Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet."Dunkle Wolke" über DFB-Team Am Sonntag droht Gewitter
Fünf Tage WM sind vorbei. Auch Deutschland hat gespielt – und verloren. Schon sehr bald könnte es nach Hause gehen.
Guten Morgen aus Doha,
"Daaaaannke, Noah. Ich war bei deinem Anruf unterwegs, hatte einen schönen Tag ohne Arbeit und ohne Deutschland und ohne Fußball." Es war schon sehr spät geworden am Mittwochabend, als sich meine Freundin Laura für meine Geburtstagsglückwünsche bedankte.
Laura hatte nichts gesehen vom enttäuschenden WM-Auftakt der deutschen Mannschaft, sondern lieber in Ruhe ihren 29. Geburtstag verbracht. Und Laura ist dem Fußball alles andere als abgeneigt.
Viele Lauras in Deutschland
Doch so wie ihr wird es am Mittwoch vielen Menschen gegangen sein. Das zumindest suggerieren die Quoten des Duells zwischen Japan und Deutschland, die am Donnerstag bekannt wurden. Im Schnitt sahen "nur" 9,23 Millionen Menschen die DFB-Niederlage in der ARD.
Ja, das mag möglicherweise an der frühen Anstoßzeit (14 Uhr) gelegen haben. Und auch die Streamingzuschauer sowie das Publikum bei MagentaTV sind da nicht mit eingerechnet. Doch waren die Quoten bei Spielen am Nachmittag bei vergangenen Turnieren deutlich besser (mehr dazu lesen Sie hier).
Fußballeuphorie gibt es in Deutschland aktuell keine: Nach fünf WM-Tagen knackte nicht eine einzige Partie den Zuschauerschnitt von zehn Millionen. Und ob noch viele DFB-Spiele folgen werden, die diesen Schnitt nach oben treiben, ist mehr als fraglich.
Deutschlands schwache Bilanz bei großen Turnieren
Denn die deutsche Mannschaft steht bei diesem umstrittenen Turnier schon nach nur einem Spiel vor dem Aus. Wenn Sie mich fragen: Ich glaube, das war's. Die Konstellation in Gruppe E lässt den Schluss zu, dass das DFB-Team nur noch geringe Chancen auf ein Weiterkommen besitzt. Wie Deutschland trotzdem noch ins Achtelfinale einziehen könnte, lesen Sie hier.
Der (sportliche) Fokus liegt also nun auf der Partie gegen Spanien. Und dass ich der deutschen Mannschaft im Duell mit dem "Angstgegner" keinen Sieg zutraue, hat nur bedingt mit dessen Kantersieg (7:0) über Costa Rica zu tun.
Der Kollege Patrick Berger von Sport1 hat bei Twitter eine Statistik geteilt, die eine deutliche Sprache spricht: Deutschland hat in den letzten neun Spielen bei großen Turnieren nur zwei Siege eingefahren und sechs Niederlagen kassiert. In den letzten 14 Partien gegen aktuelle WM-Teilnehmer gab es nur einen Sieg, acht Remis und fünf Pleiten, schreibt er.
Die Wolke ist noch da
Wer diese Zahlen liest, der wird zum Schluss kommen müssen, dass die einstige Fußballmacht Deutschland keine mehr ist. Die Erwartungshaltung vor Turnieren war und ist immer die, mit dem Pokal heimzukehren. Doch es entspricht nicht der Realität. Es ist mehr Schein als Sein.
Und zu dem sportlichen Misserfolg gesellt sich eben noch die Unmündigkeit der Spieler eines Verbands, der vor der Fifa eingeknickt ist und sich auf verschiedenen Ebenen der Lächerlichkeit preisgegeben hat. Das Imageproblem, das der DFB und die Nationalmannschaft haben, es wird sich ganz sicher nicht während des Turniers lösen.
Im November 2020 hatte Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff von einer dunklen Wolke gesprochen, die über dem DFB-Team schwebt. Dieser Wolke konnte der Verband bis heute nicht entfliehen – im Gegenteil. Es sind ein paar Schauer hinzugekommen. Und am Sonntag droht ein Gewitter.
WM-Anekdote
Lange nach der Deutschland-Pleite, es war schon fast Mitternacht in Katar, begab ich mich im Medienzentrum der Fifa in Doha in die Kantine. Dort kam ich mit Vivile ins Gespräch, einem Mitarbeiter aus Südafrika, der mir meinen Kaffee reichte. "Aus welchem Land kommen Sie?", fragte er mich. "Deutschland", entgegnete ich ihm. Vivile verzog das Gesicht zu einer leidenden Grimasse. "Ich habe bei dieser WM bislang zwei Wetten platziert. Eine auf Argentinien, eine auf Deutschland. Beides nichts gewesen." Ich wünsche ihm, dass sein nächster Tippschein aufgeht. Vielleicht sollte er aber lieber nicht auf Deutschland setzen.
Heutige WM-Spiele
11:00 Uhr, Gruppe B: Wales gegen Iran
14:00 Uhr, Gruppe A: Katar gegen Senegal
17:00 Uhr, Gruppe A: Niederlande gegen Ecuador
20:00 Uhr, Gruppe B: England gegen USA
Weitere Hinweise
Cristiano Ronaldo traf gestern nach einem lächerlichen Elfmeterpfiff zum 1:0 für Portugal gegen Ghana. Ich durfte live im Stadion davon Zeuge werden, wie "CR7" der erste Spieler der Geschichte wurde, der nun bei fünf verschiedenen Weltmeisterschaften getroffen hat.
Und für alle Statistik-Freaks: Morgen beginnt der zweite WM-Spieltag. Am ersten fielen in den 16 absolvierten Partien 41 Treffer – trotz vier torloser Spiele. Das macht einen Schnitt von 2,56 Treffer pro Spiel, der unter dem der letzten beiden Endrunden liegt (2,67 und 2,64).
Die WM in Katar hat begonnen. t-online ist mit vor Ort und berichtet über das brisanteste Turnier der Fußballgeschichte. Mit dem WM-Push verpassen Sie keine News mehr. Hier können Sie ihn abonnieren.