Hamburgs "Nein" zu Olympia Das Votum ist eine Ohrfeige für IOC und DOSB
Ein Kommentar von Johann Schicklinski
Hamburg hat abgestimmt – und die Bevölkerung der Hansestadt hat trotz anderslautender Prognosen den Daumen gegen die Austragung der Olympischen Spiele 2024 gesenkt. Dennoch ist der Ausgang des Referendums keine Überraschung, sondern Ausdruck der immer größeren gesellschaftlichen Skepsis gegenüber sportlichen Mega-Events, vor allem aber gegenüber den Verbänden.
Das Votum ist deshalb zuallererst kein Schock für den deutschen Sport, denn vielen Wählern dürfte es nicht um Inhalte gegangen sein. Es ist nicht in erster Linie als "Nein" zur Bewerbung der Hansestadt zu verstehen, deren Konzept durchaus sinnvoll erschien. Es ist vielmehr eine Ohrfeige für das Internationale Olympische Komitee (IOC) und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Auch beim DFB oder der FIFA sollte man es als Denkzettel registrieren.
Immer neue Enthüllungen, in den letzten Monaten fast täglich, haben das Misstrauen in der Bevölkerung stark wachsen lassen und damit den Olympia-Gegnern in die Karten gespielt. Waren vor wenigen Monaten in Umfragen noch rund zwei Drittel der Hamburger für die Ausrichtung der Sommerspiele, sanken die Werte zuletzt rasant. Dass das Votum letztlich sogar scheiterte, hängt wohl nicht zuletzt auch mit dem FIFA- und dem DFB-Skandal zusammen, die dem Lager der Verweigerer einen weiteren satten Zuwachs gebracht haben dürften.
Olympische Spiele als reine Kommerz-Veranstaltungen
Dass die Hamburger keine Sommerspiele 2024 in ihrer Stadt wollen, ist ein klares Signal gegen die jahrzehntelange absolutistische Vetternwirtschaft in den großen Sportverbänden, denen es bei der Ausrichtung ihrer Großereignisse offensichtlich nie hauptsächlich um den Sport ging. Sondern darum, sich die Taschen voll zu machen und vor allem selbst Profit schlagen zu können. Das gilt sowohl für die Institutionen und deren Mitglieder als auch für die zahlreichen Sponsoren. Olympische Spiele - so die öffentliche Wahrnehmung - sind längst zu reinen Kommerz-Veranstaltungen verkommen, die zudem noch extrem teuer und wenig nachhaltig sind.
Maue Wahlbeteiligung
Dass aus dem Lager der Olympia-Befürworter nun Vorwürfe in Richtung der Gegner laut werden, ist schade. Sie offenbaren damit einen mangelnden Respekt für die Demokratie. Schließlich hat sich eine Mehrheit dagegen ausgesprochen, Gastgeber des größten Sportfestes der Welt zu sein. Selbst bei einem knappen Sieg wäre fast die Hälfte der Hamburger gegen Olympia gewesen. Ob eine Bewerbung unter solchen Voraussetzungen Sinn gemacht hätte, ist ohnehin fraglich. Die maue Wahlbeteiligung von nur 50,1 Prozent zeigt zudem, dass die Bürger andere Sorgen haben.
Für den deutschen Sport ist das Ergebnis schade, aber eben kein Schock. Unter den noch im Rennen verbliebenen Städten sind Paris, Rom, Budapest und Los Angeles. Sie haben Olympia in der Vergangenheit bereits ausgerichtet und es spricht nichts gegen erneute stimmungsvolle Spiele dort. Randsportarten, die nur alle vier Jahre von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden, können sich auch dort vor einer angemessenen Kulisse präsentieren.
Olympia in Deutschland wohl lange nicht mehr
Olympische Spiele in Deutschland dürften sich allerdings auf lange Zeit erledigt haben. Für IOC und DOSB gilt es, erst einmal wieder eine breite Vertrauensbasis für die olympische Bewegung zu schaffen, bevor über neue Bewerbungen nachgedacht werden kann. Das wird schwer genug.