sportfunktionäre mit der Entscheidung zufrieden sind, ist doch ein starkes Zeichen dafür, dass gemauschelt worden ist", sagte Sörgel im Gespräch mit Sky Sport News.
"Es glaubt doch wohl niemand, dass das IOC das nicht im Vorfeld mit den Verbänden abgesprochen hat." Der olympische Gedanke, so Sörgel, habe mit dieser Entscheidung "großen Schaden genommen". Das IOC habe "komplett versagt".
"Das schlechteste Zeichen überhaupt"
"In Sachen eines glaubwürdigen Anti-Doping-Kampfes ist das das schlechteste Zeichen überhaupt", sagte die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag und kritisierte, dass das IOC sich gegen eine eindeutige Empfehlung der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ausgesprochen habe.
"Ich halte das für keine gute Entscheidung, weil jetzt mehr unklar als klar ist. Die Verantwortung wird wieder an Dritte abgeschoben, diesmal an die internationalen Fachverbände", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete.
Kritik an Weitergabe der Verantwortung
Auch Siegfried Kaidel als Sprecher der deutschen Spitzenverbände zeigte sich enttäuscht. "Ein anderer Weg mit dem Ausschluss wäre sicherlich das stärkere Zeichen im Kampf gegen Doping gewesen. Es wäre sicher auch das bessere Zeichen gewesen, wenn das IOC die Verantwortung übernommen und den Ball nicht an die internationalen Dachverbände weitergegeben hätte", sagte Kaidel.
Auch Tischtennis-Weltverbandspräsident Thomas Weikert bezeichnete die Übertragung der Entscheidung über Rio-Starts russischer Athleten auf die Fachverbände als unangemessen: "Es ist die von mir erwartete Entscheidung, aber ich hätte mir gewünscht, dass das IOC selbst in dieser Frage mehr Verantwortung übernommen hätte."
DLV-Präsident sieht Entscheidung "problematisch"
Auch bei Clemens Prokop, dem Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), sorgte die Entscheidung für Unverständnis. "Ich halte die Entscheidung für problematisch. Hier entsteht leicht der Eindruck, dass politische Rücksichtnahmen höher gewichtet worden sind als die Frage der Glaubwürdigkeit des Sports", sagte Prokop. Er sei "überrascht, dass die schwerwiegenden Vorwürfe gegen den russischen Sport ohne Folgen für die Teilnahme sind".
Hörmann: "Fair und gerecht"
Andere Töne kamen dagegen von Alfons Hörmann, dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). "Die Entscheidung ist fair und gerecht", sagte Hörmann im Gespräch mit Sky Sport News: "Der Athlet muss den Nachweis erbringen, dass er sauber ist, das dürfte schwer genug werden."
In einer DOSB-Mittelung erklärte der Verbandschef weiter: "Der erstmalige generelle Ausschluss aller vom Staatsdoping betroffenen Athletinnen und Athleten eines nationalen Teams zeigt, dass die Nulltoleranz-Politik auch künftig weltweit gilt. Wer also systematisch gegen die Regeln verstößt, erhält die Rote Karte."