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Steffen Freund kritisiert BVB-Bosse Watzke und Zorc scharf


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Steffen Freund zählt BVB-Bosse an
"Die Probleme liegen ganz klar in der sportlichen Vereinsführung“

Ein Interview von Guido Heisterkamp

20.12.2017Lesedauer: 6 Min.
Kritisiert die BVB-Bosse: Steffen Freund spielte von 1993 bis 1999 für Borussia Dortmund.Vergrößern des Bildes
Kritisiert die BVB-Bosse: Steffen Freund spielte von 1993 bis 1999 für Borussia Dortmund. (Quelle: Pakusch/imago-images-bilder)

Der frühere Dortmund-Star Steffen Freund hat die Bosse des BVB massiv kritisiert und bezeichnet im Interview mit t-online.de den Rauswurf von Tuchel als größten Fehler.

Steffen Freund spielte von 1993 bis 1999 für Borussia Dortmund und hat mit dem BVB alles gewonnen. 1997 die Champions League und den Weltpokal, wurde zwei Mal Deutscher Meister. Mit der sportlichen Führung seines Ex-Vereins geht der TV-Experte (RTL Nitro) hart ins Gericht. Die Entlassung von Thomas Tuchel hält er im Nachhinein für den größten Fehler, den die Dortmunder begehen konnten.

Ein Interview von Guido Heisterkamp.

t-online.de: Vor kurzem haben Sie gesagt, dass der BVB im Pokal-Achtelfinale gegen die Bayern keine Chance hat. Haben Sie ihre Meinung nach dem perfekten Start von Peter Stöger geändert?

Nein, es bleibt dabei. Die Bayern spielen zuhause und der Heimvorteil ist in so einem Spiel extrem wichtig – auch wenn sie letztes Jahr zuhause gegen Dortmund im Pokal-Halbfinale (2:3, Anm.d.Red.) verloren haben.

Was macht die Bayern seit der Heynckes-Rückkehr so stark?

Sie wirken sehr gefestigt und sind nach dem Trainerwechsel eindeutig kompakter, defensiv besser organisiert und nicht mehr so anfällig wie vorher. Die richtige Balance zwischen Offensive und Defensive ist endscheidend.

Und Dortmund?

Dortmund hat unter Stöger zwar die beiden letzten Spiele gewonnen. Aber der Sieg gegen Hoffenheim war mehr als glücklich. Die TSG war die bessere Mannschaft und hätte einen Punkt verdient gehabt – mindestens. Der BVB ist noch nicht so gefestigt, um die Bayern in deren Stadion aus dem Pokal zu schmeißen.

Wie geht das Spiel aus?

3:1 für Bayern.

Wer ist Ihr Favorit – wer gewinnt den Pott?

Wenn die Münchener nach Leipzig auch Dortmund raushauen, dann geht sowieso alles nur noch über den FC Bayern. Im Moment könnten sie höchstens auswärts in Leverkusen oder auf Schalke Probleme bekommen, falls sie da im Viertel- oder Halbfinale spielen. Aber Bayern ist für mich so oder so der Top-Favorit.

Sie haben mit Dortmund alles gewonnen. 1997 die Champions League und den Weltpokal. Sie waren zwei Mal Deutscher Meister, haben drei Mal den deutschen Supercup geholt. DFB-Pokalsieger waren Sie aber nie. Würden Sie einen dieser Titel dafür tauschen?

Der Supercup ist ja nur ein Spiel und hat natürlich nicht den gleichen Stellenwert wie der DFB-Pokal. Da könnte ich einen von abgeben (lacht). Im Pokalfinale in Berlin zu spielen ist schon was ganz Besonderes, das hätte ich auch sehr gern mal erlebt.

Sie haben den BVB stark kritisiert. Wo liegen die Probleme trotz der Verpflichtung von Peter Stöger?

Die Probleme liegen ganz klar in der sportlichen Vereinsführung.

Warum? Etwa weil sie Thomas Tuchel nicht hätten entlassen dürfen?

Hans-Joachim Watzke hat ja selbst gesagt, dass es die richtige Entscheidung war, Thomas Tuchel zu holen. Dann fragen sich alle: Warum wurde so ein erfolgreicher Trainer dann nach zwei Jahren entlassen?

Bei Union Berlin musste Jens Keller trotz Tabellenplatz vier gehen.

Auch diese Entlassung war falsch. Das ist ein ganz gefährlicher Trend. Wenn man sportlich erfolgreiche Trainer entlässt, wird es immer negative Reaktionen geben – und es erhöht nur unnötig den Druck auf die Nachfolger, die mir persönlich fast leidtun.

Watzke hat ja immer die menschliche und soziale Kluft zwischen Tuchel und Vereinsführung betont.

Naja, Thomas Tuchel sieht das ganz bestimmt anders. Eine Kündigung ist immer eine Grundsatzentscheidung, für die es schwerwiegende Gründe geben muss. Der sportliche Erfolg steht über allem, dem müssen sich alle im Verein unterordnen. Der Trainer ist dafür die Schlüsselposition.

Welcher Trainer soll den BVB ab der nächsten Saison trainieren?

Wenn wir spekulieren wollen, dann muss ich als erstes Jürgen Klopp nennen. Alle im Umfeld des BVB schwärmen immer noch von ihm. Das habe ich beim „1909!“-Fantalk in Dortmund erlebt.

Glauben Sie denn wirklich, dass er Liverpool verlässt?

Nein. Liverpool ist in England ein ganz großer Verein mit Kultstatus, vergleichbar mit dem BVB in Deutschland. Er wird seinen Vertrag (bis 2022, Anm.d.Red.) tendenziell sicher erfüllen.

Welche Eigenschaften muss der neue BVB-Trainer mitbringen?

Der BVB muss sich an den ganz großen Namen orientieren. Es muss ein Trainer sein, der im Optimalfall schon Meisterschaften gewonnen und sehr viel Erfahrung hat. Tuchel hat mit dem BVB durchschnittlich 2,12 Punkte geholt. Das ist nur ganz schwer zu toppen. Einen geeigneten Trainer zu finden wird eine ganz schwierige Aufgabe für Watzke und Zorc.

Käme die Station Dortmund für Julian Nagelsmann also noch zu früh?

Nein, das würde passen. Obwohl er keine Meisterschaften im Profibereich gewonnen hat. Und obwohl er er mit Hoffenheim in der Europa League Letzter geworden ist – in einer Gruppe mit Braga, Rasgrad und Basaksehir. Als deutscher Verein musst du in dieser Gruppe Zweiter werden – mindestens. Der Anspruch beim BVB ist in Deutschland, unter die ersten Drei und international weit zu kommen.

Glauben Sie an Watzkes Vision, dass Dortmund in den nächsten zehn Jahren immer Champions League spielt?

Mich wundert die Aussage ein bisschen. Auch, weil Hans-Joachim Watzke die erfolgreichen 90er Jahre immer so stark kritisiert. Zu meiner Zeit in Dortmund (1993 bis 1999, Anm.d.Red.) waren wir in den internationalen Wettbewerben immer unter den besten Acht, als die Konkurrenz noch viel größer war. Dortmund hat den zweithöchsten Etat der Bundesliga und eine sehr, sehr gute Mannschaft. Da kann der Anspruch nur sein, unter den drei besten Mannschaften zu sein und konstant in der Champions League zu spielen.

Welchen Vereinen trauen Sie diese Entwicklung noch zu?

Mit Leipzig ist ein neuer Konkurrent dazugekommen. Das tut der Liga gut. Wir brauchen wieder mehr Mannschaften, die international mithalten können. Da ist Leipzig auf einem guten Weg. Aber alle anderen Mannschaften haben viel geringere finanzielle Möglichkeiten als Borussia Dortmund.

Trauen Sie Schalke diese Kontinuität auch zu?

Selbstverständlich. Schalke hat sich in den letzten sechs Jahren – bis auf letzte Saison – immer für den internationalen Wettbewerb qualifiziert. Die Knappen gehören immer unter die besten sechs Mannschaften in Deutschland und haben auch die finanziellen Möglichkeiten dazu.

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Wo landet Schalke am Ende der Saison?

Sicher unter den ersten sechs, vielleicht sogar noch besser. Schalke hat den Vorteil, dass Dortmund und Leipzig in der Europa League spielen. Sollten beide Vereine das Halbfinale erreichen, hätten sie acht englische Wochen mehr. Das kann am Ende der Saison ganz entscheidend sein. In dieser Gesamtkonstellation traue ich Ihnen dann sogar den vierten Platz zu.

Ist das Rennen um die Champions League spannender als der Kampf um die Meisterschaft?

Ja, natürlich. Bayern wird mit Sicherheit wieder Deutscher Meister werden. Schalke ist momentan mit 30 Punkten Zweiter, Frankfurt hat als Achter nur vier Punkte weniger. Spannender geht’s nicht.

Sie haben die deutschen Junioren-Nationalmannschaften von 2009 bis 2012 trainiert. Danach waren Sie bis 2015 Co-Trainer bei ihrem Ex-Klub Tottenham. Wollen Sie in Zukunft wieder als Trainer arbeiten?

Stand heute nicht. Ich bin mit meiner Aufgabe als TV-Experte für RTL Nitro, die DFL und BT Sport sehr glücklich und ich sehe die Entwicklung im Trainergeschäft, wie gesagt, kritisch.

Welche Liga ist am stärksten?

Ganz klar die englische Premier League, obwohl man das letztes Jahr noch nicht glauben wollte. Aber jetzt stehen fünf englische Mannschaften im Achtelfinale der Champions League. Und plötzlich staunen alle, dass der deutsche Fußball wackelt. Das war doch abzusehen und wir müssen aufpassen, dass es nicht so weiter geht.

Sie arbeiten als TV-Experte. Welchem anderen Kollegen/Experten hören Sie selber gerne zu?

Christoph Metzelder gefällt mir am besten, ihm höre ich gerne zu. Er ist ein schönes Beispiel, trainiert nebenbei die U19 in Haltern und kann direkt überprüfen, welche Ansätze als Trainer funktionieren und wie man eine Mannschaft führen kann. Ich mag seine Analysen, die immer sehr gut auf den Punkt gebracht sind. Auch die Arbeit von Erik Meijer schätze ich sehr.

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