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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Heute Trainer-Duell in England Darum ist Klopp titelreifer als Pep
Zwei Trainer, eine Mission: Jürgen Klopp will mit dem FC Liverpool endlich wieder einen großen Titel holen. Und bei Manchester City steht Pep Guardiola nach irren Transferausgaben mit dem gleichen Ziel mächtig unter Druck. An diesem Samstag (13.30 Uhr/ DAZN und im Liveticker bei t-online.de) treffen beide im Top-Duell direkt aufeinander.
Wer ist auf der Titel-Mission schon weiter? t-online.de erklärt die Situation der beiden Trainer.
Wer ist besser in Form?
Der FC Liverpool ist früh in der Saison schon in absoluter Top-Form. Die Klopp-Elf ist bislang in allen Pflichtspielen noch ungeschlagen: vier Siege und ein Unentschieden gegen Watford (3:3). Noch beeindruckender als die nackten Zahlen ist, wie das Team zurzeit agiert. Die Klopp-Elf spielt ein atemberaubendes Pressing. Außerdem schaltet weltweit kaum ein Team zurzeit schneller von Abwehr auf Angriff um als Liverpool. So schoss die Klopp-Truppe zuletzt Hoffenheim (4:2) und Arsenal (4:0) ab.
Man City startete zwar mit zwei Siegen und einem Unentschieden in die Premier-League-Saison – doch mit den Auftritten der Mannschaft kann Pep Guardiola nicht zufrieden sein: Erst der glanzlose 2:0-Sieg zum Saisonauftakt bei Aufsteiger Brighton & Hove Albion, dann das 1:1 gegen den starken FC Everton, am dritten Spieltag traf Raheem Sterling in der siebten Minute der Nachspielzeit (!) zum 2:1 bei Bournemouth. City trat bisher pomadig, schwerfällig, ideenlos auf. Von Top-Form ist die Mannschaft noch meilenweit entfernt.
Wer hat besser eingekauft?
Für englische Verhältnisse hat Jürgen Klopp nur sehr verhalten Geld ausgegeben – umgerechnet etwa 89 Millionen Euro. Dafür holte er vor allem zwei Offensivspieler, die perfekt zu seiner Idee von Fußball passen: Mohamed Salah für 42 Mio. vom AS Rom und Alex Oxlade-Chamberlain für 38 Mio. vom FC Arsenal. Beide können mehrere Positionen im Sturm spielen, sind schnell, laufstark und erobern für Offensivspieler viele Bälle. Gleichzeitig verhinderte der deutsche Teammanager einen Wechsel von Superstar Philippe Coutinho zum FC Barcelona, obwohl der katalanische Klub mehr als 150 Mio. Euro geboten haben soll. Coutinho reagierte mit wochenlangem Streik und hat noch kein Pflichtspiel absolviert. Eine der spannendsten Fragen wird, wie der Trainer den verärgerten Brasilianer wieder integrieren kann.
Eine Zahl: 244 Millionen Euro! City hat in diesem Sommer mal wieder ganz tief ins Portemonnaie gegriffen: 30 Mio. für Verteidiger Danilo (kam von Real Madrid), 40 Mio. für Keeper Ederson (Benfica), 50 Mio. für Angreifer Bernardo Silva (AS Monaco), 51 Mio. für Rechtsverteidiger Kyle Walker (Tottenham) und sogar 57,5 Mio. für Linksverteidiger Benjamin Mendy (Monaco). Guardiola wollte Verstärkungen für jeden Mannschaftsteil, und er hat sie bekommen – zu hohen, teilweise auch überhöhten Preisen. Dabei verzichtete der Katalane auf die ganz großen Namen, stattdessen sollten die Schwachstellen besonders auf den defensiven Außenpositionen behoben werden. Ausgerechnet der 40-Millionen-Mann Ederson patzte bereits, sorgte erst zum Saisonauftakt bei Brighton & Hove für eine Dreifach-Chance der Gastgeber, beim 1:1 gegen Everton traf Rooney, nachdem der Ball unglücklich vom Schlussmann an den Pfosten und dann ins Tor prallte.
Wer passt bislang besser nach England?
Klopp ist DAS Gesicht des FC Liverpool und extrem beliebt bei Fans und Medien in England. Experten äußern allerdings immer wieder Zweifel, ob seine laufintensive Taktik wirklich perfekt für die hohe Belastung im englischen Fußball geeignet ist. In seiner bisherigen Amtszeit hatte Liverpool im Vergleich zur Konkurrenz mit vielen Verletzungen zu kämpfen. Die bittere Folge: Vergangene Saison verabschiedeten sich die „Reds“ im Januar aus dem Meisterschafts-Rennen und blieben wochenlang ohne Sieg. In der Vorbereitung versuchte Klopp, dem Team eine sparsamere Spielweise zu vermitteln: Extremes Gegenpressing steht weiter auf dem Programm, allerdings sollen die Spieler besser erkennen, in welchen Situationen es wirklich Sinn ergibt und sich dadurch einige Sprints sparen.
Gemessen an seinen früheren Erfolgen mit Barça und Bayern verlief Guardiolas erstes Jahr bei Manchester City enttäuschend – zum ersten Mal in seiner Trainerkarriere gab es keinen einzigen Titel. Die deutsche Klublegende Uwe Rösler sagte im t-online.de-Interview: Das Vertrauen von Fans und Vereinsführung ist da, es ist auch eine Begeisterung entstanden dadurch, wie sich die Mannschaft in der Vorbereitung präsentiert hat. Es ist wieder ein richtiger Optimismus da." Rösler betonte aber: "Dieses Jahr müssen dann auch Titel kommen!"
Wer hat bei seinem Klub schon mehr bewegt?
Klopp hat den Kader kontinuierlich nach seinen Vorstellungen umgebaut. Er verzichtet dabei auf Rekord-Transfers und sucht stattdessen gezielt nach Spielern, in denen er Entwicklungspotenzial für seine Spielidee sieht. Die Offensiv-Stars wie Salah und Mané sind stark im Gegenpressing, im Mittefeld hat er mit Giorgino Wijnaldum einen hervorragenden Umschaltspieler integriert. Und in der Abwehr setzt er auf den Ex-Schalker Joel Matip. Der FC Liverpool dürfte aktuell dem Ideal von Jürgen Klopp sehr nahe kommen. Jetzt muss er liefern.
Guardiola hat bei City in einem Jahr bereits aufgeräumt: 47 Spieler sind insgesamt gekommen, 45 haben den Verein verlassen. Guardiola will die Mannschaft nach seinen Vorstellungen formen und hat dazu auch noch das völlige Vertrauen der Klubführung. Rösler: "Ich glaube nicht, dass City auch nur einen einzigen Spieler holt, ohne dass Guardiola 'ja' sagt." Trotzdem hakt es noch im System, nicht ohne Grund wird seit geraumer Zeit spekuliert, Barca-Star Lionel Messi könnte seinem Ex-Trainer nach Manchster folgen – mit dem Argentinier hätte der Trainer endlich einen Spieler, der seine Spielidee schon komplett verinnerlicht hat.
Wer holt diese Saison den Titel?
Das große Problem von Klopps Liverpool war in den zurückliegenden Monaten die Konstanz. Dafür hat der FC eine überragende Bilanz gegen andere Top-Klubs und stand ja auch schon im Finale der Europa League. In wichtigen Spielen wächst das Team, gepusht vom deutschen Trainer, regelmäßig über sich hinaus. Wahrscheinlich ist diese Saison ein Pokal-Titel wahrscheinlicher als die große und lang ersehnte Meisterschaft.
City hat dasselbe Problem wie Liverpool – nur umgekehrt: Denn in den wichtigen Spielen gab es für die "Citizens" nichts zu holen im letzten Jahr! Von insgesamt zwölf Ligaspielen gegen die Konkurrenz aus der Premier-League-Spitze (Chelsea, Tottenham, Liverpool, Arsenal, United und Everton) konnte City nur kümmerliche zwei Spiele gewinnen. Hohe Siege gab es hauptsächlich gegen schwächere Gegner: 5:0 in der Champions League gegen Steaua Bukarest, 5:1 im FA Cup gegen den damaligen Zweitligisten Huddersfield, 5:0 gegen Abstiegskandidat Watford. Kann die Mannschaft mit dem Erfolgsdruck nicht umgehen?