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WM 2014: Kritik an FIFA und Sepp Blatter wird immer lauter


Kritik an Blatter immer lauter
Experte: WM ist von Korruption und Ungleichheit gezeichnet

Von t-online
Aktualisiert am 12.06.2014Lesedauer: 3 Min.
WM-Gegner machen im Endspielort Rio de Janeiro ihrem Ärger Luft.Vergrößern des Bildes
WM-Gegner machen im Endspielort Rio de Janeiro ihrem Ärger Luft. (Quelle: Fotoarena/imago-images-bilder)
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Von Ricardo Da Silva Campos

Kurz vor WM-Beginn spaltet sich die Nation im Gastgeberland Brasilien immer mehr. Während Präsidentin Dilma Rousseff nur noch von der "Weltmeisterschaft aller Weltmeisterschaften" schwärmt und soziale Gerechtigkeit predigt, geht die Feierstimmung bei den WM-Gegnern gegen Null. Das Thema Korruption rückt nicht nur bei den Protestlern immer stärker in den Fokus. "Ich möchte das totalitäre System der FIFA nicht", sagt beispielsweise Clemente Ganz Lúcio, namhafter Gewerkschafter und Technischer Direktor für Statistik und Sozioökonomische Studien (DIEESE).

Lúcio erläutert, wie der Fußball-Weltverband mit Präsident Sepp Blatter an der Spitze durch soziale und auch kulturelle Ignoranz der Demokratie in Brasilien zusehends schadet.

"Die Brasilianer kämpfen für Arbeitsplätze, Bildung und Wohlstand. Sie wollen die Chancen, die ihnen durch die WM entstehen können, nachhaltig nutzen. Doch die FIFA und Sepp Blatter setzen ihr striktes Regelwerk durch und schreiben Auflagen vor, die unnötige Investitionen nach sich ziehen und somit volkswirtschaftlich keinen Nutzen haben", sagt der Experte für wirtschaftliche und soziale Entwicklung.

Stadien werden zu "separaten Räumen für Eliten"

Die FIFA werde bei dem Mega-Event etwa drei Milliarden Euro an Gewinn erzielen. "Im Vergleich dazu wird das Gastgeberland fast elf Milliarden Euro investieren, ohne dass Gelder in die Sektoren Bildung, Gesundheit oder Nahverkehr fließen". Dabei müsse der durch die WM geschaffene Reichtum allen Schichten zugänglich gemacht werden. Und genau dies lasse die FIFA nicht zu.

"Im System der FIFA existiert 'der Andere' nicht, da die Stadien, die uns allein 2,6 Milliarden Euro an Investitionen kosten, immer mehr in separate Räume für Eliten umgewandelt werden", so Lúcio weiter.

"FIFA-System nicht universell, sondern totalitär"

Der Großteil der Bevölkerung könne sich die exorbitanten Eintrittspreise nicht leisten. Ein Stadionbesuch käme immer mehr einem rein profitorientierten Geschäft gleich, das durch eine ausgeklügelte Marketing-Maschinerie gesteuert werde. "Dabei wird die Mehrheit ausgeschlossen und der Sport rückt immer mehr in den Hintergrund". Mehr als 58 Prozent der Brasilianer würden daher längst nicht mehr an positive Effekte der WM glauben, merkt der Universitätsprofessor aus Sao Paulo an.

"Die FIFA ist eine Einrichtung, die für Ungleichheit, Ungerechtigkeit und blinden Konsum steht. Sie unterstützt mächtige Finanzgruppen und Investoren auf illegale Art und Weise und ist durch korrupte Strukturen im öffentlichen und privaten Bereich gekennzeichnet." Oberstes Gebot der FIFA sei es, eine elitäre Ästhetik in den Stadien zu schaffen, die keinerlei Verbindung zu kulturellen oder wirtschaftlichen Bedingungen der anderen Gesellschaftsschichten aufweise. "Das System der FIFA ist nicht universell, sondern totalitär", sagt Lúcio.

Menschenrechtler nehmen FIFA in die Pflicht

Auch von zahlreichen Nichtregierungs-Organisationen gibt es Gegenwind. Aktivisten der Initiative "Nosso Jogo" ("Unser Spiel") beklagen vor allem die Lage der Menschenrechte in Brasilien. Die schlechte Situation der Arbeiter und Menschen vor Ort dürfe nicht geduldet werden. Während des Baus der WM-Stadien seien neun Menschen ums Leben gekommen, so ein weiterer Gewerkschaftssprecher. "Wir machen die brasilianische Regierung und die FIFA für alles verantwortlich, was geschehen ist."

Bis zu 250.000 Menschen seien zwangsumgesiedelt worden, kritisierte eine Sprecherin vom Institut für nachhaltige Entwicklung in Belo Horizonte. "Nosso Jogo" fordert bindende Menschenrechtsstandards bei sportlichen Großereignissen.

Rote Karte von Brasiliens Kirche

Sogar die Kirche hat dem Weltverband die Rote Karte gezeigt: "Der Erfolg der WM misst sich weder am Geld, das in die lokale Wirtschaft fließt, noch am Gewinn für seine Sponsoren", heißt es in einer Broschüre von Brasiliens Bischöfen, die in den zwölf WM-Städten in Umlauf gebracht wurde. Gleich acht Kritikpunkte an der WM werden aufgeführt. Der erste ist der "Ausschluss von Millionen von Bürgern vom Recht auf Information und Teilnahme an entscheidenden Prozessen von Bauprojekten, die für die WM umgesetzt wurden".

Einen Tadel erhielten die WM-Organisatoren für die "Umsiedlung von Familien und Kommunen", um Stadien zu errichten oder Verbesserung in die Verkehrsinfrastruktur durchzuführen. Kritisiert wurde zudem die "Umkehrung von Prioritäten" bei der Nutzung öffentlicher Gelder, die vor allem im Gesundheitswesen, der Bildung, der Abwasser-Entsorgung, dem Personen-Transport und der Sicherheit bessere Verwendung fänden.

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