Auf diese Stars muss Jogi Löw verzichten Calhanoglu und Co.: DFB? Nein, danke!
Von Nico Herold
Am 8. Mai gibt Bundestrainer Joachim Löw seinen vorläufigen Kader für die Weltmeisterschaft in Brasilien bekannt. In die Liste der zahlreichen Kandidaten mischen sich mit Marcel Schmelzer, Sami Khedira und Ilkay Gündogan momentan jedoch auch einige Langzeitverletzte. Der DFB-Trainer wird dennoch ein schlagkräftiges Team mit nach Brasilien nehmen. Allerdings könnte die Auswahl an Spielern noch größer sein. Viele junge Stars der Bundesliga haben sich gegen eine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft entschieden und laufen stattdessen für ein anderes Land auf. (Klicken Sie sich durch die Bildergalerie der Stars, die sich gegen den DFB entschieden haben)
Einer von ihnen ist Hakan Calhanoglu. Der Spielmacher des HSV ist der große Lichtblick im sonst enttäuschenden Kader der Hanseaten. Mit seinen Freistoßfähigkeiten kann der Deutsch-Türke Spiele alleine entscheiden. Auf internationaler Ebene tut er dies jedoch für die Türkei und nicht für Deutschland, obwohl der Mittelfeld-Stratege in Mannheim geboren ist.
Calhanoglu: "Habe auf mein Herz gehört"
Calhanoglu wurde die Entscheidung leicht gemacht. Beim DFB kümmerte man sich schlichtweg kaum um das Ausnahmetalent: "Das Interesse vom türkischen Verband war immer größer. Nur hin und wieder gab es Anfragen vom DFB", sagte der Ex-Karlsruher im Gespräch mit T-Online.de: "Am Anfang hatte ich mit Steffen Freund (damaliger Trainer der deutschen U17) Kontakt, doch dieser war dann auch bald abgerissen. Erst Horst Hrubesch (Trainer der deutschen U21) hat sich später wirklich um mich bemüht, da stand meine Entscheidung aber schon fest."
Aus DFB-Sicht ein klarer Fall von "durch die Lappen gegangen". Calhanoglus Entscheidung war dann auch schnell gefällt: "Mein Entschluss fiel, als ich das erste Mal für die türkische U17-Nationalmannschaft berufen wurde. Ich habe mich damals sehr gefreut und dann ging es sehr schnell." Ein weiterer Faktor war die Verbindung zum Heimatland seiner Familie: "Ich habe auf mein Herz gehört und mich für die Türkei entschieden."
Auch Nuri Sahin, Ömer Toprak und Hamit Altintop spielen für die Türkei
Und mit dieser Entscheidung ist er nicht der einzige. Besonders in der türkischen Nationalmannschaft reiht sich ein Kicker mit deutschem Geburtsort an den anderen. Neben Ömer Toprak von Bayer Leverkusen auch Nuri Sahin von Borussia Dortmund sowie Hamit Altintop, der lange Jahre für Schalke 04 und Bayern München am Ball war. Sie alle vereint die Entscheidung für das Heimatland ihrer Eltern und gegen die DFB-Elf.
Hakan Calhanoglu hat zumindest einen Verdacht, warum sich besonders in Deutschland geborene Türken so oft gegen den DFB entscheiden: "Ich kann nicht für die anderen sprechen, denn jeder Mensch denkt anders bei dieser Entscheidung, aber vielleicht ist es manchmal so, dass die Spieler einfach einen anderen Weg einschlagen und auf ihr Herz hören."
Zwei Bundesliga-Stars spielen für Kamerun
Doch nicht nur in der türkischen Auswahl tummeln sich einige mögliche deutsche Nationalspieler. Auch die afrikanischen Verbände handeln schnell, wenn der DFB zu lange zögert. In der von Volker Finke trainierten kamerunischen Nationalmannschaft tummeln sich mit Joel Matip (geboren in Bochum) und Eric-Maxim Choupo-Moting (geboren in Hamburg) zwei weitere Bundesligaspieler, die sich gegen den DFB entschieden haben. Auch Kevin-Prince Boateng, der sämtliche U-Nationalmannschaften in Deutschland durchlief, spielt schon seit längerem für Ghana, anstatt wie sein Halbbruder Jerome für Deutschland.
Doch warum entscheiden sich so viele Bundesliga-Profis gegen den DFB? Der angehende Sportdirektor des größten Sport-Verbandes der Welt, Hansi Flick, dazu in der "Sport Bild": "Natürlich sprechen wir mit den jeweiligen Spielern und zeigen ihnen Wege auf, sagen all unsere Unterstützung zu, aber eines werden wir keinesfalls tun: ihnen falsche Versprechungen machen. Wir kennen es ja, dass immer wieder vor großen Turnieren junge Spieler von anderen Verbänden angesprochen werden, hier und da wohl auch mit Zusagen, bei der EM oder der WM dabei zu sein."
Calhanoglu drückt Deutschland die Daumen
Die WM im Sommer wird Hakan Calhanoglu durch seine Entscheidung für die Türkei verpassen. Im Hinblick auf das Großereignis in Brasilien sieht er seinen Entschluss auch kritisch: "Wenn man es aus dieser Sicht sieht, habe ich mich vielleicht zu früh entschieden. Ich habe ja lange noch gehofft, dass nochmal jemand auf mich zukommt."
Da dies beim DFB aber niemand mehr tat, verfolgt er im Juni die Weltmeisterschaft entspannt im Fernsehen. Der Nationalmannschaft wünscht er dabei den Titel: "Ich drücke natürlich Deutschland die Daumen und hoffe bei der nächsten WM mit der Türkei dabei zu sein."